© Oekonews- Gernot Neuwirth
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Impressionen vom Tierschützer-Prozess - Teil 3

Tag 3 – Mittagessen oder Deck Und ein melodramatischer Höhepunkt

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Erste Frage an die, die auch gestern nachmittags dabei waren: War da irgendetwas anders als am Vormittag? Übereinstimmende Antwort: Sie sei wie ausgewechselt gewesen. Trockener Kommentar einer Beobachterin: ‘Entweder hat sie ein Mittagessen gebraucht oder sie hat eine auf den Deckel gekriegt.’ Neugierde: Wie wird sie heute sein?

Tatsächlich unterbricht sie kaum mehr. Murmelt etwas von ‘gestern zu schnell vorgegangen’ oder so. Beschäftigt sich allerdings immer noch vorwiegend mit dem Computer des Assistenten. Wieder muss Balluch gegen eine Wand sprechen. Diese Peinlichkeit ist im Saal fast körperlich fühlbar.

Die Contenance verliert Frau Rat aber doch wieder einmal. Der Staatsanwalt meldet nämlich erregt, gerade habe er eine Meldung aus seinem Büro erhalten, die ihn zwinge, eine seiner Behauptungen zu korrigieren. Das Aufatmen der Tierschutz-Sympathisanten im Saal währt kurz: Seit der Inhaftierung der 10 ursprünglichen Angeklagten habe es keine Anschläge auf Kleiderbauer mehr gegeben, hat er ursprünglich gesagt (Balluch konterte übrigens, diese Anschläge hätten a) schon früher aufgehört und b) nichts mit ihm zu tun). Jedenfalls nimmt der Staatsanwalt seine Behauptung jetzt zurück, denn - - - - in einer der Nächte nach dem ersten Verhandlungstag habe es doch wieder einen Anschlag gegeben. Langsam und mit der Ernsthaftigkeit eines Gary Cooper, der in High Noon zum letzten Kampf antritt, stellt die Frau Rat nun die inhaltsschwangere Frage: ‘Was - - sagen - - Sie - - dazu - -, - - Herr - - Dr. - - Balluch - - ?’ Die ob der Melodramatik ausbrechende Heiterkeit im Saal trifft sie unvorbereitet, sie vergisst wieder Hochdeutsch und überlegene Ruhe, teilt Schelte aus: Eine Straftat sei eine ernste Sache und nichts zum Lachen. Und wieder reißen sich die Zuhörer zusammen, denn sie wollen nicht geräumt werden. Balluch aber zuckt die Schultern, meint nur, es wäre wohl seltsam, wenn er, der tagsüber Gerichtsverhandlung habe, nachts Kleiderbauer beschädigen ginge.

Dem Berichterstatter reicht es. Er weiß nicht, ob er den Prozess regelmäßig mit seiner Anwesenheit beehren wird. Im Übrigen war er niemals ein Nazifresser, hat sich eher gefragt, was er und die, die heute so gerne eine ganze Generation anklagen, damals konkret getan hätten. Und düstere Prognosen, Österreich gehe einem autoritären Unterdrückungssystem entgegen, hat er stets herzlich belächelt. Aber - sind die letzten paar Jahre vielleicht doch ein wenig anders gewesen?

Jedenfalls: Sollten wir uns eines Tages in einem Österreich wiederfinden, wo rechtsrechte oder linkslinke Schlechtmenschen den Ton angeben oder einfach kleine, aber feine Seilschaften in Politik und Behörden die überwiegende Mehrheit der anständigen Politiker und Beamten unter Druck setzen, dann haben wir dieser Staatsform bereits ein bestens funktionierendes Netzwerk aus Freiluft-Videokameras, Abhörsystemen und Bespitzelungstechniken hinterlassen. Und – den § 278, mit dem sie Mafiosi und Terroristen fangen könnten, den aber auch sie lieber gegen anständige Bürgerinnen und Bürger einsetzen werden.

Lesen Sie nach:

Impressionen vom Tierschützer-Prozess Teil 1

Impressionen vom Tierschützer-Prozess Teil 2

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GastautorIn: Univ.-Lektor Mag. Dr. Gernot Neuwirth für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /