© thomaskirschner.com - Horst Ebner- oekostrom AG
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Strom hat kein Mascherl. Oder doch?

Green-washing in der Stromwirtschaft?

Ein grünes Mascherl für grauen Strom. Obwohl die Energieimporte steigen gibt es in den Angeboten der Stromlieferanten fast ausschließlich grünen Strom. Wie kann das sein? Gibt es keinen Atomstrom mehr in Österreich?

Die Sache ist eigentlich ganz einfach. Jeder kann sich auf der Homepage des österreichischen Übertragungsnetzbetreibers APG unter www.apg.at/de/markt/grenzueberschreitender-austausch/lastfluesse die Lastflüsse zwischen Österreich und den angrenzenden Staaten ansehen. Egal zu welcher Uhrzeit, an welchem Wochentag und in welchem Monat man sich diese Lastflüsse ansieht, es werden immer – also zu jeder Viertelstunde – zwischen 700MW und 2.300MW Strom aus Tschechien nach Österreich importiert. Im Winter mehr – im Sommer weniger. Zum Vergleich – das Atomkraftwerk Temelin liefert derzeit Strom aus zwei Reaktorblöcken zu je 1.000MW. Diese Stromimporte aus Tschechien entsprechen also mindestens 35 % bis 115 % der Kapazität von Temelin.

Nun hat man im Jahr 2013 nach drei Anti-Atomgipfeln zwischen Bundesregierung, Umweltorganisationen und der E-Wirtschaft die hundertprozentige Atomstromfreiheit Österreichs beschlossen. Das Gesetz zur Novellierung des ElWOG (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz) sieht vor, dass jede Kilowattstunde Strom, die nach Österreich importiert wird, mit einem Herkunftszertifikat versehen wird. Es gibt also in Zukunft keinen Graustrom mehr in Österreich und damit auch keinen Atomstrom?

Atomstrom auf Umwegen

Das ist leider nicht so, denn das Gesetz verbietet nicht, dass die österreichischen Stromlieferanten an der Börse einkaufen, sondern das Gesetz verpflichtet nur dazu, dass sie zusätzlich atomstromfreie Herkunftsnachweise einkaufen müssen. Diese atomstromfreien Herkunftsnachweise sind billig und können – bildhaft gesprochen – auf eine importierte Kilowattstunde Atomstrom aus Tschechien geklebt werden. Dann fließen derzeit von österreichischen Stromkunden rund 35 Euro/MWh an die CEZ (tschechischer Atomstromanbieter) und nur 0,1 bis 0,2 Euro/MWh an ein deutsches Kohle- oder im besten Fall an ein norwegisches Wasserkraftwerk. Ein klassischer Fall von green-washing also.

Wie kann man erkennen, welche Stromlieferanten green-washing betreiben und welche nicht? Ganz einfach – lesen Sie Ihre Stromrechnung. Denn die Stromlieferanten müssen auf der Rechnung für ihre Kunden angeben, wie und wo der Strom erzeugt wurde. Der Stromregulator ist mit der Aufsicht über die Stromkennzeichnung betraut und berichtet darüber im jährlich erscheinenden Stromkennzeichnungsbericht. In diesem kann jeder nachlesen, wie unterschiedlich die Stromlieferanten agieren. Man achte also auf die Länderherkunft der Herkunftsnachweise. Darüber hinaus erlaubt es die Stromkennzeichnungsrichtlinie dem Stromlieferanten anzugeben, ob die Lieferung des Stromes gemeinsam mit dem zugehörigen Zertifikat eingekauft wurde, also zum Beispiel bei einer österreichischen Windanlage gemeinsam mit dem Zertifikat der Windanlage. Einige kleinere Ökostromlieferanten bestätigen diesen gemeinsamen ‘zeitgleichen’ Einkauf bereits auf ihrer Stromkennzeichnung.

Wem das Lesen des mehr als 180-seitigen Stromkennzeichnungsberichtes zu mühsam, eine vertrauenswürdige Information über die Stromkennzeichnung der österreichischen Lieferanten aber trotzdem wichtig ist, dem sei der Greenpeace-Stromcheck auf www.greenpeace.org/austria/de/themen/klima/was-wir-tun/stromcheck empfohlen.

Konzerne auf Abwegen

Es gibt aber ein weiteres Problem bei der Stromkennzeichnung. Einige Stromlieferanten verteilen ihren eigenen in Österreich erzeugten Strom frei nach dem Motto ‘die guten ins Töpfchen – die schlechten ins Kröpfchen’, oder besser ‘den sauberen Strom für die Haushalte und den dreckigen Strom für die Industrie’. Wie das geht? Man gründe einfach eine Tochter- oder Schwestergesellschaft für die Haushaltskunden und schon hat man ein grünes Mäntelchen an. In der TV-Werbung wird dann vollmundig mit 100 % sauberer Energie geworben. Die Tochtergesellschaft hat eine makellose Stromkennzeichnung und über die Muttergesellschaft hüllt man sich in Schweigen. Deswegen sollte eine Stromkennzeichnung für verbundene Unternehmen, also für Konzerne, eingeführt werden. Mit der Gesamtbilanzierung aller Strommengen aller Konzerngesellschaften würde so manchem Konsumenten wohl die Augen geöffnet werden.


Autpr Ing. Mag. Horst Ebne ist Vorstand der oekostrom AG.

GastautorIn: Horst Ebner für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /