© oekonews
© oekonews

Geleaktes EU-Dokument enthüllt strategischen Plan zur Schwächung der europäischen Klimaziele

Ein geleakter Entwurf des Europäischen Rats legt die strategische Agenda der EU für die nächsten fünf Jahre offen. We Don't Have Time hat das Dokument veröffentlicht, das Europas Klimaagenda erschreckend herunterspielt.

© succo pixabay.com
© succo pixabay.com

We Don't Have Time hat einen geleakten Entwurf der strategischen Agenda des Europäischen Rates für 2024-2029 erhalten. Nach seiner Annahme würde dieses hochrangige Dokument die wichtigsten politischen Prioritäten der EU nach den Wahlen 2024 definieren.
Für alle, der sich über Handeln gegen die Klimakrise Sorgen machen, ist das Dokument ein Schock!

Die strategische Agenda der Europäischen Union legt fest, wie Ziele erreicht werden sollen. Die aktuelle Agenda für 2019–2024 hat vier Hauptprioritäten. Eine Wichtige davon ist der Aufbau eines klimaneutralen, grünen, gerechten und sozialen Europas.
Diese Wichtigkeit war treibende Kraft hinter dem europäischen Grünen Deal und Hauptgrund für das Handeln Europa in Sachen Klimaschutz. Doch das könnte sich drastisch ändern.
Der durchgesickerte Entwurf enthält keine Hauptpriorität der EU zum Thema Klima. Die Überschrift zu "klimaneutrales Europa" wurde gestrichen und das Wort „Klima“ wird im gesamten Dokument nur zweimal erwähnt.
Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, erklärte am 2. April bei einer Pressekonferenz, dass gemeinsam eine Reihe klarer Prioritäten festgelegt worden sei, die auf die Verwirklichung eines gemeinsamen Ziels, und zwar einer starken, wohlhabenden und demokratischen Union, hinauslaufen. Das geleakte Dokument zeigt was diese neuen Prioritäten sind. Die vorhergehende Agenda legte sich auf Intensivierung von Klimaschutzmaßnahmen auf mehreren Ebenen fest, um sicherzustellen, dass mit EU-Politik die in Paris festgelegten Ziele erreicht werden. Im neuen Dokument wird diese Notwendigkeit dringender Klimaschutzmaßnahmen nicht erwähnt. Es ist die Rede davon „Innovation und Forschung zu fördern, auch im Bereich der Verteidigung, und Europa auf dem Weg zur Klimaneutralität zu begleiten“. Außerdem heißt es, Europa solle sich „auf die neuen Realitäten vorbereiten, die sich aus dem Klimawandel ergeben“.
Kein Wort mehr darüber, wie der Green Deal die Wettbewerbsfähigkeit Europas steigert und das er tausende neuer Arbeitsplätze schafft; nichts über Umweltverschmutzung, Natur und Artenvielfalt; nichts über Gesundheit und nichts über die Notwendigkeit dringender Klimaschutzmaßnahmen, um die Emissionen rechtzeitig zu senken.

Dabei sind Klimaschutzmaßnahmen so dringend wie noch nie, wie nicht nur europäische Wissenschaftsorganisationen und der IPCC-Bericht aufzeigen Simon Stiell, Exekutivsekretär des UN-Klimarats, sagte vor wenigen Tagen: „Die nächsten zwei Jahre sind entscheidend, um unseren Planeten zu retten. Wir haben noch die Chance, die Treibhausgasemissionen mit neuen Klimaplänen zu senken. Aber wir brauchen jetzt strengere Pläne.“

Ingmar Rentzhog, CEO und Gründer von We Don’t Have Time, meint, der Inhalt des geleakten Dokuments sei äußerst besorgniserregend. „Es ist offensichtlich, dass mächtige Interessengruppen der fossilen Brennstoffe einen starken Einfluss auf die politische Führung in vielen europäischen Ländern haben. Aber was dieses Mal besonders beunruhigend ist, ist, dass es ihnen anscheinend gelingt, die Klimaagenda der EU bereits vor den bevorstehenden EU-Wahlen herunterzuspielen.“

Einziger Vorteil: Der geleakte Entwurf der strategischen Agenda der EU ist derzeit noch ein internes Arbeitsdokument und kann noch vehement verbessert werden. Es hängt von den EU-Wahlen ab, soviel ist fic. Aber: Der Entwurf hat bereits die ersten beiden Phasen durchlaufen! Die erste war die Absichtserklärung, die Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, am 23.6.2023 an die Staats- und Regierungschefs sandte. Die zweite war die Erklärung von Granada, die am 6.10.2023 von den Mitgliedstaaten angenommen wurde.

Der nächste wichtige Schritt ist der informelle Ratsgipfel am 17. April in Brüssel. Bei diesem Gipfel könnten die EU-Staats- und Regierungschefs eine weitere Erklärung verabschieden. Ansonsten wird das Dokument auf dem Gipfel des Europäischen Rates am 27. und 28. Juni endgültig verabschiedet, etwa drei Wochen nach den Europawahlen vom 6. bis 9. Juni.
Sobald die Wahlergebnisse vorliegen, wird Charles Michel den endgültigen Text zur Unterzeichnung durch die Mitgliedstaaten erstellen. Dann könnte die Lage noch besorgniserregender werden.
Mehrere Umfragen bisher zeigen, dass die EU-Wahl gerade jenen Parteien, die bereits jetzt für eine geschwächte Klimaagenda in Europa lobbyieren, deutlich mehr Macht bringen könnte. Aber noch ist Zeit dafür, die Staats- und Regierungschefs der EU aufzufordern, diesen Entwurf zu überarbeiten und den Klimaschutz wieder als oberste Priorität in die strategische Agenda aufzunehmen.

Falls Ihnen eine starke Klimaagenda und ein Green Deal ein Anliegen ist: Geben Sie die Infos zu dem geleakten Dokument weiter! UND: Gehen Sie wählen! Stimmen Sie im kommenden Europaparlament für das Klima. Informieren Sie sich über die Kandidaten und stimmen Sie für jene, die eine ehrgeizige Klimaagenda unterstützen und vorantreiben wollen.

Hintergrund zur STRATEGISCHEN AGENDA DER EU

Alle fünf Jahre einigen sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf die künftigen politischen Prioritäten der EUt. Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Initiative unter der Leitung des Präsidenten des Europäischen Rates, bei der die Staats- und Regierungschefs gemeinsam diskutieren und Entscheidungen treffen. Sie findet im Rahmen der Wahlen zum Europäischen Parlament und vor der Ernennung jeder Europäischen Kommission statt.
Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, leitet diesen Prozess, unter Einbeziehung aller Staats- und Regierungschefs der EU-Länder. Die Verabschiedung der strategischen Agenda ist für Juni 2024 geplant.

 Geleakter Entwurf der strategischen Agenda des Europäischen Rates für 2024-2029


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /