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Wir haben keinen zweiten Planeten in der Tasche

Dringend gesucht: Menschen mit Verantwortung und PolitikerInnen mit Mut- dramatische Aussagen bei der 22. Women Talk Business in Wien

Wien- ‘Radikales Umdenken ist notwendig.’, ‘Das Engagement Einzelner ist erfolgsentscheidend!’, ‘Mehr Information und Mündigkeit der KonsumentInnen und mehr öffentlicher Druck durch Medien und WählerInnen.’, ‘Bedeutende Rolle und Chancen für Frauen und Unternehmen’ – dramatische und besorgniserregende Aussagen bei der 22. hochkarätig besetzten Women Talk Business®-Podiumsdiskussion vor über 150 Gästen aus Wirtschaft und Medien in der Raiffeisen Zentralbank in Wien. Viele konkrete Beispiele zum Thema Umweltschutz wurden von den vertretenen Unternehmen vorgestellt.

Das Thema lautete: "Gesünder wirtschaften mit Klimaschutz: Verantwortung für Mensch und Umwelt "

Inhaltliche Schwerpunkte waren Frauen als wichtiger Wirtschaftsfaktor, Engagement von Einzelpersonen ist erfolgsentscheidend, Umweltschutz ist eine betriebswirtschaftliche Chance, konkrete Maßnahmen der Unternehmen, Wachstumsbranche und Jobmotor der Sonderklasse, die Marktmacht der KonsumentInnen, der Druck der Öffentlichkeit, usw.


Am Podium diskutieren Dipl.Ing. Petra Bußwald, Geschäftsführende Gesellschafterin akaryon, Mag. Birgit Cserny, Geschäftsführerin VERBUND Austrian Renewable Power GmbH, Dipl.Ing. Margot Grim, Gesellschafterin e7 Energie Markt Analyse GmbH und Vorstand Facility Management Austria, MMag. Doris Herbst, CSR-Verantwortliche Saubermacher AG, Christine Hödlmayr-Gammer, MMC, stv. AR-Vorsitzende Hödlmayr International AG, Ing. Reinhard Backhausen, Geschäftsführender Gesellschafter Backhausen interior textiles sowie Dipl. Ing. Josef Plank, Geschäftsführer RENERGIE Raiffeisen Managementgesellschaft für erneuerbare Energie und stv. Vorsitzender der Raiffeisen Klimaschutz-Initiative. Dr. Sabine M. Fischer, SYMFONY Consulting, Women Talk Business®–Initiatorin, modierierte die Veranstaltung.

Im Publikum gesichtet wurden unter anderem: Emil Hierhold, Strategic Messages, Ivona Meissner, Best Western, Heinz Hofmann, uptime, Giulietta Bissuti, BRZ, Franziska Mally, card complete, Christine Bergmann, T-Mobile, Doris Mayr, RLB NÖ-Wien, Markus Simak, Hagelversicherung, Michaela Schuster-Gräftner, BAWAG, Beatrice Lacassagne, PEF, Sylvia Ehrenreich, Greepeace, Barbara Pitter-Mayer, Shell, Erna Nairz-Wirth, WU-Wien, Lukas Haider, Uniqa, Dorothea Mihokovic, SIEMENS, Brigitte Raicher, s Akademie, Sabine Prillmann, WU Executive Academy, Waltraut Urban, Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche, Inge Prohaska, BFI, Georg Benke, e7 Energie Markt Analyse,Beate Lechner, Archtitektin, Elisabeth Schrott, Vienna Isurance Group, Walter Barta, ÖBB, Vivianna Prochazka, WCN, Sissy Lauringer, Sorptimist-Club, Alice Austerlitz, ORF u.a


Engagement von Einzelpersonen ist erfolgsentscheidend
Am meisten Hoffnung für eine lebenswerte Umwelt für die eigenen Enkelkinder sah Dipl. Ing. Josef Plank, Geschäftsführer RENERGIE Raiffeisen Managementgesellschaft für erneuerbare Energie und stv. Vorsitzender der Raiffeisen Klimaschutz-Initiative, ‘erstens durch engagierte Bürgerinnen und Bürger, die ganz bewusst gegen Strukturen ankämpfen. Ankämpfen deshalb, weil große Strukturen in Politik und Wirtschaft auf das Bewahren aus sind, aber im Umweltschutz ein radikales Umdenken erforderlich ist. Zweitens gibt die Innovativkraft der Menschen, insbesondere im technischen Bereich, mir die Zuversicht, dass diese enorme Herausforderung für die Gesellschaft und die Wirtschaft bewältigt werden kann.’

Dass ein massives Umdenken erforderlich ist, dem stimmte insbesondere auch Ing. Reinhard Backhausen, Geschäftsführender Gesellschafter Backhausen interior textiles, zu. Backhausen erzählte, dass er durch die Fragen seiner eigenen Tochter nach dem gemeinsamen Kinobesuch von Al Gores Film ‘Eine unbequeme Wahrheit’ anfing, über die üblichen Umweltschutzmaßnahmen wie Mülltrennung etc. hinaus aktiv zu werden. Backhausen entwickelte die giftfreie und flammenhemmende Faser ‘Returnity’ und stellte die gesamte Produktion nach dem‘craddle to craddle’-Prinzip, einem technischen und biologischen Kreislaufsystem, um. Dafür suche Backhausen seit Jahren engagiert weltweit Partner, um als Industrieller seinen Betrag zur Ressourcenschonung und Abfallvermeidung zu leisten. ‘Returnity’ könne komplett wiederverwertet werden und als gänzlich anderes Produkt ein neues Leben beginnen.

Umweltschutz ist eine große Chance für Unternehmen

Backhausen bestätigte, dass seine Produktinnovation ‘Returnity’ für sein Unternehmen neue Kunden anzieht und bestehende Kunden besser bindet – mit 2%igen höheren Preisen, aber einer Rücknahmegarantie für die gebrauchten Stoffe und Rabattierung für weitere Einkäufe.

Mag. Birgit Cserny, Geschäftsführerin VERBUND Austrian Renewable Power GmbH, zeigte am Beispiel des Verbund, dass es auch betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, in erneuerbare Energien, wie Wasserkraft, Windkraft und Sonnenenergie zu investieren. Nachhaltigkeitsberichte seit 2002, die durch externe Stelle zertifiziert werden, trügen auch zum Umweltschutz-Bewusstsein aller MitarbeiterInnen bei.

MMag. Doris Herbst, CSR-Verantwortliche der Saubermacher AG, berichtete, dass potentielle AuftraggeberInnen immer häufiger nach den Umweltschutzmaßnahmen eines Unternehmens fragten, und jenes Unternehmen die besseren Aufträge erhalte, dass hier eine profunde Expertise vorweisen könne. Die Saubermacher AG erwerbe auch durch die vielen Preise, zuletzt den Exportpreis 2010 in der Kategorie Information und Consulting, Aufmerksamkeit bei potentiellen Kunden-Unternehmen.

Christine Hödlmayr-Gammer, MMC, stv. Aufsichtsrats-Vorsitzende Hödlmayr International AG, ergänzte, dass bisher immer ‚Gewinn oder Umweltschutz’ gegolten habe: ‘Es geht aber ‚sowohl als auch’!’ betonte Hödlmayr-Gammer. Besonders hob sie hervor, dass ‘Familienunternehmen nicht in Quartalen denken, sondern in Generationen. Das Unternehmen soll ja auch für die nächsten Generationen profitabel erhalten werden, und da gehören eben auch die Social facts, nämlich engagierte MitarbeiterInnen, dazu.’ Und diese benötigten ein sicheres Umfeld und eine lebenswerte Umwelt, zeigte sich Hödlmayr-Gammer überzeugt.

Josef Plank sah einen wesentlichen Punkt in den Bewertungskriterien, die viel umfassender und realistischer sein müssten. ‘Nur einen Fokus zu bewerten, gehe für die gesamte Menschheit schief. Wir müssen von produktionsorientierten zu verbrauchsorientierten Bemessungssystemen kommen: Das heißt, das Produkt, das verbraucht wird, hatte in Summe und weltweit gesehen einen so und so hohen CO2 Verbrauch inklusive Transport, nicht nur bei der Produktion am Standort X.’ Dies bräuchte global abgestimmte und umsetzbare Maßnahmen, erklärte Plank. Zurück zur Übersicht

Was passiert konkret in Unternehmen?

Um den Umweltschutz konkret voranzutreiben unterstütze der Verbund ‘die Bewusstseinsbildung bei den Kleinen beispielsweis durch eine Klimaschutzschule’, erzählte Birgit Cserny. Dabei könnten Schüler und Schülerinnen die Natur zum Beispiel in den Hohen Tauern gezielt hören, riechen, schmecken.

Dipl.Ing. Petra Bußwald, Geschäftsführende Gesellschafterin des Beratungsunternehmens Akaryon, erklärte das Angebot von Akaryon für Kunden-Unternehmen zum Thema Umweltschutz, wie Webtools zu entwickeln oder Förderanträge zu stellen. Im eigenen Unternehmen würde so viel Kommunikation als möglich mithilfe moderner Telekommunikation abgewickelt und wenn physische Mobilität erforderlich sei, dann würden ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel benützt.

Dipl.Ing. Margot Grim, Gesellschafterin e7 Energie Markt Analyse GmbH und Vorstand Facility Management Austria, berichtete, dass es am Markt kein Angebot für kleinflächige energieeffiziente Büros gebe. Dies wäre gerade für ein Unternehmen, das sich dem Umweltschutz verschrieben habe, sehr negativ. Als Dienstleister unterstütze Grim ihre Kunden dabei, zu erkennen, welche Maßnahmen nicht kostenintensiv wären, aber langfristig hohe Kosteneinsparungen brächten. Grim empfahl dabei vor allem ‘vorher genau darüber nachzudenken, welchen Nutzen man von einem Gebäude haben will. Dabei muss man auch sehr genau auf die Auswahl der Dienstleister achten und sich vorher gut informieren, damit man dann alle in einen sinnvollen Prozess einbinden kann.’

Doris Herbst erzählte von der Klimaschutzwoche, die aus der Klimaschutzcharta der Saubermacher AG abgeleitet worden war. Das erklärte Ziel wäre es gewesen, innerhalb einer Woche Bewusstseinsbildung für die Mitarbeiter zu machen: ‘Jeden Tag haben wir neue Informationen über mögliche einfache Beiträge zum Klimaschutz über unterschiedliche Kommunikationskanäle an die Mitarbeiter weitergegeben. Und wir haben einen Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem durch Einsparen von CO2 z.B. durch Radeln, zu Fuß gehen, bei jemand anderem im Auto mitfahren, statt das eigene Auto nützen, Klimaschutzlose erhalten werden konnten.’ Die Mitarbeiter hätten sich gegenseitig angespornt, um die meisten Lose zu erhalten und es gab auch tolle Klimaschutz-Preise zu gewinnen. ‘Wir haben gesehen, dass Klimaschutz begeistern kann’, betonte Doris Herbst. Und weiter: ‘Wir haben es geschafft, den Umweltschutzgedanken ins Kerngeschäft zu integrieren und man kann mit Umweltschutz Geld verdienen.’ Zurück zur Übersicht

Umwelttechnologien als Wachstums- und Beschäftigungsmotor

‘Umweltschutz-Technologien sind ein Jobmotor der Sonderklasse’, erklärte Josef Plank. Sabine M. Fischer ergänzte mit Zahlen: ‘Über 185.000 Menschen in Österreich sind im Umweltbereich derzeit tätig. Diese Beschäftigungszahl ist vergleichbar mit der Gastronomie- und Beherbungsbranche. Bis 2020 sollen weitere 90.000 Green Jobs durch Anreize zur Gebäudesanierung und Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien geschaffen werden.’

Die Saubermacher AG baue derzeit in Unterpremstätten eine Aufbereitungsanlage für Alt-Elektrokleingeräte auf. ‘Dort wollen wir diese Geräte in den Sekundärkreislauf zurückbringen und schaffen 80 Arbeitsplätze in der Region’, erläuterte Doris Herbst.
Josef Plank plädierte auch dafür, dass die Industrieländer effizientere technische Lösungen entwickeln, damit Schwellen- und Entwicklungsländer wie China und die anderen BRIC-Staaten zur Deckung des eigenen wachsenden Energiebedarfs gleich diese Lösungen nützen könnten und nicht auf veraltete Technologie zurückgreifen müssten.

KonsumentInnen können bewußt entscheiden

Petra Bußwald unterstrich, dass umfassende Kostenwahrheit, die sich in den Preisen der Produkte niederschlägt, eindeutig zeigen würde, welche Produkte umweltfreundlich seien.

Margot Grim meinte, dass ‘die Macht der Konsumenten unendlich groß ist.’ Wenn Freunde Thunfisch mit dem Argument ‘der ist eh schon tot’ essen, dann gilt dieses Argument für Margot Grim nicht: ‘Wenn ich etwas kaufe, signalisiere ich, ich will es nächste Woche wiederhaben. Egal was, der Markt wird nachliefern, was ich kaufe.’
Das Podium stimmte der Aussage von Sabine M. Fischer zu, dass Social Media ein zunehmend wichtiger Informations- und Machtfaktor bei der Mobilisierung von Massen sein werden. Zurück zur Übersicht

Bessere Rahmenbedingungen und mehr Mut notwendig

Podium und Publikum forderten von der Politik mehrfach bessere und klarere Rahmenbedingungen bei Information, Gesetzen und Förderungen in Umweltschutz-Angelegenheiten.

Insbesondere Reinhard Backhausen rief zu mehr öffentlichen Druck auf die Politik auf, Josef Plank riet auf Basis seiner umfangreichen Erfahrungen in der Politik zu eindeutigen Mehrheiten für den Umweltschutz und wünschte sich mehr Mut zur Veränderung von der Politik und den Unternehmen.

Margot Grim sah eine Schwierigkeit in der Komplexität des Umweltschutzes und der verschiedensten Branchen, die im Thema Umweltschutz involviert sind.

Das Publikum brachte sich entsprechend ein:

‘NGOs spielen eine wichtige Rolle zwischen Verzweiflung des Einzelnen und der Möglichkeit, öffentlichen Druck aufzubauen.’


‘Was nützt es, wenn in Österreich alle Häuser gedämmt, alle Österreicherinnen und Österreicher auf Fahrräder gesetzt, aber woanders die Bohrinseln samt der Schildkröten verbrannt werden und die Autoindustrie in China alle Menschen in Autos setzt?’

‘Österreich war immer ein Land der Technik, aber in Österreich scheint man viele Entwicklungen wie z.B. in der Photovoltaik zu verschlafen.’

‘Als Kundin ganz gezielt nach ökologischen, nachhaltigen und Fair-Trade-Produkten fragen, bewegt in den Unternehmen viel. Wenn ich etwas ändern will, muss ich aufstehen und nachfragen, sonst ändert sich nichts.’

‘Damen tun eher etwas als Männer zum Thema Umweltschutz und sprechen das Thema eher an, wir alle sollten dieses entscheidende Thema hinaustragen und mit möglichst vielen Menschen über das diskutieren, was wir heute gehört haben.’

Das Indigo-Tuch des tanzenden Tuareg

Slow Fashion, agency for sustainable design, verloste unter den Women Talk Business®-TeilnehmerInnen einen Sieger-Design-Prototyp des international anerkannten Slow Fashion Award 2010: das Schmuckaccessoires ‘ripped stripes’ vom Wiener Designlabel mija t. rosa.
Das Stück besteht aus dem in Streifen gerissenen Turban-Stoff des ca. 35jähirgen Tuaregs Assanaga Hamadede aus Agadez, Niger. Die Gewinnerin strahlte über das ganze Gesicht als sie ihr neues Schmuckstück entgegennahm und Lisa Niedermayr, die geschäftsführende Gesellschafterin von Slow Fashion, die Geschichte des Stoffes erzählte. ‘Es ist unglaublich’, meinte Sabine M. Fischer bei der Übergabe, ‘aber die Herkunft dieses Kleidungsstückes ist kraftvoll spürbar!’


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /