© Hans-Josef Fell
© Hans-Josef Fell

Hans-Josef Fell zum EU-Frühjahrsgipfel "Energieversorgungssicherheit "

EU gipfelt in Energieversorgungs-Unsicherheit

Der Frühjahrsgipfel der EU schreibt Energieversorgungssicherheit fort. Wie erwartet, wurden keine Beschlüsse getroffen, die die Probleme rund um die Erdöl- und Erdgasversorgung lösen würden.

Unter den derzeitigen Vorzeichen begrüßen wir, dass es zu keiner gemeinschaftlichen europäischen Energieträgerstrategie und absehbar zu keiner europäischen Regulierung kommt. Die EU-Kommission steht zu sehr in der Tradition des Euratomvertrags und unter dem Einfluss der Energiekonzerne, als dass man ihr eine zentrale Rolle zugestehen dürfte. Erst vorgestern hatte sich Kommissionspräsident Barroso wieder einseitig für die Atomenergie ausgesprochen, die in Europa weniger als 7 Prozent zur Endenergie beiträgt und weder Erdöl noch Erdgas ersetzen könnte.

Die Zusage der Mitgliedsstaaten, ihre Energiepolitik besser miteinander abzustimmen, darf getrost als Höflichkeitsformel betrachtet werden. Auch sie sind zu sehr im Interessengeflecht ihrer nationalen Energieversorger gefangen. So gibt in Frankreich die EdF die Richtung vor und in Deutschland hört Wirtschaftsminister Glos auf E.on und RWE. Der große Einfluss der Energiekonzerne ist auch Hauptursache für den schwachen Wettbewerb und die damit verbundenen hohen Energiepreise.

Auch beim Erdgas ist in den nächsten Jahren mit weiteren deutlichen Preissteigerungen zu rechnen

Folglich ist absehbar, dass die EU weiter in eine Energieversorgungskrise hineintreibt. Die Erdölverknappung hat bereits begonnen. Auch beim Erdgas gibt es große Risiken, wie die Gaskonflikte Anfang dieses Jahres zeigten. Die Anhörung der bündnisgrünen Bundestagsfraktion vom Mittwoch dieser Woche zeigte auf, dass auch beim Erdgas in den nächsten Jahren mit weiteren deutlichen Preissteigerungen zu rechnen ist. Problematisch ist vor allem die große Abhängigkeit vom staatlichen russischen Energiekonzern Gazprom, der konkurrierende Erdgaslieferungen nach Europa massiv unterdrückt. Als einen viel versprechenden Ansatz zur Reduzierung der Erdgasabhängigkeit zeigte die Anhörung eine europaweite Biogasstrategie auf.

Angesichts der absehbaren Energieversorgungskrisen fordern wir die EU auf, weitreichende verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energie bis 2020 vorzulegen. Ein ambitionierter Ausbau der erneuerbaren Energien ist der entscheidende Faktor für das Erreichen der Ziele der Lissabon-Strategie. Alleine in Deutschland wollen die Unternehmen der Erneuerbaren-Energien-Branche bis 2020 200 Milliarden Euro investieren.

Toyota könnte mit stromnetzkompatiblen Hybrid-Fahrzeugen die Europäischen Fahrzeughersteller weit hinter sich lassen

Bei der Erdöl-Entzugsstrategie müssen Biokraftstoffe und Hybridfahrzeuge eine besondere Rolle spielen. Europa läuft Gefahr, von Japan automobiltechnisch überholt zu werden, sollte Toyota mit der nächsten Hybrid-Generation auf stromnetzkompatible Fahrzeuge setzen. Solche Autos könnten in großem Umfang Benzin und Diesel einsparen.

Im Übrigen sollte sich die EU ein Vorbild an Schweden nehmen, das vollständig aus Erdöl und Atomenergie aussteigen will. Noch weiter gehen einige Landkreise in Bayern, die bis 2030 vollständig auf erneuerbare Energien umstellen wollen. Diese Regionen zeigen damit eine Strategie auf, die die Energieversorgung wirklich sichern kann, anstatt sich wie der EU-Gipfel an den fossilen und atomaren Energieträgern der Vergangenheit festzuklammern. Eine Kommunalisierung der Energieversorgung liegt deutlich mehr im Interesse der Europäer als eine Konzentrierung der Zuständigkeit in Brüssel.

Quelle: Hans-Josef Fell



Verwandte Artikel:


Artikel Online geschaltet von: / litschauer /