Ambitionierte Klimapolitik: Chance für mehr Wachstum und Beschäftigung

Viele Ziele, nun ist Umsetzung gefragt - erste Evaluierung in einem Jahr

Unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Umweltminister Josef Pröll fand heute in Wien der Klimaschutzgipfel 2007 statt. Der Gipfel befasste sich mit vier zentralen umweltpolitischen Themen, die unter anderem mit den Bundesministern Werner Faymann, Martin Bartenstein, Claudia Schmid, Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und Interessensvertretern diskutiert wurden.

Der erste Umweltgipfel soll aufzeigen, dass die in der Bevölkerung stark verankerten Anliegen im Bereich des Umweltschutzes sehr ernst genommen werden und dass wir an der Erarbeitung einer ganzheitlichen rot-weiß-roten Klimastrategie arbeiten. Der Klimaschutz ist ein Thema, das alle Menschen betrifft. Gerade Österreich wird als bevorzugtes Winter-Tourismusland besonders vom Klimawandel betroffen sein.

Klug gestaltete Klimapolitik sei als Chance für mehr wirtschaftliches Wachstum zusehen. Die Einrichtung des mit 500 Millionen Euro dotierten Klima- und Energiefonds sei eine der zentralen Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung, um dem Klimawandel wirksam begegnen zu können. "Maßnahmen zur Abwendung des Klimawandels sind langfristig eine Pro-Wachstums Strategie. Neue Umwelttechnologien und Investitionen steigern unser Wachstumspotential und schaffen neue Arbeitsplätze. Sie sind vor allem für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Bedeutung. Während man früher meinte, dass Umweltschutzmaßnahmen der Wirtschaft schaden würden, so sieht man die Dinge im Licht der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse heute ganz anders. Eine erneuerte Klimapolitik ist die Chance für mehr Wachstum und Beschäftigung", so Gusenbauer weiter.

Schwerpunkte der Klimaschutzstrategie der österreichischen Bundesregierung würden unter anderem im Bereich der Versorgungssicherheit und im Verkehrsbereich liegen, wo vor allem öffentliche Personennahverkehr gestärkt werden solle. "Sechs Milliarden Euro an Investitionen in die Schiene in dieser Legislaturperiode sind mehr als ein deutliches Zeichen", so der Bundeskanzler.

Die Bundesregierung habe sich mit ihrer Klimaschutzstrategie drei Ziele gesetzt: Die Umsetzung müsse auf allen politischen Ebenen erfolgen und zu einem Thema aller Bürgerinnen und Bürger gemacht werden. Außerdem müsse die Implementierung der EU-Klimaschutzstrategie in Österreich mit allen zu Gebote stehenden Mitteln durchgeführt werden. "In der letzten Sitzung des Europäischen Rates wurden verbindliche Ziele im Bereich des Klimaschutzes beschlossen, die jetzt mit kreativen und zielführenden Maßnahmen in Österreich umgesetzt werden. An der Einhaltung dieser EU-Klimaschutzstrategie führt kein Weg vorbei. Die Frage des Klimaschutzes kann nur global gelöst werden und Österreich wird dazu seinen Beitrag leisten. Der Klimaschutz ist deshalb nicht nur eine gemeinsame Angelegenheit der Ministerien, der Länder, der Gemeinden, der Industrie und der Wirtschaft. Wir wollen diese wichtige Frage des Klimaschutzes nicht hinter verschlossenen Türen diskutieren: Uns ist die breite Einbindung wichtig. Wir brauchen in diesem Prozess das Engagement, die Kreativität und die Ideen aller Beteiligten, um diese Herausforderungen bewältigen zu können. Der heutige Gipfel soll den Auftakt zu einer jährlich stattfindenden Diskussionsreihe zu diesem Thema bilden", erklärte der Bundeskanzler weiter.

Chris Taylor, einer der Autoren des Anfang 2007 präsentierten Stern-Berichts, der sich mit den ökonomischen Folgen der globalen Erwärmung beschäftigt, wies in seinem Statement darauf hin, dass die wirtschaftlichen Einbußen bei einem raschen Eingreifen wesentlich geringer wären, als die durch den Klimawandel verursachten Folgekosten. Laut Taylor müssten die Forschungsausgaben für Technologien zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes verdoppelt und die Kooperation der internationalen Staatengemeinschaft ausgeweitet werden, um den Klimawandel abzuwenden. Die jährlichen Kosten für die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration werden zwischen 500 und 550 ppm Kohlendioxidäquivalenten liegen, was rund 1% des globalen Bruttoinlandsprodukts entsprechen würde.

Die Liste der Redner war lang. Vieles, was gesagt oder gewünscht wurde, scheint Umweltinteressierten klar. Aufhorchen ließen die Statements mancher Landespolitiker. Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl forderte nicht nur ein Überdenken des Ökostromgesetzes und wies auf die positiven Auswirkungen im Bereich Windenergie (55% des Energiebedarf werden im Burgenland erneuerbar erzeugt) und Biomasse (Beispiel Güssing) im Burgenland hin, sondern er möchte für in Zukunft eine Energieplushausförderung andenken.

ÑÄußerst ambitionierte Statements kamen auch von LR Schwärzler aus Vorarlberg, LR Anschober aus Oberösterreich und LR Plank aus Niederösterreich. Der Wiener Wohnbaustadtrat Ludwig sieht ein riesiges Energieeinsparpotential im Bereich Bürohaus und möchte alle Gebäude an die Standards des Wohnbaus annähern. Er forderte dazu auch eine entsprechende Harmonisierung der Bauordnungen.

Der Präsident des österreichischen Gemeindebundes, Helmut Mödlhammer, möchte die Vorbildfunktionen der Gemeinden weiter ausbauen.

Der Umweltsprecher des BZÖ, Veit Schalle, erachtet ein bundeseinheitliches Sanierungsprogramm für den Wohnbau, egal ob Einfamilienhaus, sozialer Wohnbau oder öffentliches Gebäude für dringend notwendig, dies würde eine Beschäftigungslawine im KMU-Bereich auslösen.

Der ÖGB Präsident sprach sich für mehr Energieeffizienz aus, für Arbeitsplätze in Forschung und Entwicklung und für eine klare Zweckwidmung der Mineralölsteuer für Klimaschutzmaßnahmen.

Erwin Mayer von Greenpeace wünscht sich eine aufkommensneutrale CO2-Steuer und eine Ãnderung des Ökostromgesetzes, sowie eine Volksbefragung zum Thema Klimaschutz, um nur einige zu nennen.

Staatssekretärin Christa Kranzl will die guten Programme des bmvit, z.B. im Bereich nachhaltiges Wirtschaften, weiter ausbauen - durch nachhaltige Innovationen entstehe eine Win-Win-Situation für österreichische Unternehmen. Außerdem solle mehr Verkehr von der Strasse auf die Schiene und das Wasser verlagert werden.

Unterrichts- und Kulturministerin Claudia Schmied kündigte an, das Unterrichtsprinzip Umweltbildung zu verstärken und das Unterrichtsmaterial in diesem Bereich zu erweitern- z.B. soll der Al-Gore-Film "Eine unbequeme Wahrheit" auf DVD für Schulen zur Verfügung gestellt werden.


Auffallend war: Über die notwendige Ãnderung des Ökostromgesetzes schien eine große Mehrheit zu herrschen, uneinsichtig war in diesem Punkt nur Wirtschaftsminister Bartenstein.

Landeshauptfrau Gabi Burgstaller erinnerte in Ihrem Schlussstatement an die Vorbildwirkung der öffentlichen Stellen bei der Ausbildung des Umweltbewusstseins in der Bevölkerung und sprach sich dafür aus, das Einsparungspotential im Energiesektor nutzbar zu machen. "Die Zeit ist reif für praktisches Handeln", so Burgstaller.

Es war immerhin der erste "Umweltgipfel" der zweiten Republik, wie Gerhard Heilingbrunner vom Umweltdachverband feststellte. Viele NGOs kamen genauso wie Interessensvertreter und die Vertreter aus der Politik zu Wort. Um tatsächlich konkret etwas zu erreichen, sind 5 Minuten Redezeit pro Teilnehmer sicher zu wenig. Es wäre besser, konkrete Ziele gemeinsam zu definieren. Davon sind wir noch weit entfernt- und schließlich hat die Bundesregierung ihre Klimastrategie schon vor dem Gipfel verabschiedet.

Was tatsächlich daraus wird, wird in einem Jahr sichtbar werden, dann ist eine Wiederholung des Gipfels geplant. Die Ziele sollen jährlich evaluiert werden.

Der gesamte Gipfel wurde auf der Webseite des Bundeskanzleramtes unter www.klimaschutz.bka.gv.at live übertragen.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /