©  Christoph Glanzl / Global 2000
© Christoph Glanzl / Global 2000

AKW Krsko-Laufzeitverlängerung: Tricksen und Schönrechnen - Beteiligung als Farce

GLOBAL 2000-Lokalaugenschein im Reaktor: Sicherheitsupgrades nicht umgesetzt, diskriminierendes Verfahren schließt Bürger:innen aus

Die Laufzeit des einzigen europäischen AKW innerhalb einer roten Erdbeben-Risikozone wurde von den zuständigen slowenischen Behörden im Jänner 2023 um 20 Jahre verlängert - mittlerweile liegen die übersetzten Unterlagen vor.

"Die Analyse des Entscheids und des Verfahrens zeigt Formfehler und Tricksereien", sagt Reinhard Uhrig, Anti-Atom-Sprecher von GLOBAL 2000. "Anlässlich der behaupteten Sicherheitsversprechen waren wir für einen Lokalaugenschein in Krsko - hier regiert aus wirtschaftlichen Gründen das Prinzip Hoffnung, dass schon kein schweres Erdbeben den altersschwachen Reaktor vernichtet."

Prozess von hinten gestartet - zuerst genehmigen dann prüfen Der Entscheid des slowenischen Ministeriums schreibt vor, dass ein Aktionsplan für die dritte periodische Sicherheitsüberprüfung zu erstellen ist und eine Aktualisierung der seismischen Sicherheitsanalyse vorzulegen ist - aber erst bis Ende 2023, während die Genehmigung zum Weiterbetrieb des Reaktors schon jetzt erteilt wurde. Neu entdeckte Sicherheits-Risiken sollen dann erst in den nächsten Jahren behoben werden.

Der Entscheid basiert auf völlig veralteten Risikoanalysen, die 2004 veröffentlicht wurden und damit älter als 19 Jahre sind. Im Entscheid wird behauptet, dass "nach den vorläufigen Ergebnissen der neuen PSHA" (Periodic Safety Hazard Analysis, seismische Sicherheitsanalyse) "nicht zu erwarten" sei, dass neue Erkenntnisse zum Erdbeben-Risiko gefunden werden. Dabei ist die Studie weder abgeschlossen, noch peer reviewed, noch veröffentlicht und kann nicht durch eine unabhängige Überprüfung bestätigt oder widerlegt werden.

"Nach einem sicherheitsbasierten Herangehen muss natürlich zuerst eine Analyse der Schwachstellen erfolgen, dann müssen Sicherheits-Upgrades erfolgen, bevor ein AKW eine Genehmigung erhalten kann", sagt Uhrig. "Das von den slowenischen Behörden durchgeführte Vorgehen zäumt das Atom-Pferd von hinten auf."

Diskriminierendes Vorgehen bei Bürger:innenbeteiligung

Die grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die Laufzeitverlängerung kam überhaupt erst auf Druck von GLOBAL 2000 und seiner slowenischen Partnerorganisation Focus zustande. Im Verfahren wurde aber den Nachbarländern nicht mitgeteilt, dass zunächst um Parteienstellung in Slowenien angesucht werden muss - die Stellungnahmen und Einsprüche von GLOBAL 2000 und den über 6200 Menschen, die durch ein Beteiligungs-Tool Stellung genommen haben, haben daher keine Rechtsverbindlichkeit.

"Uns wurde ein mustergültiger, offener und transparenter Beteiligungsprozess versprochen", so Uhrig. "Was wir statt dessen bekommen haben ist eine Farce: Versprechen von angeblicher Sicherheit, Schönfärberei und Singen im Wald - und gleichzeitig durch Formfehler keine Rechtssicherheit in den Stellungnahmen. Wir werden bei der EU-Kommission Beschwerde einlegen gegen dieses diskriminierende Vorgehen, dass klar den Vorgaben der UVP-Richtlinie der EU widerspricht."

Reform der nationalen Atomaufsichten nötig

Auch am Beispiel der Krsko-Laufzeitverlängerung zeigt sich, dass das Modell der nationalen Atombehörden, die ausschließlich für Betrieb oder Abschaltung zuständig sind, nicht funktioniert: Gravierende Einsprüche der Nachbarstaaten zur Erdbebensicherheit eines alten Reaktors werden mit Verweis auf veraltete Daten und unfertige, unveröffentlichte Studien abgewiegelt, grenzüberschreitende Auswirkungen eines Störfalls werden geleugnet. "Wir fordern die Bundesregierung auf, sich mit Reformvorschlägen für internationale Kontrollen von Atomanlagen an die zuständigen europäischen Gremien zu wenden - im Interesse der Sicherheit der Menschen in Österreich und in ganz Europa", so Uhrig.



Verwandte Artikel:


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /