© Gerd Maier
© Gerd Maier

Intelligente Mobilität wird zum Status - Auto-Mobilität verliert

Prominente ExpertInnen kritisieren schwache Politik

Wien - Unser Mobilitätsverhalten entwickelt sich weg vom Auto. Das hat eine Podiumsdiskussion auf Einladung der Plattform Zukunft statt Autobahn im Wiener Burgkino gezeigt. Das Auto verliert seinen Wert als Statussymbol, Mobilität selbst wird dafür zum Status. Immer mehr Menschen bewegen sich bewusster und wählen das jeweils beste Verkehrsmittel aus, immer weniger junge Menschen haben einen Führerschein. Kritik übt das prominent besetzte Podium an der Politik: Von dort käme kein Interesse an den Zukunftschancen.

Derzeit, so beklagt die WIFO-Ökonomin Margit Schratzenstaller, setzen gesetzliche und politische Rahmenbedingungen kaum Anreize, das Auto stehenzulassen (Pendlerförderung, Raumordnung). Noch gibt es viele Regionen ohne Alternativen zum Auto, hier würde zu wenig von Seiten der Politik gesteuert. Beispielsweise wird Fußgängerverkehr mit keinem Cent durch die Politik gefördert, ärgert sich die Verkehrspsychologin Christine Chaloupka. Sie fordert, die Verkehrsplanung am Mobilitätsverhalten junger Menschen zu orientieren und fragt: Wer wird denn dann auf diesen Auobahnen fahren? Denn der Trend geht eindeutig in Richtung "Misch-Masch-Mobilität" entsprechend den jeweiligen Anforderungen, sagt Zukunftsforscher Harry Gatterer, vor allem im städtischen Bereich würden Mikrotrends eine neue Liebe zum Fahrrad zeigen.

Investitionspolitik heißt dort zu investieren, wo der größte Nutzen ist, kommentiert der Obmann des Vereins ethisch orientierter InvestorInnen Klaus Gabriel. Nutzen ist nicht nur ein finanzieller, sondern auch ein sozialer und ökologischer Nutzen. Vernünftig wäre es daher, in andere Bereiche als in Straßenprojekte zu investieren. Wie wollen wir unser Leben gestalten? Der Nutzen für die Wirtschaft ist nicht immer gleichzusetzen mit dem Nutzen für die Gesellschaft, so Klaus Gabriel.

Österreich braucht PolitikerInnen, die sich den Problemen stellen und steuernd eingreifen. Darin waren sich die TeilnehmerInnen Mittwoch abend einig. Gesteuert würde derzeit erst, wenn ein Trend da ist, also zu spät! Erkennt man etwas früh, kann man mit relativ wenig Geld viel bewirken, betont Zukunftsforscher Gatterer und kritisiert: Chancenorientierte Trendforschung interessiere die Politik nicht! Margit Schratzenstaller fordert die Politik auf, die Kosten-Nutzen-Analysen einzelner Straßenbau-Projekte und die Annahmen hinter den Projekten offenzulegen. Es muss diskutiert werden: Was kann ich mir nicht mehr leisten, fordert die Ökonomin.

Selbst der Vertreter der Spediteure auf dem Podium hinterfragt das Bauprogramm des Verkehrsministeriums: Wenn alle Tunnelprojekte gebaut sind, ist Österreich auf dem Weg in griechische Verhältnisse, warnt Harald Bollmann, Obmann der Spediteure in der Wiener Wirtschaftskammer. Alleine beim Koralmtunnel wären die Kosten so hoch, dass die täglichen Zinsen für das aufgenommene Geld 500.000 Euro betragen.

Und wie würden die ExpertInnen drei Milliarden Euro - die zu erwartenden Kosten für die Lobau-Autobahn - investieren? Klaus Gabriel würde eine gemeinnützige Stiftung gründen und damit Lobbying für nachhaltige Entwicklung betreiben. Christine Chaloupka setzt auf das Rad: ein Fahrrad für jedes Kind gratis und verpflichtende Radfahrausbildung in Schulen, verbunden mit einem Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel. Harald Bollmann würde die Asfinag kaufen und dann selber Autobahnen bauen. Nachdem drei Milliarden dafür zu wenig sind, will er den erforderlichen Restbetrag bei internationalen Banken ausborgen. Harry Gatterer setzt auf Bildung, damit über die großen Fragen seriös und Fakten-orientiert debattiert werden kann. Margit Schratzenstaller würde drei Milliarden für nachhaltige Entwicklung ausgeben: mehr Geld für Pflege, mehr Geld für sinnvolle Programme zum Klimaschutz, mehr Geld für Bildung, Forschung, Kinderbetreuung und öffentlichen Verkehr.

GastautorIn: Axel Grunt für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /