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Österreich darf sich nicht drücken!

Die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien und ihre Konsequenzen für Österreich

"Der Österreichische Biomasse-Verband begrüßt die vorgeschlagene EU-Richtlinie für erneuerbare Energien und sieht darin einen entscheidenden Schritt zum beginnenden Umbau des Energiesystems Richtung mehr Effizienz und erneuerbaren Energieträgern", erklärt Heinz Kopetz, Vorsitzender des Verbandes und Präsident des Europäischen Biomasse-Verbandes AEBIOM. "Die Richtlinie eröffnet riesige wirtschaftliche Chancen für die starke österreichische Umwelt- und Erneuerbare-Energien-Industrie, weil jetzt alle Länder der Europäischen Union enorme Anstrengungen zum Ausbau der Erneuerbaren setzen müssen und sich daher einmalige Exportchancen eröffnen. Aber auch der Heimmarkt muss wesentlich ausgeweitet werden, um die EU-Ziele zu erreichen."

Nach ersten Berechnungen des Österreichischen Biomasse-Verbandes sind die Vorgaben aus Brüssel mit der aktuellen Energie- und Klimapolitik nicht zu erreichen. Laut den Prognosen des WIFO würde bei business as usual ("Baseline-Szenario") der Primärenergieverbrauch bis 2020 auf über 1750 Petajoule (PJ) steigen und der Betrag der Erneuerbaren auf knapp 400 PJ.

Um die Zielsetzungen gemäß Richtlinie zu erreichen, müsste der Verbrauch unter 1500 PJ bleiben (derzeit ca. 1440 PJ), der Beitrag der Erneuerbaren auf 500 PJ (derzeit 305 PJ) steigen. Der Einsatz der fossilen Energieträger muss spürbar zurückgehen.

Die Umsetzung der neuen Direktive erfordert in Österreich einen Paradigmenwechsel in der Energiepolitik, weniger fossile Energie, weit gehender Stopp des Verbrauchsanstieges durch eine drastische Effizienz-verbesserung und Sparbemühungen sowie wesentlich beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Klimaziele der EU müssen korrigiert werden

Die Einhaltung der Kyoto-Ziele ist für Österreich nach wie vor verbindlich. Nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission könnte Österreich die CO2-Emissionen nach Erfüllung des Kyoto-Vertrags wieder erhöhen. Das ist inkonsequent, die neuen Klimaschutzziele für Österreich müssen jedenfalls von geringeren Emissionen ausgehen als jene des Kyoto-Vertrags.

Inhalte der Richtlinie

Die Richtlinie ist in mehrfacher Hinsicht eine historische Weichenstellung:

- Erstmals werden verbindliche Ziele festgelegt, deren Nichterreichung mit Sanktionen gemäß EU-Recht belangt werden. - Alle Energiemärkte werden einbezogen - Wärme, Strom und Treibstoffe; das ist ebenfalls ein Novum. - Die Länder werden verpflichtet einen klaren Zeitplan und einen Maßnahmenkatalog vorzulegen und müssen regelmäßig berichten. - Der nationale Aktionsplan, in dem diese Angaben zusammengefasst werden, muss spätestens bis 31. 3. 2010 notifiziert sein.

Für Österreich gelten folgende Vorgaben:

Anteil Erneuerbare Energien in %

2005 23,3
2011/12 26,0
2013/14 27,0
2015/16 28,1
2017/18 30,3
2020 34,0

Biotreibstoffe 2020: 10 %

Mit dem Ziel von 34 % zählt Österreich zu den vier Ländern mit den höchsten Zielen, diese sind:

Schweden 49 %
Lettland 42 %
Finnland 38 %
Österreich 34 %

Am unteren Ende rangieren Ungarn 13 % (derzeit 4,3 %), die tschechische Republik 13 % (derzeit 6,1 %) und England 15 % (derzeit 1,3 %).

Die Richtlinie enthält außerdem umfangreiche Regelungen über die Herstellung von Herkunftszertifikaten für erneuerbare Wärme und Strom. Diese Passagen sind nach Ansicht des Österreichischen Biomasse-Verbandes nicht notwendig und führen zu überflüssiger Bürokratie. Auch umfangreiche Bestimmungen über die Nachhaltigkeit von Biotreibstoffen sind vorgesehen - diese sind weit gehend berechtigt.

Ziele für Österreich zu nieder

Die österreichische Regierung hat in ihrem Programm einen Anteil von 45 % an Erneuerbaren Energien für 2020 festgelegt. Das nunmehr deutlich geringere Ziel ist enttäuschend. Es kam offensichtlich zustande, weil die Regierung in den Verhandlungen ihr eigenes Ziel nicht vertreten hat.

Allerdings: der Umbau des Energiesystems wird im Jahre 2020 nicht aufhören. Er wird beschleunigt weiter gehen. Der Österreichische Biomasse-Verband vertritt daher den Standpunkt, die EU-Vorgaben sind Mindestziele, Österreich soll an seinen weitergehenden Zielen festhalten und im Sinne einer längerfristigen Planbarkeit bis 2025-2030 einen Anteil an Erneuerbaren von 50 % anpeilen.

Fundamentaler Umbau des Energiesystems muss jetzt beginnen!

1. Energieeffizienz und Sparen

Ein Schwerpunkt in den kommenden Jahren ist die Bremsung des Verbrauchsanstiegs bei Energie - das gilt insbesondere für Wärme, Treibstoffe und Strom. Dazu sind jetzt neue Konzepte und eine Reihe legistischer Maßnahmen notwendig.

2. Forcierung der Erneuerbaren Energien

Alle Formen der Erneuerbaren müssen beschleunigt ausgebaut werden, um diese Vorgaben zu erreichen.

Entwicklungsziele erneuerbarer Energien in Österreich in PJ

Technologie / 2004 2020
Photovoltaik 0,05 0,6
Solarthermie 3,4 19,0
Windkraft 3,3 21,0
Kleinwasserkraft 14,0 23,0
Geothermie/Umgebungswärme 4,7 10,0
Großwasserkraft 115,0 147,0

Zwischensumme 1 (sonstige Erneuerbare) 140,45 220,6

Feste Biomasse 155,1 225,0
Flüssige Biomasse 1,0 35,0
Gasförmige Biomasse 0,9 20,0
Zwischensumme 2 (Biomasse) 157,0 280,0
Gesamtsumme 297,45 500,6

Wärmebereich und Kühlung

Einige Beispiele sollen verdeutlichen, was in Zukunft notwendig wird:

- Thermische Sanierung des Altbestandes auf 4 % pro Jahr anheben
- Bauordnung generell auf Standards in der Wohnbauförderung anheben
- Investitionen in Öl und Gas zur Wärmeversorgung weit gehend einstellen
- Anregung: Wettbewerb auf Bezirks- und Gemeindeebene: 'Wer erreicht Wärmeversorgung ohne fossile Energie?', 'Wer erreicht zwei Quadratmeter Solarkollektorfläche pro Einwohner?' etc.

Strombereich

- Fossile Großkraftwerke erhöhen den Anteil der fossilen Energie, statt ihn zu verringern, und haben in der neuen Richtlinie keinen Platz.
- Stromproduktion aus Wind muss vervielfacht werden, Strom aus Biomasse aus Abfall (Gülle, Mist) sowie aus Stroh und in kleinen KWK-Anlagen (unter 500 kW) soll rasch ausgebaut werden. Ziel: 85 % Strom aus Erneuerbaren (z. B. 42 % Wasser, 17 % Wind, 6 % Biomasse)
- Stromeffizienzgesetz

Industrie teilweise Opfer der verfehlten Strategie der Industriellenvereinigung

Die Industrie ist wegen der CO2-Reduktion zu recht besorgt. Es wäre besser, mehr CO2-Zertifikate der Industrie zu reservieren und weniger der Stromerzeugung - das aber erfordert den raschen Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung. Durch die Bremsmanöver der Industriellenvereinigung ist jetzt der Wettbewerb um Zertifikate größer, und die Industrie muss mehr zahlen. Daher ist zu hoffen, dass die IV in Zukunft Strom aus Erneuerbaren Energien wirksam unterstützt und nicht bremst.

Steuerreform

In den Dienst der Energieeffizienz stellen, Energie höher besteuern und Ökobonus an Haushalte zahlen und Lohnnebenkosten senken, um so Sparanreize zu verstärken.

Ausblick

Auch Österreich braucht jetzt so rasch wie möglich ein integriertes Konzept einer Energie- und Klimapolitik mit den Schwerpunkten Effizienz und erneuerbare Energien. Die Investitionen in fossile Energie sind drastisch zurückzuschrauben, da schon abzusehen ist, dass in 15 bis 25 Jahren der Druck zur CO2-Reduktion und die Preise der fossilen Energie noch zunehmen werden. Es wäre wenig sinnvoll, jetzt noch viel Geld in eine auslaufende Technologie zuinvestieren.

Die EU-Richtlinie eröffnet riesige Chancen puncto Beschäftigung, Sicherheit und Umwelt - sie gilt es rasch zu nutzen. Die Biomasse sieht jetzt den Beginn eines echten Booms im Wärmebereich und hoffentlich auch bei kleinen KWK-Anlagen sowie eine baldige Inbetriebnahme der Biotreibstoffanlagen. Die Ausweitung der Biomasseproduktion ist jetzt eine wichtige Aufgabe der Land- und Forstwirtschaft.



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Weitere Infos: Österreichischer Biomasse-Verband

Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /