© IPPNW / Protest mit Märchenschloss und Fabelwesen in Brüssel
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Protest am ersten Atomgipfel in Brüssel gegen die „Atom-Fantasien“ der IAEA

Atomlobby will Klimaschutz-Gelder in den Atomsektor umleiten

Anlässlich des in Brüssel erstmalig stattfindenden Atomgipfels der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA haben mehr als 600 Umwelt-, Klimaschutz-, Friedens-, und Menschenrechts-Organisationen aus über 50 Ländern eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet. Die Unterzeichner*innen fordern die Regierungen weltweit auf, im Kampf gegen die Klimakrise wertvolle Zeit und Geld nicht mit den Fantastereien der internationalen Atomlobby zu verschwenden, sondern stattdessen mit dem Übergang zu einem System auf Basis von 100 Prozent erneuerbaren Energien in eine „sichere, bezahlbare und klimafreundliche Energie für alle“ zu investieren. Zu den Unterzeichner*innen gehören neben der IPPNW unter anderem Greenpeace, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der WWF und das Bündnis Don't Nuke the Climate (DNTC).

Die Erklärung der NGOs richtet sich gegen die Atomlobby und die IAEA, die unter dem Deckmantel des Klimaschutzes versuchen, öffentliche und private Investitionen in den Atomsektor zu lenken. Bereits am Rande der Weltklimakonferenz hatte eine Koalition von 22 Staaten erklärt, die weltweiten Atomkapazitäten bis 2050 verdreifachen zu wollen. Der jetzt in Brüssel stattfindende Atomgipfel der IAEA steht in direktem Zusammenhang mit dieser Ankündigung der Gruppe, der unter anderem die Atomwaffenstaaten Frankreich, Großbritannien und die USA, sowie Polen und die Niederlande angehören. Die Atomenergiebehörde selbst ist gemäß ihren Statuten dazu verpflichtet, für die Verbreitung der zivilen Atomenergie-Nutzung zu werben.

Hierzu erklärt die IPPNW-Vorsitzende Angelika Claußen: „Die Behauptung, man könne die globalen Atomkapazitäten innerhalb von 26 Jahren verdreifachen, ist nicht nur industriepolitisch völlig unrealistisch, sie ist auch gefährlich. Alle Bestrebungen in den Erhalt der Atomkraft, gehen auf Kosten des Klimaschutzes. Der Bau von Atomkraftwerken ist teuer, langwierig und riskant. Wenn Staaten Zeit und Geld in diese überlebte Nischentechnologie stecken, verpassen sie die einzig realistische Chance, die wir in der Klimakrise haben: Wir brauchen einen konsequenten Umbau unseres Energiesystems auf Basis von 100 Prozent erneuerbaren Energien.“

Frankreichs Atomsektor ist mit fast 70 Milliarden Euro verschuldet. Atomenergie ist die teuerste aller verfügbaren Energiequellen und nur mit staatlichen Subventionen realisierbar. Für eine Verdreifachung der weltweiten nuklearen Kapazitäten bis 2050 müssten laut Don't Nuke the Climate jedes Jahr zwischen 26 und 28 AKW in Betrieb genommen werden. Die Atomindustrie ist jedoch nicht einmal in der Lage, bestehende Kapazitäten zu erhalten. Atomkraft ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch ein Irrweg. Es ist kein Zufall, dass alle Staaten, die dennoch Atomkraftwerke betreiben, Atomwaffen besitzen, ihren Besitz anstreben oder Teil von militärischen Bündnissen mit Atomwaffenstaaten sind.

„Ein Aspekt, der in der Debatte um den Ausbau der Atomenergie systematisch ausgeblendet wird, sind die zivil-militärischen Verflechtungen innerhalb des Nuklearsektors. Diese Verflechtungen sind der eigentliche Grund, warum Staaten sich eine Technologie leisten, die kommenden Generationen nicht nur einen Atommüllberg, sondern auch einen riesigen Schuldenberg hinterlässt. Die zivile Atomtechnologie finanziert den Bau und die Modernisierung von Atomwaffen. Sie sorgt für das Knowhow und die Infrastruktur, die für den Erhalt und den Ausbau des nuklearen Militärsektors benötigt werden. Oder auf den Punkt gebracht: Es gibt keine Atomwaffen ohne Atomkraftwerke und umgekehrt“, erläutert Angelika Claußen.

Konkret sichtbar wird dieser Zusammenhang auch in einer Erklärung des französischen Verteidigungsministeriums. Zukünftig sollen zwei Reaktoren des AKW Civaux neben Strom auch Tritium für militärische Zwecke produzieren. Tritium wird als Zündstoff für Atomwaffen eingesetzt.

Dr. Ernest Moniz, Minister für Energie und Nuklearsicherheit unter Barack Obama, nimmt an der IAEA Konferenz teil. Er ist einer der führenden Atomlobbyisten. „Das gesamte US-amerikanische Atomunternehmen – Waffen, Bootsantrieb, Nichtverbreitung, Anreicherung, Brennstoffproduktion und Verhandlungen mit internationalen Partnern – hängt von einer robusten zivilen Atomindustrie ab“, so Moniz.

Ein internationales Bündnis aus Umwelt-, Klimaschutz- und Friedensaktivist*innen konfrontiert die Veranstalter und die erwarteten hochrangigen politischen Gäste des Atom-Gipfels mit einer bunten Protest-Aktion und Kundgebung mit Sprecher*innen von u.a. IPPNW, Greenpeace und Don't Nuke the Climate. Die Aktion mit aufblasbarem Märchenschloss und Fabelwesen findet in der Nähe des Atomiums statt.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /