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Effizienzgesetz: KEIN großer Wurf

Energieverbrauchsdeckelung ist Lichtpunkt - Wermutstropfen Fossil-Förderung- Ohne Energieeffizienz keine Energiewende - Industrieblockade verhinderte besseres Gesetz

Die Regierungsparteien haben sich mit den Grünen in Bezug auf das Energieeffizienzgesetz geeinigt, den Energieverbrauch in Österreich einzubremsen. Wirtschaftsminister Mitterlehner sieht es zwar als "richtungsweisenden Kompromiss. Andere sehen zwar einen ersten Schritt in die richtige Richtung, aber definitiv viel zu wenig, um tatsächlich große Veränderungen zu erreichen. Energieeffizienzgesetz.

Der Geschäftsführer des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ), Jurrien Westerhof meint: "Es ist ein kleiner Schritt vorwärts, aber unterm Strich ist das Ergebnis unbefriedigend. Lichtblick ist die festgelegte Verringerung des Energiebedarfs auf ein Niveau von 1050 PJ - falls dieses Ziel tatsächlich erreicht wird. Eine Ökologisierung des Steuersystems fehlt gänzlich. Es habe zwar einige sichtbare Verbesserungen für die erneuerbaren Energien gegeben, aber insgesamt sei man mit dem Paket unzufrieden.

Eine Halbierung des Energiebedarfs bis 2050 ist sinnvoll, die vorgesehene Deckelung des Verbrauchs bei 1050 PJ ist zwar ein erster Schritt- es bleibt aber offen, was passiert, wenn das Ziel nicht erreicht wird.

Ein großer Wermutstropfen ist die beschlossene Förderung für unrentable Gaskraftwerke mit Kraftwärmekopplung - bei ausbleibender Unterstützung für jene Ökostromanlagen, die keinen Einspeisetarif mehr bekommen, und die sich dadurch in der gleichen misslichen wirtschaftlichen Lage befinden.

Erneuerbare Energie Österreich spricht sich grundsätzlich für eine Ökologisierung des Steuersystems als zentrale Lenkungsmaßnahme in der Wirtschaftspolitik aus. Diese Möglichkeit, die in der EU-Effizienzrichtlinie sogar ausdrücklich als Option geboten wird, wurde nicht wahrgenommen.

"Was wir jetzt brauchen, ist eine wirkliche Weichenstellung in der österreichischen Energiepolitik. Mit der bevorstehenden Steuerreform und mit einer neuen Energiestrategie gibt es gleich zwei Gelegenheiten, zu einem großen Wurf zu kommen, und die Chancen der Energiewende und der Energieeffizienz zu nutzen", so Westerhof.

Blockade der Industrie hat besseres Gesetz verhindert

Ähnlich äußern sich Greenpeace und Global 2000. Greenpeace kritisiert scharf, dass ein ambitioniertes Gesetz am massiven Widerstand von Wirtschafts- und Industrieverbände gescheitert sei. Deren partikulare Interessen hätten verhindert, dass Österreich seiner Vorreiterrolle in der Klima- und Energiepolitik gerecht wird.

Die Umweltschutzorganisation bezweifelt, ob die im Energieeffizienzgesetz vorgesehenen Maßnahmen für die geplante Reduktion ausreichen: "Dieses Ziel können wir nur erreichen, wenn auch der Verkehrsbereich deutlich effizienter wird", erklärt Simons.

Kritik kommt von Greenpeace vor allem an der Blockadehaltung der Wirtschaft, die ein umfassenderes Gesetz verhindert habe. "Gerade vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise ist eine Chance verpasst worden, die Abhängigkeit von Gas- und Ölimporten deutlich zu reduzieren", bedauert die Greenpeace-Direktorin. Es sei unverständlich, dass Maßnahmen auf Grundlage fossiler Energieträger wie Ölkesseltausch und fossile Kraft-Wärme-Kopplung gefördert werden und damit die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern auf viele Jahre festgeschrieben werde.

"Mit dem Beschluss wird ein wichtiger Anfang gemacht und das Bekenntnis zum Energiesparen mit Zweidrittelmehrheit abgelegt. Wir dürfen uns jetzt aber nicht darauf ausruhen, dass wir die EU-Vorgaben erfüllt haben. Vor allem muss Österreich Allianzen mit Ländern wie Dänemark und Deutschland stärken, um ein verpflichtendes und ambitioniertes Effizienzziel bis 2030 in der EU durchzusetzen", fordert Hanna Simons, Direktorin für Umweltpolitik bei Greenpeace.


Einen positiven Marktimpuls erwartet sich die heimische Pelletwirtschaft. Christian Rakos, Geschäftsführer von proPellets Austria: " veraltete Heizanlagen führen in Österreich zu einer enormen Energieverschwendung. Wir begrüßen aus diesem Grund das neue Gesetz, weil es den Anreiz gibt, veraltete und ineffiziente fossile Heizungen durch moderne hocheffiziente Pelletkessel zu ersetzen. Diese erreichen bei den Typenprüfungen heute routinemäßig Wirkungsgrade von 92-94%. Für den Kunden zahlt sich der Umstieg damit doppelt aus: zu der Einsparung beim Brennstoff, die in den
vergangenen 4 Jahren bei durchschnittlich 48% lag kommt noch die Einsparung durch die höhere Effizienz dazu."

Länder können wichtige Aufgaben übernehmen

Kritisch sieht GLOBAL 2000, dass die Förderung von fossiler Energie nach wie vor im Gesetz enthalten ist. So soll der Einbau von neuen Ölheizungen noch bis 2018 auf die Einsparverpflichtung anrechenbar sein. "Diesen Teil des Gesetzes sehen wir als kritisch, da mit solchen Maßnahmen der Verbrauch von Öl noch weitere Jahre festgeschrieben wird", erklärt Gewessler. GLOBAL 2000 appelliert daher an die politisch Verantwortlichen, die Neu-Installationen von Ölheizungen auf anderem Weg, z.B. über die Bauordnungen gesetzlich zu verbieten. Entsprechende Vorschläge können von den Landesräten für Wohnbau oder Energie erarbeitet werden. Weiters ruft die Umweltschutzorganisation die nun gesetzlich zum Einsparen verpflichteten Energieversorger auf, die Förderung von Ölheizungen nicht in ihre neu auszugestaltenden Effizienzprogramme aufzunehmen. Positiv zu beurteilen ist, dass im vorliegenden Gesetz die Bundes-Immobiliengesellschaft zumindest zum größten Teil in die Sanierungspflicht des Bundes aufgenommen wurde und dass im KWK-Gesetz die Bedingungen für den Einsatz erneuerbarer Energie verbessert wurden.
Als gangbare Kompromisslösung sieht die österreichische E-Wirtschaft das Gesetz. Die Kritik am System der Lieferantenverpflichtung bleibt aber aufrecht: "Die Steigerung der Energieeffizienz hätte über andere Wege zielgerichteter und für die Konsumenten günstiger erreicht werden können", erklärte Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der E-Wirtschaft.

Schmidt: "Während Deutschland sich nun definitiv zur Umsetzung der Effizienzziele über strategische Maßnahmen entschlossen hat, versucht Österreich mit einem teuren und bürokratischen Verpflichtungssystem der Energielieferanten Energieeffizienzmaßnahmen beim Bürger anzukurbeln." Denn es sei weder zu erwarten, dass die Energielieferanten die Kosten der Maßnahmen zur Gänze tragen können, noch dass die Energiekonsumenten um Investitionen herumkommen, die sie zum größten Teil aus eigener Tasche bezahlen müssen.

Die von den Grünen geforderte Zielerhöhung führt nicht zu einer Erhöhung der Lieferantenverpflichtung, sondern zu weiteren Anstrengungen bei politisch strategischen Maßnahmen.

Die Möglichkeit der zweckgewidmeten schuldbefreienden Ausgleichszahlung ermöglicht es den Lieferanten einen Beitrag für die Energieeffizienz zu leisten auch wenn die Kunden nicht von der Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen überzeugt werden können. "Die Höhe der Ausgleichszahlung ist allerdings zu hoch gegriffen und wird die Folgekosten des Gesetzes erhöhen" so Schmidt bedauernd, dass man sich bei der Höhe nicht an die zuletzt vorgeschlagene Strafzahlung gehalten hat.

Weitere Änderungen, wie die Möglichkeit für Stromlieferanten auch Maßnahmen bei sich selbst, im Mobilitätsbereich oder im Bereich des öffentlichen Verkehrs unter dem Titel der 40-Prozent-Haushaltsverpflichtung zu setzen, sowie die Änderung, dass langfristige Maßnahmen, deren Energieeffizienzbeitrag über die Dauer des Gesetzes hinausreichen, in allfälligen Nachfolgeregimen in voller Höhe anerkannt werden können, sollten zu einer Reduktion der bislang angenommenen Kosten für die Lieferanten von bis zu 500 Mio. führen, die allerdings durch die hohen Ausgleichszahlungen wieder relativiert werden muss.

Wer die Aufgaben des Monitorings übernehmen soll und wie die Fixierung der noch ausständigen Regeln für die sichere Anerkennung der Energieeffizienzmaßnahmen erfolgen soll ist noch offen.

Kein Masterplan zur Energiezukunft

FPÖ Energiesprecher Norbert Hofer zeigt sich verwundert. Hier wird durch eine mehr als unglückliche Formulierung in einer Verfassungsmaterie eine zukünftige Bundesregierung verpflichtet, eine Regierungsvorlage zu erarbeiten, wenn die Förderung für fossile KWK-Anlagen nicht ausreichen sollte. Hofer: "Das Gesetz stellt sich somit ganz klar auf die Seite der fossilen Energieträger und zwar in einem unverhältnismäßigen Ausmaß. Damit wird auch die Belastung für Haushalte und Unternehmen weit über die Legislaturperiode hinaus fortgeschrieben, obwohl die KWK-Bestimmung selbst im Entwurf eigentlich auf vier Jahre beschränkt ist."

"Für die österreichischen Haushalte und Klein- und Mittelbetriebe wird dieses Gesetz vor allem weitere Belastungen bringen", kritisiert Hofer.

Überschneidungen bei den Förderstrukturen zwischen Bund und Ländern, die Forcierung der KWK-Anlagen, das Fehlen konkreter politisch-strategischer Maßnahmen und vor allem, dass die Strafzahlungen zum überwiegenden Teil nicht für Erneuerbare zweckgebunden seien, sind Indiz für die Ineffizienz dieses Gesetzes trotz allen Schönredens.

Hofer: "Ich bedaure sehr, dass es nicht gelungen ist, im Rahmen der Verhandlungen einen vernünftigen Entwurf zu erarbeiten. Ich gehe davon aus, dass es in den nächsten Tagen eine breite Front von Kritik an der Bundesregierung und den Grünen als Mehrheitsbeschaffer geben wird. Es ist schade, dass einmal mehr ein mangelhaftes Flickwerk mit hohem Belastungspotential beschlossen wird und noch immer kein schlüssiger Masterplan für Österreichs Energiezukunft vorgelegt wird."

Kleinwasserkraft: Grüne sind bei Energieeffizienz und Energiewende umgefallen!

Sehr enttäuscht zeigt sich Kleinwasserkraft Österreich Sprecher Erwin Mayer vom Energieeffizienzgesetz. "Dieses wird nicht zur Erhöhung der Energieeffizienz in Österreich beitragen, aber viel Bürokratie und Planwirtschaft schaffen und auch noch fossile Kraftwerke fördern", ärgert sich Mayer. Nach dem Beschluss dieses Gesetzes werden Kohle- und Gaskraftwerke der heimischen Wasserkraft vorgezogen. Viele Stromproduzenten leiden unter dem niedrigen "Markt"-Preis von unter 3,5 Cent/kWh, aber nur klimaschädliche Gas- und Kohlekraftwerke bekommen dafür eine Unterstützung von insgesamt 40 Mio Euro pro Jahr, während CO2-freien Kleinwasserkraftanlagen die Schließung droht. Auch Christoph Wagner, Präsident von Kleinwasserkraft Österreich zeigt sich enttäuscht: "Ich habe nicht damit gerechnet, dass die Grünen fossile Energien unterstützen."

Dabei unterstützt die Kleinwasserkraft jede effektive politische Maßnahme die zur Erhöhung der Energieeffizienz beiträgt. Das wäre nach Ansicht von Kleinwasserkraft Österreich eine umfassende ökologische und aufkommensneutrale Steuerreform, die das bisherige Absinken der Energie -und Ökosteuern stoppt und zu einer gleichmäßigen Erhöhung bei Steuern auf Umweltbelastung führt. Das wäre die weit effizientere Maßnahme um volkswirtschaftlich sinnvoll die Energie- und Kohlenstoffeffizienz in Österreich zu erhöhen. "Aber auch da hat die Grünen der Mut verlassen, sind sie von ihren früheren Positionen abgewichen", kritisiert Mayer. "Dort wo die Effizienz tatsächlich dauerhaft zu erhöhen wäre, nämlich mit einer ökologischen Steuerreform, kommt nichts mehr von den Grünen. Aber ein "Effizienzgesetz" das nur theoretisch errechnete Effizienzsteigerungen verspricht, nicht sanktionierte Ziele für Österreich vorsieht und fossile Energien weiter hin unterstützt findet die Zustimmung der Grünen", so Mayer.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /