Treibhausgasbilanz: Verbindlicher Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle ist notwendig

Für 2021 gehen die Expert:innen des Umweltbundesamts wieder von Zunahme der Treibhausgas-Emissionen um ca. 4% aus.

Die Treibhausgas-Emissionen in Österreich sind von 2019 auf 2020 um 7,7% gesunken und liegen bei 73,6 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent, so die aktuelle Treibhausgas-Bilanz des Umweltbundesamtes für das Jahr 2020. Das bedeutet ein Minus von rund 6,1 Mio. Tonnen im Vergleich zum Jahr 2019.

Vor allem die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie haben diese Entwicklung maßgeblich beeinflusst. Das Bruttoinlandsprodukt sank 2020 pandemiebedingt im Vergleich zum Jahr 2019 um rund 6,7%. Die Anstiege im Bevölkerungswachstum und bei den Heizgradtagen – zwei weitere wesentliche Einflussfaktoren für die Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen – fielen hingegen im langfristigen Trend durchschnittlich aus.

Für 2021 gehen die Expert:innen des Umweltbundesamts wieder von einer Zunahme der Treibhausgas-Emissionen um ca. 4% aus.

„Die Pandemie hat drastische Auswirkungen auf viele Wirtschafts- und Lebensbereiche mit sich gebracht. Das zeigt sich auch in der Treibhausgasbilanz 2020. Sie zeigt uns aber auch: Die Krise ersetzt keine Klimapolitik. Um unsere Emissionen nachhaltig zu verringern, braucht es mutige Entscheidungen für den Klimaschutz. Es ist gut, dass wir in der Bilanz auch erste Auswirkungen unserer Aufholjagd für den Klimaschutz sehen. Die Abschaltung des letzten Kohlekraftwerks in Österreich hat zu geringeren Emissionen geführt. Diesen Weg gilt es jetzt entschlossen weiterzugehen. In Zukunft braucht es jedes Jahr sinkende Emissionen – und zwar nicht wegen Krisen, sondern weil wir unser Klima schützen,“ so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

„Die Corona-Pandemie hat sich drastisch auf viele Wirtschafts- und Lebensbereiche ausgewirkt und damit auch zu einer Reduktion der Treibhausgas-Emissionen geführt. Für 2021 erwarten wir allerdings wieder eine Emissionszunahme – bedingt durch eine weitgehende Normalisierung in der Produktion und auch im Verkehr. Die Emissionen langfristig zu reduzieren ist dann möglich, wenn wir gemeinsam viele nachhaltig wirksame Maßnahmen umsetzen und an einer positiven Klimazukunft weiterbauen.“ meint Günther Lichtblau, Klimaexperte im Umweltbundesamt.

Corona-Pandemie als wesentlicher Faktor für die Emissionsentwicklung

Für die Bereiche Verkehr, Gebäude, Abfallwirtschaft und Landwirtschaft – das sind die Bereiche, die nicht im Emissionshandel geregelt sind – zeigt die Treibhausgas-Bilanz des Umweltbundesamtes eine Reduktion der Emissionen im Vergleich zu 2019. Die mit Abstand größte Reduktion ist pandemiebedingt im Verkehrssektor mit minus 13,5% auszumachen, bei den Energie- und Industriebetrieben außerhalb des Emissionshandels ein Rückgang von minus 2,7%. Geringe Emissionsrückgänge sind auch bei den Gebäuden, minus 0,4%, und in der Landwirtschaft, minus 0,2%, zu verzeichnen. Im Sektor Abfallwirtschaft, minus 2,8%, und bei den F-Gasen, minus 4,3%, setzen sich die abnehmenden Trends der letzten Jahre fort.

Insgesamt ergibt sich für die Emissionen, die im Klimaschutzgesetz geregelt sind, eine Emissionsreduktion von circa 7,2% bzw. rund 3,6 Mio. Tonnen.

Für die Energie- und Industrieunternehmen, die dem Emissionshandel zugeordnet sind, zeigt die aktuelle Treibhausgas-Bilanz für 2020 ebenfalls eine deutliche Reduktion von minus 8,6%. Pandemiebedingt wurde um circa 10% weniger Stahl produziert (– 0,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent). In der Energieerzeugung hingegen sanken die Emissionen im Vergleich zu 2019, bedingt durch die Stilllegung des letzten Kohlekraftwerks (– 0,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent) und der niedrigeren Stromproduktion aus Erdgaskraftwerken (– 0,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent).

Die Reduktionsziele für den Emissionshandelsbereich werden auf europäischer Ebene geregelt und sind in den nationalen Klimazielen nicht enthalten.
Die Vorgaben für die Zielperiode 2013-2020 wurden erreicht, für 2021 ist ein Anstieg zu erwarten.

Umweltschützer:innen sehen angesichts mangelnder Fortschritte bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen Handlungsbedarf

Die aktuelle Treibhausgasbilanz zeigt für die GLOBAL 2000 deutlichen Handlungsbedarf: "Zwar sind die Emissionen pandemiebedingt 2020 gesunken, seither steigen sie aber wieder. Es braucht nun rasch den Beschluss eines Erneuerbaren-Wärmegesetzes zum Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle beim Heizen und ein wirksames Klimaschutzgesetz. Die Klimabilanz und hohe Energiepreise sollten jetzt zum Anlass genommen werden, bei der Energiewende einen Zahn zulegen", so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

Erfreulich ist, dass es nicht nur pandemiebedingte Effekte gibt. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung und die Abschaltung des letzten Kohlekraftwerks im Jahr 2020 schlagen mit einer Einsparung von 800.000 Tonnen CO2 zu Buche. Dabei ist das Kohlekraftwerk Mellach noch einen großen Teil des Jahres gelaufen. Die Einsparung liegt in Summe also noch darüber. Kritisch ist aber die immer noch hohe Abhängigkeit von fossilen Energieimporten, vorwiegend durch Öl und Gas. Fossile Energieimporte machen sich derzeit auf mehrfache Weise negativ bemerkbar: Sie sind eine Belastung für die Klimabilanz, führen zu Importkosten von zuletzt 7,4 Mrd. Euro (2020) und machen uns abhängig von Ländern wie Russland, die die Menschenrechte im eigenen Land missachten und Nachbarländer bedrohen.

Mit einem raschen Beschluss eines Erneuerbaren-Wärmegesetzes kann sich Österreich hingegen unabhängig machen und vorwiegend Öl- und Gasheizungen durch klimafreundliche Heizformen ersetzen. Erneuerbares Gas kann in der Industrie die dringend benötigte Wende bringen. Weiters braucht es ein wirksames Klimaschutzgesetz, das sicherstellt, dass wir unsere Klimaziele bis 2030 auch erreichen. Dafür braucht es einen klaren Reduktionspfad und einen Sofortmechanismus, der dann greift, wenn wir den Pfad nicht einhalten. "Die Bundesregierung ist aufgefordert, wichtige Gesetzesvorhaben rasch zu beschließen, damit Österreich seine Klimaziele einhalten kann, Arbeitsplätze geschaffen werden und wir uns unabhängig von teuren Energieimporten aus autoritären Staaten und Diktaturen machen können", sagt Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

“Der Rückgang der Treibhausgase im Jahr 2020 gibt kaum Grund zum jubeln. Der Großteil der Einsparungen ist auf die coronabedingten Lockdowns zurückzuführen. Das ist keine Trendumkehr. Bereits für das Jahr 2021 ist wieder mit einem Anstieg der Emissionen zu rechnen”, zeigt Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace, auf.

Besonders problematisch: Seit 2021 gibt es in Österreich kein Klimaschutzgesetz mehr, das den Umgang mit Treibhausgasemissionen regelt. Bis 2020 war eine jährliche und kontinuierliche Reduktion an Treibhausgasen vorgesehen, die in Form von Höchstmengen im Gesetz festgehalten wurde.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /