Offener Brief an den Vorsitzenden der Abgeordnetenkammer Lubomir Zaoralek

Sehr geehrter Herr Vorsitzende,Die CTK Agentur informierte in ihrem Bericht vom 12.11.2003 über Ihre Stellungnahme zum Ausbau eines neuen Atomkraftwerkes in der Gemeinde Blahutovice in Nordmähren. Für die Mährisch-schlesische Region würde Ihrer Meinung nach der eventuelle Ausbau des Atomkraftwerkes in Blahutovice einen größeren Beitrag bedeuten als der Eintritt des weltbekannten Automobilwerkes. Ihre Meinung war für uns eine große und unangenehme Überraschung. Die gleichen archaischen Meinungen über den Beitrag der Atomkraftwerke für die Regionen in der Umgebung des AKW Temelin und Dukovany hatten auch die kommunistischen Politiker in der sozialistischen Tschechoslowakei und leider auch viele Politiker aus dem Zeitraum nach November 1989. Die Realität hat ihre Meinungen jedoch ganz entkräftet.Dukovany und Temelin bedeuteten einen itbegrenzten Beitrag im Bereich des Unternehmens und des Beschäftigungsgrades in den zugehörigen Regionen. Nach der Beendigung des Ausbaues überwiegten jedoch die Negativseiten der Kernenergetik. Die Kernenergetik beeinflusst nämlich im langfristigen Zeithorizont das Beschäftigungsgrad und das Unternehmen negativ. Beim Ausbau der Kernkraftwerke kommt es zwar kurzfristig zur Verringerung der Arbeitslosigkeit, aber gleichzeitig zur Dämpfung anderer Unternehmeraktivitäten. Angesichts zu einer zentralen Lebensunterhaltsquelle in der Region (Atomkraftwerk) verlieren sich die Anreize für die Entwicklung des kleinen und mittleren Unternehmens. Sehbarer ist die Dämpfung der Aktivitäten im Reiseverkehr, da die Kernkraftwerke die Gesamtattraktivität der Region verringern. Es kommt auch zur offenbaren Verringerung des Interesses für den Immobilienkauf und zur Preisverringerung der Immobilien.Zu den grundsätzlichen negativen Einflüssen der Kernenergetik auf die Regionentwklickung gehört die bis jetzt nicht gelöste Frage des Kernabfalles, der in der Region bei den Atomkraftwerken in einem Oberflächenlager für den abgebrannten Kernbrennstoff ca. 50 Jahre lang gelagert wird. Das Atomkraftwerk und das Zwischenlager stellen für die Region eine Drohung mit Rücksicht auf den möglichen terroristischen Anfriff dar, den in der heutigen globalen Welt leider niemand ausschliessen kann.Die erneuerbaren Energieträger, die bis jetzt in Tschechien viel weniger als die Kernenergetik unterstützt wurden, stellen im langfristigen Zeithorizont einen viel größeren Beitrag für das Beschäftigungsgrad als der Bau eines Kernkraftwerkes dar. Eine der umfangreichsten Studien über den Einfluß der Entwicklung erneuerbaren Energieträger auf das Beschäftigungsgrad arbeitet für die Europäische Kommission (EK) das internationale Konsorzium der Fachfirmen aus (´The Impact of Renewables on Employment and Economic Growth).Die Vergleichung in dieser Studie zeigen, dass die erneuerbaren Energieträger eine viel höhere Anzahl der Arbeitsstellen als klassische Energetik schaffen. Z.B. in Deutschland wurden nur im Zusammenhang mit der Entwicklung der Windenergetik neue 45.000 Arbeitplätze geschaffen.Die Entscheidung über die weitere Entwicklung der Kernenergetik, und dadurch auch über den Ausbau eines neuen Kernkraftwerkes, ist solch eine erste Entscheidung, dass sich dazu auf jeden Fall die ganze Gesellschaft im Referendum ausprechen sollte - es sollte sich nicht um die Entscheidung nur der Regierung oder einer Region handeln. Die Gemeinden, in deren Katastralgebiet sich die neue Kerneinrichtung befinden würde, sollen auch das Veto-Recht haben, ählich wie es in Finnland oder in Schweden üblich ist.Doe Sozialdemokratie meldete sich in Vergangenheit zum Referendum über den Ausbau der Kernkraftwerke. Milos Zeman machte im Falle des AKW Temelin auf die Unmöglichkeit der Realisierung eines Referendums angesichts zum hohen Stand der Bautätigkeiten in Temelin aufmerksam. Falls die Sozialdemokratie die letzten Reste ihrer Vertrauenswürdigkeit in dieser Frage nicht verlieren möchte, sollte sie die Kontinuität der schon früher präsentierten Positionen erhalten.Sehr geehrter Herr Vorsitzende, wir erlauben uns, Sie durch diesen Brief gleichzeitig um ein Treffen zum Thema ´Ausbau eines neuen Atomkraftwerkes in der Tschechischen Republik´ ersuchen. Mit GrüssenMgr. Dana Kuchtova Ing. Monika WittingerovaZur Kenntnis an: Hauptmann der Nordmährischen Region - Herr Evzen TosenovskyBürgermeister der Gemeinde Blahutovice - Herr Tomas Machycek

Quelle: Vereinigung Südböhmische Mütter
erschienen: 14.11.2003



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Diese Meldung wurde von der OÖ Stop Temelin Vereinigung zur Verfügung gestellt.

Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /