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Japanische Behörden verharmlosen die Auswirkungen von Fukushima

UmweltschützerInnen warnen: In 20 km Entfernung entspricht die Belastung einmal Röntgen alle zwei Stunden - Cäsium-Belastung führt zu Strahlenverseuchung für 300 Jahre

Würden Sie ihr Kind mehrmals am Tag Lungenröntgen lassen? Alle zwei Stunden? Das ist der Wert, der sich am 19. April für das Dorf Akougi Kunugidaira der Gemeinde Namie ergibt, die knapp 20 Kilometer vom Atomkomplex Fukushima mit den drei explodierten Reaktoren und dem ebenfalls explodierten Brennelementebecken von Block 4 entfernt liegt: 47 Mikrosievert pro Stunde. Auch jenseits der 30 Kilometer-Zone, die jetzt evakuiert werden soll, im Dorf Akougi Teshichiro der Gemeinde Namie, liegt der Wert immer noch bei 21,8 Mikrosievert pro Stunde. Das entspricht einem Lungenröntgen alle viereinhalb Stunden. Selbst die 60 Kilometer entfernte Stadt Fukushima wird immer noch mit einem Mikrosievert pro Stunde belastet - alle vier Tage und vier Stunden ein Lungenröntgen. Diese Zahlen präsentiert die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 um über die Verharmlosung durch die japanischen Behörden aufzuklären. Die Umgebung von Fukushima wird weiterhin stark durch Cäsium 137 belastet und man ist noch weit davon entfernt, die Reaktoren unter Kontrolle zu bringen. "Die japanischen Behörden spielen das Ausmaß, das die Katastrophe schon heute erreicht hat, herunter. Cäsium 137 hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren und gilt erst nach zehn Halbwertszeiten oder 300 Jahren als unbedenklich. Auf Gemüse im 45 Kilometer entfernten Ort Kawamata wurde am 14. April eine Cäsiumbelastung von 180.000 Becquerel pro Kilogramm gemessen - die EU schreibt als Grenzwert 600 Becquerel pro Kilogramm vor. Das sind Zahlen die uns Sorgen machen! Leider ist die Freisetzung von radioaktiven Substanzen noch lange nicht vorbei", so Reinhard Uhrig, Atomexperte von GLOBAL 2000.

Zwtl: Cäsium - Strahlendes Erbe bis ins Jahr 2311 "Wie sich in den fünf Wochen seit Beginn der Fukushima-Katastrophe gezeigt hat, verharmlosen die japanischen Behörden das Ausmaß der Freisetzung. Immer wieder wird die Behauptung unhinterfragt übernommen, dass die Belastung 'unbedenklich für die Gesundheit' sei. Der medizinische Konsens spätestens seit der Tschernobyl-Katastrophe ist, dass es keine 'sichere' Strahlenbelastung gibt - die 'Linear No-Threshold Hypothesis' besagt, dass jede zusätzliche Strahlenbelastung zu vermeiden ist, da sie immer das Potential hat, krank zu machen", informiert Uhrig.

Schilddrüsenkrebs durch fehlende Jodgabe zu erwarten


Auch die Konzentration von radioaktivem Jod 131 in Luft, Boden und Wasser der weiteren Umgebung des explodierten Atomkomplexes führt zu massiven gesundheitlichen Auswirkungen. Radioaktives Jod mit der relativ kurzen Halbwertszeit von 8,4 Tagen ist eigentlich nach 84 Tagen so weit abgeklungen, dass es radioaktiv unbedenklich ist. In der Aktivitätszeit lagert es sich in den Schilddrüsen ein, was insbesondere bei Kindern und Jugendlichen zu massivsten Schädigungen und statistisch gesehen einem starken Anstieg an Schilddrüsenkrebsfällen führt. "Durch das GLOBAL 2000 Tschernobyl-Kinder-Hilfsprojekt wissen wir sehr konkret über das Leiden, das die Reaktorkatastrophe in der Ukraine erzeugt hat, Bescheid. Wenn bei der massiven Freisetzung von radioaktivem Jod nicht rechtzeitig Kaliumjodid-Tabletten eingenommen werden, kommt es unweigerlich zur Einlagerung des radioaktiven Jods und damit zu Krankheitsfällen. Die japanischen Behörden haben nur den Evakuierten der 20-Kilometer-Zone Jodtabletten gegeben, dies ist grob fahrlässig und wird viele Krebserkrankungen gerade unter den jetzt jungen Menschen hervorrufen", so Uhrig. Nach dem Abpumpen von radioaktiv belastetem Wasser ins Meer vor Fukushima waren die Jod-Werte in den letzten Tagen wieder stark angestiegen.

Herunterrechnen, Behübschen und Verharmlosen - Atomlobby am Werk


Die Betreiberfirma Tepco, die japanischen Behörden, aber auch die Internationale Atomenergiebehörde in Wien entwickeln erstaunliche Kreativität, wenn es um die positivere Darstellung von Schreckensnachrichten geht: Anstatt die üblichen Einheiten wie z. B. Becquerel pro Quadratmeter (Bq/m2) zu verwenden, finden sich plötzlich Angaben in Megabecquerel, die auf den ersten Blick gering erscheinen - jedoch um den Faktor eine Million multipliziert werden müssen, um auf vergleichbare Zahlen zu kommen. Die Betreiberfirma Tepco rechnet statt mit der üblichen Angaben von Becquerel pro Liter (Bq/l) in Becquerel pro Kubikzentimeter (Bq/cm3) - diese Daten müssen um den Faktor 1.000 multipliziert werden, um vergleichbar zu sein.



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Weitere Infos: Global2000

Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /