© EC - Audiovisual Service, Mauro Bottaro
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Taxonomie – Europäisches Parlament am Zug

Rechtsakt mit Gas und Atom im Widerspruch zur Verordnung

Die Taxonomie-Verordnung und die Kriterien, die über die Delegierten Rechtsakte festgesetzt werden, waren gegen Ende des Jahres 2021 das Topthema in Brüssel. Unerwartet, denn so richtig zur Diskussion einladend ist der gemeinschaftsweit geltende Rechtsrahmen mit Kriterien zur Festlegung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können, nicht wirklich. Ebenso zentral: Das Kriterium Do-No-Significant-Harm, worin einer der zentralen Unterschiede zur einfachen Definition von CO2-armen Wirtschaftstätigkeiten und insbesondere der Energiezeugung liegt.

Zur Frage der Taxonomie-Fähigkeit von Atomkraft hatte die Technische Expertengruppe (TEG) der EU Kommission (KOM) in ihrem finalen Bericht ausgeführt, dass der Nuklearbereich weder explizit aus- noch eingeschlossen werde könne. Das interpretierten atomfreundliche Mitgliedsstaaten und Lobbyisten als Auftrag, die “echten“ Experten damit zu befassen, das sind gemeinhin die atomfreundliche IAEA, OECD/NEA und das EU-eigene Joint Research Center, welches als Plutonium-Institut gegründet wurde, daher ist klar, zu welchem Schluss dieser Bericht kam. Auf diesem basierend präsentierte die EU-Kommission zwei Stunden vor Silvester 2021 den Complementary Delegated Act, den Delegierten Rechtsakt, der der Aufnahme von Atom und Gas als Grüne Energie, wenn auch nur Überbrückungsaktivität diente. Dennoch ließen sich nicht alle überzeugen, etwa auch die Platform on Sustainable Finance nicht, deren ExpertInnen – von der EK als ihr eigenes Beratergremium eingesetzt - im Februar den umstrittenen Vorschlag überraschend klar ablehnte. Diese klare Position hat der Vorsitzend Nathan Fabian bei einer Anhörung im Ausschuss ENVI/ECON im EP auch gegenüber den Abgeordneten am 14. März vertreten. “The overall assessment of the Platform on the CDA is that the criteria for economic activities are not in line with the taxonomy regulation’s requirements (…)” und dem 1,5 Grad Ziel, welches durch die zugelassenen Kriterien für die ersten Jahre eines neues Gaskraftwerks möglich werden – wenn sie überhaupt angewendet werden, denn die Taxonomie ist nicht verpflichtend und viele Investoren in diesem Bereich haben schon abgewunken. Auch zu befürchten ist, dass diese umstrittene Aufnahme von Gas und Atom den Markt spalten wird, statt durch die eigentlich beabsichtigte Vereinheitlichung eine Liquidität im Sinne der Energietransformation zu schaffen.

Durch diese von der Europäischen Kommission absichtliche Verwechslung einer Anleitung für künftige nachhaltige Investitionen mit Versorgungssicherheit ist nicht nur ökologischer Schaden entstanden, sondern auch ökonomischer. Denn es ist gibt wieder keine Garantie, in welchen Energieformen investiert werden kann, die auch in 20 Jahren noch sinnvoll sind oder längst ein stranded asset geworden sind. Die ungelösten Probleme von Atomenergie sind hinlänglich bekannt (ungelöstes Atommüllproblem, Risiko katastrophaler Unfälle und Bauzeiten von 20 Jahren), die eingeführten Kriterien sehen etwa nur vor, dass Neubauten dann anrechenbar sind, wenn ein PLAN für ein Endlager vorgelegt wird, welches 2050 (!) eröffnet wird.

Für das EP auch ein ebenso gewichtiger Grund gegen die CDA zu stimmen ist der Art. 290 des TFEU über den Delegierten Rechtsakt, mit dem die EK eigentlich keine schwerwiegenden Entscheidungen ohne das EP etwa in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren treffen darf. Das Plenum wird im April oder September darüber abstimmen, bis dahin bleibt es spannend: Alle Fraktionen mit Ausnahme der Grünen sind darüber gespalten.

Webseite dont-nuke-the-taxonomy.eu
EU-Taxonomie: Ergänzender delegierter Rechtsakt zum Klimaschutz zur Beschleunigung der Dekarbonisierung



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Weitere Infos: EU Umweltbüro

Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /