© david Griffiths unsplash.com /Gas
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98% russisches Gas? Ein wirkliches Problem!

Eine vom Klima- und Energieministerium (BMK) geplante Diversifizierungsverpflichtung soll den Anteil von russischem Gas rapid senken

In den letzten Jahrzehnten hat sich Österreich extrem abhängig von russischen Gaslieferungen gemacht. Verlängert wurde diese durch langfristigen Lieferverträge für russisches Erdgas im Jahr 2018. Durch diese falschen Entscheidungen bezog Österreich zu Beginn des Urkainekrieges bereits 80 Prozent seiner Gaslieferungen aus Russland.

Nun wurden zwar durch die Bundesreigerung in den vergangenen zwei Jahren Maßnahmen gesetzt, um diese Abhängigkeiten zu reduzieren, wie z.B die Unterstützung der gemeinsamen europäischen Gaseinkaufsplattformen auf EU-Ebene oder das Gasdiversifizierungsgesetz, aber immer noch hängen wir in der Abhängigkeit fest.

„Unsere Abhängigkeit von russischem Erdgas gefährdet den Wohlstand, die Sicherheit und die Zukunft unseres Landes. Unser Ziel ist: Raus aus russischem Erdgas. Wir können es als souveränes Land nicht einfach hinnehmen, dass der Anteil des Russengases steigt anstatt zu sinken. Deshalb werden wir nun die nächsten Maßnahmen vorlegen“, sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Diversifizierung fehlt - Anteil an russischem Erdgas viel zu hoch

Ab dem Sommer 2022 war der Anteil zwar längere Zeit deutlich niedriger, aber vor allem in den vergangenen Monaten gibt es wieder einen Anstieg. Im Dezember 2023 lag der Anteil bei 98 Prozent, ein Höchststand seit Beginn des russischen Angriffskriegs. Diese Entwicklung zeigt, dass die Akteure am liberalisierten Gasmarkt einfach zu geringe Anstrengungen unternehmen, um unsere Abhängigkeit zu reduzieren, so Ministerin Gewessler.

Ein weiterer Grund dafür ist, dass in den Lieferverträgen der OMV eine fixe Abnahmeverpflichtung (Take-or-Pay) vereinbart worden ist. Es muss also immer bezahlt werden, auch wenn kein russisches Gas abgenommen wird. Wie das Ministerium schreibt, kommt es durch diese Knebelverträge bei insgesamt sinkendem Gasverbrauch und gleichbleibenden Importmengen zu einem höheren Anteil an russischem Erdgas, denn der Gasverbrauch in Österreich ist von 100,3 Terawattstunden im Jahr 2021 auf 75,6 Terawattstunden im Jahr 2023 um ein Viertel gesunken.

„Wir sehen aktuell ein klares Marktversagen. Es gibt genug nicht-russisches Erdgas – aber die Energieunternehmen kaufen dieses nicht. Wenn der Markt versagt, muss der Staat eingreifen. Ich bin der Überzeugung: Die Zeit für eine gesetzliche Diversifizierungspflicht ist gekommen. Und ich appelliere auch an alle Verantwortlichen im Parlament – setzen wir nun den nächsten Schritt“, betont Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Die extrem hohe Abhängigkeit von russischem Gas ist für Österreich ein großes wirtschaftliches und sicherheitspolitisches Risiko. Die letzten zwei Jahre haben gezeigt, dass Russland Energielieferungen auch als eine Art Waffe einsetzt und damit für Verunsicherung, Teuerung und Destabilisierung sorgt. 2022 hat Gazprom einseitig die Liefermengen reduziert und damit für einen massiven Preisanstieg am österreichischen Gasmarkt gesorgt.

Nachdem die Marktteilnehmer in diesem Bereich ihre Verantwortung nicht ausreichend wahrnehmen, schlägt das Klimaschutzministerium deshalb weitere Maßnahmen zur Sicherung der Unabhängigkeit vor. Diese gesetzlichen Vorschläge brauchen jedoch eine Verfassungsmehrheit im Parlament und eine rasche Diskussion über die nächsten Schritte ist im Interesse der Sicherheit Österreichs dringend notwendig, so die Ministerin.
Derzeit überwiegen ökonomische Interessen und stehen über der Verantwortung für sichere Energieversorgung. Dies zeigt, dass das aktuelle Marktversagen einen staatlichen Eingriff erforderlich macht. Auch die neuen Regeln zum Gasmarkt, die aktuell auf EU-Ebene finalisiert werden, geben den Mitgliedsstaaten nun die Möglichkeit, Lieferungen aus Russland einzuschränken.

Geplant ist daher, dass Energieunternehmen, die österreichische Kund:innen mit Erdgas versorgen, durch das Gaswirtschaftsgesetz verpflichtet werden, den Ausfall der größten einzelnen Bezugsquelle durch andere Bezugsquellen ersetzen zu können. Das heißt, dass der Ausfall des größten Lieferanten, jederzeit durch andere Lieferverträge kompensiert werden kann. Das bringt gleiche Regeln für alle Marktteilnehmer und Versorger, die sich schon absichern, haben dadurch keine Nachteile mehr. Außerdem sollen die Gasversorger einen schrittweise ansteigenden Anteil an nicht-russischem Erdgas nachweisen müssen. Bis 2028 soll eine gänzliche Unabhängigkeit von russischen Gaslieferungen erreicht werden.

Auch der Knebelvertrag zwischen OMV und Gazprom, der fixe Abnahmeverpflichtungen für russisches Gas vorsieht, ist ein Grund für die hohe Abhängigkeit. Für einen Ausstieg müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung des Vertrags geprüft und umgesetzt werden. Um die Rahmenbedingungen zu verbessern, wird das Klimaschutzministerium das Wirtschaftsforschungsinstitut mit einer Analyse der wirtschaftlichen Gefahren einer längeren Abhängigkeit sowie den volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Vertragskündigung beauftragen.

Das Klimaschutzministerium hat seinen Beitrag zu einer neuen Sicherheitsstrategie Österreichs, die diese Fragen berücksichtigt, bereits erarbeitet. Was es nun braucht ist ein raschen Beschluss der gesamten Strategie um die Sicherheitspolitik auf stabile Beine zu stellen – von militärischen Aspekten bis hin zur Energieversorgung.



Sinnvoll wäre, da sind sich viele Experten einig, ein möglichst rascher Ausstieg aus Erdgas. Abhängigkeiten bei Gasimporten zu reduzieren und die Versorgungssicherheit zu erhöhen ist auch eine langjährige Forderung des Kompost & Biogas Verband Österreich (KBVÖ).

Die heimische Erzeugung von Energie und die bewusste Nutzung von österreichischen erneuerbaren Ressourcen ist Gebot der Stunde, alle möglichen regional verfügbaren Ressourcen sollten genutzt werden. Heimische erneuerbare Gase, wie z.B. Biomethan, sichern nicht nur die Versorgungssicherheit, sondern sind auch notwendig, um Milliarden-Strafzahlungen wegen verfehlter CO2-Reduktionsziele zu vermeiden. Alleine das Potenzial an organischen Abfällen und Reststoffen der Land- und Forstwirtschaft für die Erzeugung inländischer erneuerbarer Gase ist groß: Insgesamt könnten damit bis 2040 bis zu 30% des aktuellen Erdgasverbrauchs alleine mit Biomethan (Biogas, Klärgas und Holzgas) gedeckt werden. Aktuell gibt es in Österreich 270 Biogas- und 14 Biomethaneinspeiseanlagen. Nur durch die Umstellung von der Stromerzeugung in die Gaseinspeisung von 80 bestehenden Biogasanlagen können so relativ rasch bis zu 2 TWh erneuerbares Gas produziert werden. Es braucht jedoch noch den rechtlichen Rahmen in Form des EGG, um die notwendige Planungssicherheit für die Branche zu gewährleisten.

Quellen: BMK und Kompost & Biogas Verband Österreich



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /