© GH / Rodungen an nur einem Tag, parallel zur Räumung
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Ist die Stadtstraße rechtskonform?

Stadt Wien hat nicht nur geräumt, sondern auch gerodet – entgegen dem eigenen Bescheid!

„Die Vorkommnisse rund um die Lobauautobahn und die Stadtstraße Aspern sind Symptome und Beispiele für eine Praxis, wie sie in Österreich tagein tagaus gelebt wird.“, stellt Rechtsanwalt und Schriftführer des Forum Wissenschaft & Umwelt Dr. Josef Unterweger fest und erläutert: „Die Räumung des Protestcamps in der Hausfeldstraße erfolgte, um den Aktivist:innen zu zeigen, ,dass es keine rechtsfreien Räume gibt‘. Das stimmt. Es gibt keine rechtsfreien Räume für Aktivist:innen.

Für die Bundesländer und Gemeinden gilt dies auch. Sie schaffen sich die Gesetze allerdings selbst, beantragen die Projekte selbst, bewilligen sie selbst und kontrollieren sie selbst. Das ist dann nicht rechtsfrei, sondern gesetzeskonform.

Den Aktivist:innen wird beigebracht, dass sie den Gesetzen auf Punkt und Beistrich zu folgen haben. Für Bundesländer und Gemeinden gilt dies nicht so. So kann die Stadt Wien ein Projekt beantragen und dabei vergessen, es ordnungsgemäß kundzumachen. Das stört niemanden, der behauptet, dass die Bewilligung gesetzeskonform erfolgt ist.“

Die Stadt Wien hat sich auch selbst genehmigt, dass Rechtsmittel gegen den Bescheid der Stadt Wien in eigener Angelegenheit keine aufschiebende Wirkung haben. Da stört es auch nicht, dass das Bundesverwaltungsgericht offensichtlich doch Bedenken gegen diesen Anspruch der Stadt in eigener Sache hat.

„Immerhin konnte die Stadt Wien an einem ganzen Verhandlungstag nicht nachweisen, dass das Projekt so dringend ist, dass es – unabhängig davon, ob es rechtswidrig zustande gekommen ist – nicht beeinsprucht werden kann.“ ergänzt Forumsmitglied Wolfgang Rehm.
„Dazu gibt es eine Verhandlung am 18. 2., geräumt wurde aber schon am 1. Februar.“

Es wurden auch Bäume entfernt, die vom Bewilligungsbescheid nicht erfasst sind. Sogar die Stadt Wien selbst untersagte sich nämlich Baumfällungen in den Zonen direkt bei den S- Bahnquerungen und generell aus ökologischen Gründen während der Winterruhe. Während dieser Winterruhe im Februar hat nun aber die Stadt nicht nur geräumt, sondern auch gerodet – entgegen dem eigenen Bescheid.

Wer weist die Stadt Wien darauf hin, dass es keine rechtsfreien Räume gibt?

„Die Vorgangsweisen der Behörden und der Politik sind allerdings alltäglich, ebenso alltäglich ist, dass Bundesländer und Gemeinden Tag für Tag – und unabhängig von allen Bekenntnissen zu Umweltschutz, Klimaschutz und Nachhaltigkeit – Projekte beginnen und genehmigen, die Boden zerstören, Klimaschäden anrichten, einen unangemessenen Flächenverbrauch haben, Trinkwasser-Reservoirs schädigen, gefährdete Arten verdrängen, kurz gesagt: Die mit aller Heftigkeit gegen eine nachhaltige Lebensweise gerichtet sind.“ hebt Unterweger hervor, „tagaus tagein werden Projekte von den Projektanten selbst bewilligt. Nicht nur die Stadt Wien genehmigt sich selbst eine Stadtstraße und den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung, andere Bundesländer machen es ebenso. Nicht nur bei der Stadtstraße in Wien ist die Kontrolle durch die Bürger:innen ausgeschaltet, sind die Verträge mit den Baufirmen unter der Tuchent, gilt Amtsverschwiegenheit statt Transparenz.

Die Aktivist:innen bekommen die volle Härte des Gesetzes zu spüren. Diese volle Härte des Gesetzes soll auch für Verwaltungen, für Bund Länder und Gemeinden gelten, wenn sie gegen Gesetze verstoßen oder den öffentlichen Raum als Selbstbedienungsladen betrachten.“, so Dr. Josef Unterweger.

Das Forum Wissenschaft & Umwelt fordert daher, den Bodenverbrauch zu stoppen, über Klimaschutz nicht nur zu reden, sondern ihn in die Tat umzusetzen, die rechtsfreien Räume der Behörden und Verwaltungen aufzulösen und Kontrolle einzuführen sowie ein Informationsfreiheitsgesetz zu schaffen, das diesen Namen verdient. „Vor allem Großprojekte aus der Zeit vor den aktuellen Erkenntnissen zum Klimawandel – wie eben Autobahnen, Schnellstraßen und dergleichen – sind kritisch zu überprüfen und durch ökologisch verträgliche Alternativen zu ersetzen“ hält Prof. Dr. Reinhold Christian, Präsident des Forums, abschließend fest.



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