© Global 2000 / Das AKW Mochovce entspricht nicht den internationalen Vorgaben
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AKW Mochovce geht in Probebetrieb: Versagen der nationalen Atomaufsichten

GLOBAL 2000 fordert Bundeskanzler Nehammer und Energieministerin Gewessler auf, sich für Reform der nationalstaatlichen Kontroll-Hoheit einzusetzen

Gestern wurde zum ersten Mal Atombrennstoff in das slowakische AKW Mochovce 3 geladen. Das AKW ist bereits seit 37 Jahren in Bau. Die nationale Atomaufsicht hatte einen Einspruch der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 und besorgten Atomingenieuren vom Tisch gewischt und grünes Licht für den Probebetrieb gegeben. Damit sind die formellen Mittel der Zivilgesellschaft gegen die Inbetriebnahme ausgeschöpft. Technische Probleme, insbesondere mit den seit vielen Jahren eingemotteten Turbinen, Ventilen und Servos sind laut Whistleblowern jedoch weiter zu erwarten. GLOBAL 2000 hatte bereits im Februar 2022 die slowakische Atomaufsicht wegen bewusst unterlassener Kontrollen bei der slowakischen Kripo angezeigt - das Verfahren ist weiter anhängig.

"Im Fall Mochovce zeigt sich erneut, dass die eigentlich als Wachhund vorgesehene nationale Atomaufsicht laufend als Schoßhund agiert und die Hand nicht beißt, die sie füttert", sagt Dr. Reinhard Uhrig, Anti-Atom-Sprecher von GLOBAL 2000. "Enge personelle Verbindungen von früheren Mitarbeitern von Slovenska elektra¡rne in die Aufsicht schaffen auch hier ein "atomares Dorf" zwischen AKW-Konzern und Atomaufsicht. Derartige Verstrickungen verursachen blinde Flecken und gelten z.B. in Japan als Ursache für unzureichende Sicherheit und die Super-GAUs in Fukushima", kritisiert Uhrig.

Problem: Keine internationale Kontrolle mit Durchgriffsrecht

Eigentlich sollten durch die EU-Richtlinie zur Nuklearen Sicherheit ([2014/87/EURATOM] wesentliche Standards der Aufsichten in Europa gewährleistet werden. Gleichzeitig akzeptiert diese Richtlinie in vielen Fällen Doppelstandards: So müssen Atomreaktoren, deren Baubeginn vor dem 14. August 2014 lag, - wie Mochovce - wesentlich geringere Sicherheits-Standards, etwa zur Notfallbeherrschung einhalten. Gleichzeitig hat die EU kein Durchgriffsrecht im Falle von groben Regelverstößen - die Genehmigung oder der Entzug von Betriebserlaubnissen ist und bleibt Sache der nationalen Atomaufsichten.

Auch die Internationale Atomenergiebehörde IAEO hat auf internationaler Ebene kein Durchgriffsrecht und kann nur Empfehlungen abgeben: So analysiert der am Dienstag vorgestellte IAEO-Bericht zur Ukraine massive Regelverstöße im AKW Saporischschja: Die Notfall-Leitwarte ist von Militärs beschlagnahmt und für die Bedienmannschaft nicht verfügbar, Ersatzteile für die Wartung der Reaktoren fehlen seit Monaten, Diesel für Notstrom-Generatoren steht für maximal 10 Tage zur Verfügung - alles Verstöße gegen die IAEO-Grundprinzipien der nuklearen Sicherheit. Gleichzeitig kann die IAEO nicht die Abschaltung der beschädigten sechs Reaktoren verlangen - dies könnte ausschließlich der nationale Regulator SNRIU.

Nukleares Sicherheitsregime funktioniert nicht - Bundesregierung gefragt

"Das nukleare Sicherheitsregime in Europa und weltweit funktioniert offenkundig nicht, wenn nicht einmal die zuständige UN-Organisation geschweige denn die Europäische Kommission die Abschaltung von AKW verlangen kann und wenn nationale Aufsichten trotz bewusst unterlassener Kontrollen Uralt-Reaktoren wie Mochovce 3 in Betrieb gehen lassen", so Reinhard Uhrig von GLOBAL 2000. "Wir fordern Bundeskanzler Nehammer und Energieministerin Gewessler auf, das Problem-AKW Mochovce zur Chefsache zu machen, wie im Regierungsprogramm vorgesehen. Die Bundesregierung sollte umgehend das Thema bei der Vereinigung der Europäischen Aufsichtsbehörden ENSREG einbringen und sich mit Reformvorschlägen an die EU-Kommission wenden."



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /