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Europa: 2023 gab es weit verbreitete Überschwemmungen und extreme Hitzewellen

2023 waren die Auswirkungen des Klimawandels wieder in ganz Europa zu spüren. Millionen Menschen waren von Extremwetter betroffen, so dass die Entwicklung von Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels und zur Anpassung vorrangige Aufgabe ist.

Darum ist das Verständnis der Klimatrends entscheidend. Copernicus Climate Change Service (C3S hat ) in Zusammenarbeit mit der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) den Bericht European State of the Climate 2023 (ESOTC 2023) veröffentlicht. Er enthält Beschreibungen und Analysen der Klimaverhältnisse und -schwankungen im gesamten Erdsystem, wichtige Ereignisse und ihre Auswirkungen sowie eine Auseinandersetzung mit Klimapolitik und -maßnahmen, wobei ein Schwerpunkt auf die Gesundheit der Weltbevölkerung gelegt wird. Der ESOTC enthält auch aktuelle Informationen zur langfristigen Entwicklung der wichtigsten Klimaindikatoren.

Schlüsselerkenntnisse zu den Temperaturen in Europa:

• Abhängig vom betrachteten Datensatz war 2023 das wärmste oder zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.
• Die Temperaturen in Europa lagen in 11 Monaten des Jahres über dem Durchschnitt, worunter auch der wärmste September seit Beginn der Aufzeichnungen fiel.
• 2023 gab es eine Rekordzahl von Tagen mit „extremer Hitzebelastung“. Die Zahl der Tage mit mindestens „schwerer Hitzebelastung“ nimmt zudem in ganz Europa zu.
• Die hitzebedingte Sterberate ist in den letzten 20 Jahren um rund 30 Prozent gestiegen, und die Zahl der hitzebedingten Todesfälle hat in 94 Prozent der überwachten europäischen Regionen zugenommen.

Wichtigste Ergebnisse zur Europäischen Klimapolitik und zu gesundheitlichen Maßnahmen:

• Die Zahl der gesundheitsschädlichen Auswirkungen extremer Wetter- und Klimaereignisse nimmt zu.
• Die Erkenntnisse der letzten zehn Jahre zeigen, dass die Öffentlichkeit, gefährdete Gruppen und einige Gesundheitsdienstleister das Risiko von Hitze im Allgemeinen gut kennen, zugleich aber zu gering einschätzen.
• Initiativen wie das Climate Watch System des Regionalen Klimazentrums der WMO und andere Frühwarnsysteme schärfen das Bewusstsein für vorhergesagte Extremereignisse, um die Präventionsbereitschaft der Gesellschaft zu verbessern.
• Gesundheitsrisiko und Anpassung sind von Land zu Land unterschiedlich.
• Maßgeschneiderte Klimadienstleistungen für den Gesundheitssektor tragen wirksam zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit bei und bieten ein erhebliches Entwicklungspotenzial.
• Die Anpassung des Gesundheitswesens kann auf etablierten Infrastrukturen des aufbauen, der bisherige Fortschritt hält sich auf diesem Gebiet jedoch in Grenzen.

Zentrale Ergebnisse zum europäischen Ozean:

• Die durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur für die Ozeane in Europa war im gesamten Jahr die höchste seit Beginn der Aufzeichnungen.
• Im Juni wurde der Atlantische Ozean westlich von Irland und um das Vereinigte Königreich herum von einer Hitzewelle heimgesucht, die als „extrem“ und in einigen Gebieten als „äußerst extrem“ eingestuft wurde, mit Meeresoberflächentemperaturen von bis zu 5°C über dem Durchschnitt.

Zentrale Ergebnisse zu den hydrologischen Variablen in Europa:

• Im Jahr 2023 fielen in Europa insgesamt etwa 7 Prozent mehr Niederschläge als im Durchschnitt.
• Innerhalb des gesamten europäischen Flussnetzes waren die Abflussmengen im Durchschnitt im Dezember die höchsten seit Beginn der Aufzeichnungen, wobei in fast einem Viertel des Flussnetzes „außergewöhnlich hohe“ Abflussmengen verzeichnet wurden.
• Im Jahr 2023 wurde in einem Drittel des europäischen Flussnetzes die Hochwasserschwelle überschritten und in 16 Prozent die Schwelle für ein „schweres“ Hochwasser.

Wichtigste Ergebnisse zu erneuerbaren Energiequellen:
• 2023 erreichte der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Europa mit 43 Prozent einen Rekordwert.
• Die verstärkte Sturmaktivität von Oktober bis Dezember führte zu einem überdurchschnittlichen Potenzial für die Windenergieerzeugung.
• Das Potenzial für die Stromerzeugung aus Wasserkraft war in weiten Teilen Europas für das gesamte Jahr überdurchschnittlich hoch, was auf überdurchschnittliche Niederschläge und Flussläufe zurückzuführen ist.
• Das Potenzial für die photovoltaische Stromerzeugung war im gesamten Jahr in Nordwest- und Mitteleuropa unterdurchschnittlich und in Südwest- und Südeuropa sowie in Fennoskandien überdurchschnittlich.

Die wichtigsten Erkenntnisse zu Schnee und Gletschern in Europa:

• In weiten Teilen Europas gab es weniger Schneetage als im Durchschnitt, insbesondere in Mitteleuropa und in den Alpen im Winter und Frühjahr.
• In den Alpen kam es 2023 zu einem außergewöhnlichen Gletschereisverlust, der mit einer unterdurchschnittlichen Schneeakkumulation im Winter und einer starken Sommerschmelze aufgrund von Hitzewellen zusammenhing.
• In den Jahren 2022 und 2023 haben die Gletscher in den Alpen rund 10 Prozent ihres verbleibenden Volumens verloren.

Wichtigste Ergebnisse zur Arktischen Region:
• Das Jahr war das sechstwärmste in den Aufzeichnungen für die Arktis als Ganzes. Für das arktische Festland war es das fünftwärmste, knapp hinter 2022. Die fünf wärmsten Jahre in den Aufzeichnungen für das arktische Festland sind alle seit 2016 aufgetreten.
• Die arktische Meereisausdehnung blieb während des größten Teils des Jahres 2023 unter dem Durchschnitt. Bei ihrem jährlichen Maximum im März lag die monatliche Ausdehnung 4 Prozent unter dem Durchschnitt und war damit die fünftniedrigste in den Aufzeichnungen. Bei ihrem jährlichen Minimum im September lag die monatliche Ausdehnung mit 18 Prozent unter dem Durchschnitt an sechster Stelle.
• Die gesamten Kohlenstoffemissionen aus Waldbränden in den subarktischen und arktischen Regionen waren die zweithöchsten seit Beginn der Aufzeichnungen. Die meisten Waldbrände in hohen Breiten traten in Kanada zwischen Mai und September auf.

Carlo Buontempo, Direktor der C3S, erklärt dazu : „Im Jahr 2023 gab es in Europa den größten jemals aufgezeichneten Waldbrand, eines der feuchtesten Jahre, schwere marine Hitzewellen und weit verbreitete verheerende Überschwemmungen. Die Temperaturen steigen weiter an, so dass unsere Daten für die Vorhersage der Auswirkungen des Klimawandels immer wichtiger werden.“

Europäisches Klima in einer stetig wärmeren Welt

Europa ist keine Ausnahme, wenn es um die Folgen des Klimawandels geht. Es ist der Kontinent, der sich am schnellsten erwärmt, wobei die Temperaturen etwa doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt steigen. Die drei wärmsten Jahre, die für Europa aufgezeichnet wurden, traten alle seit 2020, die zehn wärmsten seit 2007 auf.

Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Menschen in Europa

Der ESOTC-Report unterstreicht die tiefgreifenden Auswirkungen von Hitzestress auf die öffentliche Gesundheit. Hitzestress ist ein Maß dafür, wie der menschliche Körper auf die Auswirkungen hoher Temperaturen in Kombination mit anderen Faktoren wie Feuchtigkeit und Windgeschwindigkeit reagiert. Längerer Hitzestress kann bestehende Gesundheitszustände verschlimmern und das Risiko hitzebedingter Krankheiten wie Hitzeerschöpfung und Hitzschlag erhöhen, insbesondere bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen.

In den letzten 20 Jahren ist die hitzebedingte Sterberate um rund 30 Prozent gestiegen, und Schätzungen zufolge hat die Zahl der hitzebedingten Todesfälle in 94 Prozent der überwachten europäischen Regionen zugenommen. Dieser Trend ist besonders besorgniserregend, da es in Europa immer mehr Tage mit mindestens „starker Hitzebelastung“ gibt und im Jahr 2023 eine Rekordzahl von Tagen mit „extremer Hitzebelastung“ verzeichnet wurde.

Neben den Herausforderungen, die Hitzewellen für die Gesundheit mit sich bringen, gibt es weitere extreme Wetterereignisse, die die Menschen in Europa im Jahr 2023 schwer getroffen haben. Nach vorläufigen Schätzungen der Internationalen Katastrophendatenbank (EM-DAT) für 2023 kamen im vergangenen Jahr in Europa leider 63 Menschen durch Stürme, 44 durch Überschwemmungen und 44 durch Waldbrände ums Leben. Die wetter- und klimabedingten wirtschaftlichen Verluste werden für das Jahr 2023 auf mehr als 13,4 Milliarden Euro geschätzt.

Hitzewellen ohne Ende

Nordwesteuropa erlebte den wärmsten Juni seit Beginn der Aufzeichnungen, während in den Mittelmeerregionen überdurchschnittlich hohe Niederschläge verzeichnet wurden. Im Juli kehrte sich dieses Muster fast um. Im August war es in Südeuropa überdurchschnittlich warm, und der September war der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen für ganz Europa. Ein Großteil Europas wurde während des langen Sommers von Hitzewellen heimgesucht, und sowohl im August als auch im September kam es zu schweren Hochwasserereignissen. Auf dem Höhepunkt der Hitzewelle im Juli waren 41 Prozent Südeuropas von „starkem Hitzestress“ betroffen, der sich auch auf die Gesundheit auswirken kann.

Weitverbreitete Überschwemmungen in ganz Europa

Im Jahr 2023 wurde in einem Drittel des europäischen Flussnetzes die Hochwasserschwelle und in 16 Prozent die Schwelle für schweres Hochwasser überschritten. In großen Flusseinzugsgebieten, darunter in der Loire, im Rhein und in der Donau, wurden aufgrund einer Reihe von Stürmen zwischen Oktober und Dezember Rekordabflüsse oder rekordverdächtige Abflüsse verzeichnet. Nach vorläufigen Schätzungen der Internationalen Katastrophendatenbank (EM-DAT) waren im Jahr 2023 schätzungsweise 1,6 Millionen Menschen in Europa von Überschwemmungen betroffen und verursachten rund 81 Prozent der klimabedingten wirtschaftlichen Verluste des Jahres auf dem Kontinent.

Das europäische Klima und das Potenzial für erneuerbare Energien

Die Überwachung von Wind, Sonneneinstrahlung und hydrologischen Variablen ist für die wirksame Umsetzung der Klimapolitik in Europa von entscheidender Bedeutung, da sie wesentliche Daten für die Optimierung der Erzeugung erneuerbarer Energien und die Verringerung der Kohlenstoffemissionen liefert. Durch das Verständnis der regionalen Unterschiede bei diesen erneuerbaren Ressourcen können die politischen Entscheidungsträger gezielte Strategien entwickeln, um den Übergang zu nachhaltigen Energiequellen zu beschleunigen und so sowohl den Umweltschutz als auch das Wirtschaftswachstum zu fördern.

Im Jahr 2023 stammte ein Rekordanteil der tatsächlichen Stromerzeugung in Europa mit 43 Prozent aus erneuerbaren Quellen, verglichen mit 36 Prozent im Jahr 2022. Das zweite Jahr in Folge hat die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien die Erzeugung aus umweltschädlichen fossilen Brennstoffen überholt.

Mauro Facchini, Leiter des Referats für Erdbeobachtung in der Generaldirektion für Verteidigungsindustrie und Raumfahrt (DG DEFIS) der Europäischen Kommission, kommentiert hierzu: „Robuste Umweltinformationen, die durch Daten aus dem Copernicus-Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union untermauert werden, zeigen bedeutende Veränderungen auf unserem Planeten auf. Die im European State of the Climate Report präsentierten Daten sind alarmierend, aber diese Forschung ist auch ein wichtiges Instrument für unsere Ziele, den Übergang zu nachhaltiger Energie erfolgreich zu gestalten, die Netto-Treibhausgasemissionen zu reduzieren und bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden.


Ein weiteres Jahr mit außergewöhnlicher Gletscherschmelze in den europäischen Alpen

Im Jahr 2023 gab es in Europa unterdurchschnittlich viele Schneetage, insbesondere in Mitteleuropa und in den Alpen im Winter und im Frühjahr. Zusammen mit den hohen Temperaturen im Sommer hat dies zu einem Nettoverlust an Gletschereis in allen Teilen Europas geführt. Das drastischste Beispiel hierfür sind die Alpen, wo die Gletscher in den Jahren 2022 und 2023 rund 10 Prozent ihres verbleibenden Volumens verloren haben.


Zusammenfassung des Berichts


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /