© FFF Wien / Großdemo gegen die Lobauautobahn
© FFF Wien / Großdemo gegen die Lobauautobahn

Lobau-Autobahn: Ein klares Zeichen zum Stopp des fossilen Megaprojekts

Mehr als 5000 Menschen bei Großdemo gegen Lobautunnel: Bürgermeister Ludwig muss sich für Klimaschutz entscheiden und Bauprojekte abblasen - "Autobahn hat unter Naturschutzgebiet nichts verloren"

© FFF Wien / Klare Statements gegen einen Autobahnbau
© FFF Wien / Klare Statements gegen einen Autobahnbau
© FFF Wien / "Ihr verbaut unsere Zukunft"
© FFF Wien / "Ihr verbaut unsere Zukunft"

Heute demonstrierten tausende Menschen in der Wiener Innenstadt und appellierten an die Politik, die fossilen Großprojekte rund um die Lobauautobahn endgültig per Gesetz zu stoppen. Die Appelle richteten sich vor allem an den Wiener Bürgermeister Ludwig, der sein "Prestigeprojekt Lobautunnel" nicht aufgeben will, aber gleichzeitig Klimaneutralität verspricht. Die Demo wurde von Fridays For Future Wien organisiert, dabei waren auch zahlreiche Bürgerinitiativen und Umwelt-NGOs wie Greenpeace, Global 2000, VIRUS und WWF. Die Demo startete am Karlsplatz und ging über das Rathaus bis zum Ballhausplatz.

Die SPÖ muss sich entscheiden: mehr Klimakrise oder mehr Klimaschutz?

Mehrere zur Lobau-Autobahn erstellten Studien zeigen, dass diese zu keiner Verkehrsentlastung führen würde: Wer also heute regelmäßig im Stau auf der Südosttangente steht, wird das auch nach der Fertigstellung des Lobautunnels müssen. Nicht einmal die von der Stadt Wien in Auftrag gegebenen, von Fridays For Future Wien als "Pseudo-Studien" bezeichneten Studien, deren Argumentation mehr oder weniger zurechtgebogen wurden, um den Bau zu rechtfertigen, sprechen von einer Entlastung. Denn der Transitverkehr, der tatsächlich nur einen sehr kleinen Teil des Verkehrsaufkommens auf den Wiener Donaubrücken ausmacht, würde vervielfacht und durch das wertvolle Naherholungsgebiet Lobau geleitet werden. Die Lobau mit all ihrer Artenvielfalt und den Trinkwasserreserven wird durch den Tunnelbau gefährdet, die Weltnaturschutzorganisation IUCN drohte sogar bereits mit einer Aberkennung der Auenlandschaft als Nationalpark, wenn die Autobahn gebaut wird. "Trotzdem erzählen die politisch Verantwortlichen, darunter allen voran die SPÖ, weiterhin das Märchen von der "rettenden Lobau-Autobahn", die die Erlösung für alle verkehrsgeplagten Wiener*innen sein soll." so die Fridays-Vertreter.

Mit-Organisator Simon Pories (19) erklärt die Hintergründe der Demo so: "Die größte Angst von uns jungen Menschen ist das Versagen beim Klimaschutz. Und was macht die SPÖ? Sie will gerade jetzt, obwohl eine sozial- und klimagerechte Wende dringender denn je ist, weiter machen wie bisher und neue Autobahnen unter Naturschutzgebiete bauen. Dass der Bau des Lobautunnels jetzt entgegen aller Widerstände durchgesetzt werden soll, offenbart ein politisches System, das so krampfhaft an veralteten Grundsätzen festhält, dass dafür Fakten ignoriert und verdreht werden, Menschen falsche Hoffnungen gemacht und die Zukunft der jungen Generationen aufs Spiel gesetzt wird. Die SPÖ Wien verspricht Klimaneutralität bis 2040, doch mit dem Bau neuer Autobahnen bleibt diese Ansage nur heiße Luft. Wir jungen Menschen werden im Stich gelassen und müssen die Ignoranz der Politik später ausbaden."

Mirjam Hohl (20) appelliert, die Klimakrise endlich wie eine Krise zu behandeln und sich gegen die Bauvorhaben stark zu machen: "Stellen wir uns endlich der Realität des globalen Klimanotfalls, bevor es zu spät ist. Die größte Krise des Jahrhunderts können wir nicht mit Augenauswischerei-Maßnahmen wie Nebelduschen oder Straßenschildern aus Holz lösen. Es braucht endlich tiefgreifende Änderungen und die Einsicht, dass alles, was bisher getan wurde, nicht ausreicht. Statt Verkehrspolitik aus dem letzten Jahrhundert braucht es einen System- und Wertewandel in allen Bereichen. Wenn sich die Politik weiter ignorant zeigt, muss die Zivilbevölkerung mit anpacken. Wir sind bereit, unsere Proteste fortzuführen!"

Die globale Fridays For Future Bewegung gab heute darüber hinaus das Datum für eine nächste weltweite Mobilisierungswelle bekannt: am 24. September soll wieder weltweit gestreikt werden.

WWF fordert Stopp des fossilen Megaprojekts

Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich unterstützt den Appell der heutigen Großdemonstration und fordert den Stopp der geplanten S1-Lobau-Autobahn. "Wer eine Autobahn durch ein wertvolles Naturschutzgebiet plant, ignoriert die dringendsten Krisen unserer Zeit. Sowohl die Klima- als auch die Artenkrise werden durch die Verbauung massiv befeuert, auch die Belastung für unsere Gesundheit steigt durch Hitzestau, Lärm und Luftverschmutzung", sagt WWF-Bodenschutzexpertin Maria Schachinger und fordert: "Wir müssen dieses fossile und naturzerstörerische Megaprojekt endgültig begraben. Denn eine Autobahn hat unter einem Naturschutzgebiet nichts verloren." Der WWF begrüßt daher die von Umweltministerin Leonore Gewessler angekündigte Evaluierung großer Straßenbauprojekte als ersten Schritt in Richtung des notwendigen Stopps dieser klimaschädlichen Megaprojekte.

Aus Sicht des WWF ist die vor über 20 Jahren geplante Autobahn ein besonders negatives Beispiel für jahrzehntelange Versäumnisse in der Raumordnung und Verkehrsplanung, die dringend repariert werden müssen. Neben dem Stopp neuer Schnellstraßen und Autobahnen fordert die Umweltschutzorganisation daher einen Bodenschutz-Vertrag, der dem rücksichtslosen Flächenfraß von durchschnittlich 11,5 Hektar pro Tag in Österreich eindämmt. "Der Verkehrssektor verursacht ein Drittel der Treibhausgasemissionen und ein Drittel des Bodenverbrauchs. Anstatt die jahrzehntelange auto-zentrierten Verkehrspolitik fortzuführen, muss die Politik naturverträgliche Lösungen wie eine sozial- und klimaverträgliche Verkehrswende vorantreiben und die rücksichtslose Naturzerstörung stoppen," fordert Schachinger.

Durch Ausbau würden Verkehrsemissionen in Wien um 100.000 Tonnen jährlich steigen

Greenpeace fordert ebenfalls den sofortigen Projekt-Stopp des fossilen Mega-Projekts von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Unabhängig vom Ergebnis der geplanten Evaluierung der Lobau-Autobahn durch das Klima- und Verkehrsministerium, muss dieser die Notbremse ziehen und das umweltschädliche Bauvorhaben aufgeben. Der Ausbau der S1 würde nicht nur die klimaschädlichen Emissionen in Wien um 100.000 Tonnen jährlich erhöhen, auch der Lebensraum von bereits gefährdete Arten sowie die Trinkwasserqualität der Stadt Wien wären bedroht.

"Die Lobauautobahn ist ein stadtplanerisches Fossil der 1970er Jahre. Dieses umweltschädliche Mega-Projekt würde die Klima- und Artenkrise, in der wir uns befinden, mit massivem Tempo vorantreiben", sagt Klara Maria Schenk, Klima- und Verkehrssprecherin bei Greenpeace in Österreich. "Auch die versprochene Verkehrsentlastung für die Menschen in Wien wurde bereits als leeres Versprechen enthüllt. Es ist höchste Zeit für Bürgermeister Michael Ludwig hier die Reißleine zu ziehen. In einer "Klimamusterstadt" gibt es keinen Platz für völlig überholte Autobahnen, die durch Naturschutzgebiete getrieben werden."

Die klimaschädlichen Verkehrsemissionen, die bereits jetzt mit rund 42 Prozent der größte Treiber der Klimakrise in der Hauptstadt sind, würden horrend steigen. Auch der einzigartige und geschützte Lebensraum der Lobau und die Trinkwasserqualität der Stadt wären durch das Mega-Projekt gefährdet: Der sensible Grundwasserspiegel unter dem Augebiet, der auch zur Wasserversorgung der Millionenstadt beiträgt, soll mit einem Tunnel gigantischen Ausmaßes in der Höhe eines fünf bis sechs stöckigen Hauses durchstoßen werden. Undichte Tunnelabschnitte könnten im schlimmsten Fall zu einer Kontamination der Grundwassers mit Öl aus naheliegenden Altlasten führen und den Lebensraum von einzigartigen und teils streng geschützten Arten wie dem Seeadler, der europäischen Sumpfschildkröte oder dem Feldhamster bedrohen. "Nur mehr ein Prozent unserer Flüsse werden von natürlichen Auen wie den Donauauen begleitet. Sie sind zurecht streng geschützt. Bürgermeister Michael Ludwig muss sich jetzt entscheiden: Soll Wien weiterhin die einzige Metropole der Welt sein, die mit einem Nationalpark im Stadtgebiet hervorsticht. Oder muss dieses Naturjuwel auf Kosten einer weiteren Autobahn und damit auch des Klimaschutzes weichen. Einen Mittelweg wird es nicht geben," warnt Schenk.

Hintergrund

Die geplante S1-Lobau-Autobahn soll eine Gesamtlänge von 19 Kilometern umfassen, von denen eine Teilstrecke als acht Kilometer als Tunnel unter den Lobau-Auen geführt wird Insgesamt würde der Bau den Verlust von rund 160 Hektar intakten Grünraums mit sich bringen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /