© Chalmers University/ Professor Liu erklärt, wie das neue System funktioniert
© Chalmers University/ Professor Liu erklärt, wie das neue System funktioniert

Neue Technologie ermöglicht Laden von leistungsstarken Elektrofähren und großen E-Fahrzeugen

Rasches und unkompliziertes Induktives Laden möglich

Forscher der Chalmers University of Technology in Schweden, haben induktive Ladetechnik weiter vorangetrieben, um das Laden von Hochleistungsbatterien ohne menschliche Beteiligung oder einen Roboterarm zu ermöglichen. Die Technologie ist bereit für sofortigen Einsatz in der Industrie.

Ein neuartiger Siliziumkarbid-Halbleiter und ein neu entwickelter Kupferdraht so dünn wie ein menschliches Haar. Diese beiden Faktoren haben die Übertragung hoher Leistung durch die Luft plötzlich zu einem realistischen Angebot gemacht.

Induktives Laden - Ganz neu

Elektrische Zahnbürsten tun dies seit Jahrzehnten. Und in den letzten Jahren haben Mobiltelefone und andere tragbare Elektronikgeräte die Technologie aufgegriffen. Doch bislang schien die kabellose Lademöglichkeit für die hohe Leistung von Elektrofahrzeugbatterien zu komplex und ineffektiv.

Allerdings scheint das induktive Laden dann den Durchbruch geschafft zu haben, wenn häufiges Laden erforderlich ist und die Umgebung anspruchsvoll ist, z. B. für eine städtische Elektrofähre.

Laden Sie ohne menschliche Hilfe oder einen Roboterarm auf

Elektrische Fähren, die regelmäßig städtische Wasserstraßen durchqueren, brauchen nun keine menschliche Hilfe oder einen Roboterarm mehr, um ihre Batterien aufzuladen. Gleiches gilt für Stadtbusse oder fahrerlose Elektrofahrzeuge, die in Industrie, Bergbau und Landwirtschaft eingesetzt werden.

Yujing Liu, Professor für elektrische Energietechnik an der Fakultät für Elektrotechnik in Chalmers, konzentriert sich besonders auf die Elektrifizierung des Verkehrssystems.

„Sie können ein System in den Kai einbauen lassen, das die Fähre an einigen Haltestellen auflädt, während die Passagiere ein- und aussteigen. Automatisch und völlig unabhängig von Wetter und Wind kann 30-40 Mal pro Tag geladen werden. Dies ist wahrscheinlich die naheliegendste Anwendung“, sagt Professor Liu.

„Auch für die Elektro-Lkw der Zukunft gibt es eine mögliche Anwendung. Das Problem ist dann, dass das Laden dieser mit ausreichend hoher Leistung dazu führt, dass das Ladekabel sehr dick, schwer und schwierig zu handhaben ist.“

Neue Möglichkeiten durch Fortschritte bei den Materialien

Laut Liu ist es die rasante Entwicklung einer Handvoll Komponenten und Materialien in den letzten Jahren, die neue Möglichkeiten eröffnet hat. „Entscheidend ist, dass wir jetzt Zugang zu Hochleistungshalbleitern auf Basis von Siliziumkarbid haben, den sogenannten ‚SiC-Bauelementen‘. Als Stromquelle für elektronische Produkte sind diese erst seit wenigen Jahren auf dem Markt. Sie ermöglichen uns, im Vergleich zu herkömmlichen Komponenten auf Siliziumbasis, höhere Spannungen, höhere Temperaturen und viel höhere Schaltfrequenzen zu verwenden“, sagt er.

Dies ist wichtig, da es die Frequenz des Magnetfelds ist, die begrenzt, wie viel Leistung zwischen zwei Spulen einer bestimmten Größe übertragen werden kann.

Frequenzen viermal höher

„Bisherige Systeme zum drahtlosen Laden von Fahrzeugen haben Frequenzen von etwa 20 kHz verwendet, ähnlich wie bei einem normalen Kochfeld. Sie wurden sperrig und die Energieübertragung war nicht sehr effizient. Jetzt arbeiten wir mit viermal höheren Frequenzen. Damit wird Induktion attraktiv“, erklärt Liu. Seine Forschungsgruppe steht in engem Kontakt mit den beiden weltweit führenden Herstellern von SiC-Modulen.

„Bei diesen läuft eine rasante Produktentwicklung hin zu noch höheren Strömen, Spannungen und Leistungen. Alle zwei bis drei Jahre kommen neue Versionen auf den Markt, die länger dauern können. Solche Komponenten sind wichtige „Enabler“ mit vielfältigen Anwendungen in Bereichen wie Elektrofahrzeugen. Also nicht nur für induktives Laden.“

Ein weiterer neuer Technologiesprung betrifft die Kupferdrähte in den Spulen, die das oszillierende Magnetfeld senden und empfangen, das die eigentliche Brücke für den Energiefluss über den Luftspalt bildet. Ziel ist es, eine möglichst hohe Frequenz zu verwenden. „Das funktioniert nicht mit gewöhnlichen Kupferschleifenspulen. Das würde bei hoher Frequenz zu sehr großen Verlusten führen“, ist Liu überzeugt.

Die neuen Spulen bestehen aus geflochtenen „Kupferseilen“. Diese bestehen aus bis zu 10.000 Kupferfasern, jede zwischen 70 und 100 Mikrometer dick, ähnlich einer Haarsträhne. Diese Geflechte aus sogenannten Litzen sind für hohe Ströme und Frequenzen optimiert und erst seit wenigen Jahren kommerziell erhältlich.

Ein drittes Beispiel, das Liu hervorhebt, ist ein neuer Kondensatortyp, der verwendet wird, um Blindleistung hinzuzufügen. Dies ist Voraussetzung, damit die Spule ein ausreichend starkes Magnetfeld aufbauen kann. Andererseits ist das Magnetfeld auch zwischen Ladeplatten noch sehr schwach. Das Streufeld nimmt dramatisch ab, wenn der Abstand von den Aufladeplatten zunimmt. Innerhalb von etwa einem halben Meter verringert sie sich auf das international geforderte Maß für die öffentliche Exposition.

Wenn wir also sagen, dass wir vom Gleichstrom in der Ladestation bis zur Batterie einen Wirkungsgrad von 98 Prozent erreicht haben, bedeutet diese Zahl möglicherweise nicht viel, wenn Sie nicht sorgfältig definieren, was gemessen wird“, meint Liu.

„Man kann es aber auch so sagen: Egal, ob man kabelgebunden oder per Induktion lädt, es entstehen Verluste. Durch den jetzt erreichten Wirkungsgrad können die Verluste beim induktiven Laden fast so gering sein wie bei einem konduktiven Ladesystem. Der Unterschied ist so gering, dass er praktisch vernachlässigbar ist. Es geht um ein oder zwei Prozent.“

Zahlen erregen Aufmerksamkeit

Er erzählt, dass die von seiner Forschungsgruppe veröffentlichten Ergebnisse viel Aufmerksamkeit erregt haben. „In dieser Leistungsklasse, zwischen 150 und 500 kW, gehören wir in puncto Effizienz wohl zu den Weltbesten.“

Liu glaubt dennoch nicht, dass Induktionsladen irgendwann das Laden mit Kabel ganz ersetzen wird. „Ich fahre selbst ein Elektroauto und sehe in Zukunft keinen Nutzen für das Induktionsladen. Ich fahre nach Hause, stecke ein … kein Problem.“

Ist kabelloses Laden eine nachhaltigere Technologie als herkömmliches Laden?

„Man sollte wohl nicht behaupten, dass die Technologie an sich nachhaltiger ist. Aber es kann die Elektrifizierung großer Fahrzeuge erleichtern und so den Ausstieg, etwa von Dieselfähren, beschleunigen."


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /