Echte Alternative zu ISDS notwendig
Umweltschutzorganisation Greenpeace für internationalen Gerichtshof statt bilateraler Gerichte und Offenlegung der Konzepte
Wien - Greenpeace sieht den vom deutschen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel eingebrachten Vorschlag für einen Handelsgerichtshof USA-EU im Rahmen des geplanten Freihandelsabkommens TTIP kritisch:
Laut den bisher veröffentlichten Informationen basiert der Vorschlag auf bilateralen Gerichten, die für die Umweltorganisation keine brauchbare Alternative zu privaten Schiedsgerichten darstellen. Greenpeace fordert stattdessen einen internationalen Gerichtshof, der die Souveränität der EU-Staaten sicherstellt. Transparenz solle darüber hinaus auch für die Diskussion über Alternativen zum Investor-State Dispute Settlement (ISDS) gelten - Greenpeace fordert deshalb eine Offenlegung des Vorschlags von Gabriel und einen Stopp der geheimen Verhandlungen rund um das geplante Freihandelsabkommen.
"Was sich auf den ersten Blick wie eine gute Alternative zu ISDS anhört, muss erst einer kritischen Überprüfung standhalten: Diese können wir allerdings erst durchführen, wenn Minister Gabriel sein Konzept offenlegt und zur allgemeinen Diskussion stellt - bis dato liegt der Vorschlag nur bei EU-Handelskommissarin Malmström", so Hanna Simons, Direktorin für Umweltpolitik bei Greenpeace in Österreich. "Der erste Eindruck ist jedoch, dass es sich bei dem Vorschlag um eine ähnliche Mogelpackung wie bei CETA handelt. So ist völlig unklar, ob inländische Investoren vor einer Benachteiligung gegenüber ausländischen Investoren geschützt sind. Auch gibt Minister Gabriel keine Antwort auf die Frage, warum er bis Ende letzten Jahres noch die Notwendigkeit einer Investorenstreitschlichtung zwischen der EU und USA bzw. der EU und Kanada als unnötig sah", so Simons. "Diese Fragen müssen klar beantwortet werden."
Greenpeace nennt folgende Forderungen, die bei jeder Alternative zu ISDS gewährleistet sein müssen:
1. Die Unabhängigkeit und Unbefangenheit muss durch fest angestellte Richter sichergestellt werden. Ein Verhaltenskodex für nebenberufliche Schiedsrichter ist dafür nicht ausreichend.
2. Nicht nur Rechte von Investoren, sondern auch deren Verpflichtungen (etwa im Umweltschutz und bei Menschenrechten) müssen einklagbar sein.
3. Die Verfahren müssen völlig transparent sein. Anhörungen sowie sämtliche Dokumente müssen öffentlich zugänglich sein. Die neue Transparenzregeln für Investor-Staat-Schiedsverfahren von UNCITRAL, der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (United Nations Commission on International Trade Law), sind dabei umzusetzen.
4. Die Klagegründe müssen klar definiert sein. Die zu Grunde liegenden Investitionsschutz-Bestimmungen dürfen keine vagen Formulierungen wie die "gerechte und billige Behandlung von Investoren" beinhalten.
5. Internationales Gericht statt bilateralem Gericht basierend auf dem von der Konferenz für Handel und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCTAD)vorgeschlagenen Investment Policy Framework for Sustainable Development (IPFSD) Ansätzen [1].
6. Das Verhältnis zu nationalen Gerichten und dem EuGH muss eindeutig geklärt sein, deren Rechte dürfen nicht beeinträchtigt werden. Dem EuGH muss etwa die Möglichkeit einer Vorabentscheidung zur Auslegung von EU-Recht gewährt werden
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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /