© ÖBB/Philipp Horak / Zug
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VCÖ-Studie: Österreich hat in der Mobilität gegenüber anderen Staaten noch viel aufzuholen

Mangelnder Klimaschutz im Verkehr kommt Österreich sehr teuer

Wien - Ob bei Carsharing, E-Mobilität, Rad-Infrastruktur, Mobility as Service oder Verkehrsberuhigung - Österreich hat im Vergleich zu den Vorreitern in Europa noch einiges aufzuholen, wie eine heute veröffentlichte VCÖ-Publikation zeigt. Auch bei der Ökologisierung von Verkehrssteuern hinkt Österreich hinterher. Österreich bleibt nicht mehr viel Zeit, um die Klimabilanz des Verkehrs im nötigen Ausmaß zu verbessern, drängt der VCÖ auf die rasche Umsetzung wirksamer Maßnahmen.

"Mangelnder Klimaschutz kommt Österreich extrem teuer", stellt VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen fest. Bei einem Weiter wie bisher wird Österreich die Klimaziele klar verfehlen. Der Rechnungshof warnt in einem jüngst veröffentlichten Bericht, dass das Verfehlen der Klimaziele Österreich bis zum Jahr 2030 an die 9,2 Milliarden Euro kosten werde. Bereits jetzt schlagen sich laut WIFO und Wegener Center die Klimaschäden in Österreich mit einer Milliarde Euro pro Jahr zu Buche. Dazu kommen die externen Kosten des Verkehrs, wie etwa Umwelt- und Gesundheitsschäden und Unfallfolgekosten, die nicht von den Verursachern bezahlt werden und die Allgemeinheit belasten. Die externen Kosten durch den Pkw-Verkehr betrugen vor Covid-19 bereits rund zwölf Milliarden Euro pro Jahr.

Der Verkehr ist Österreichs größtes Klimaschutzproblem. Die Emissionen waren sogar im Coronajahr 2020 um 55 Prozent höher als im Jahr 1990, wie eine Studie des WIFO zeigt. Im Jahr 2019 verursachte der Verkehrssektor um 10,2 Millionen Tonnen mehr CO2 als im Jahr 1990 und machte damit die zum Teil mit hohen Investitionen erzielten Einsparungen der anderen Sektoren wieder zunichte. Im EU-Vergleich hat der Verkehr in Österreich pro Kopf den dritthöchsten CO2-Ausstoß. Ohne internationalen Flugverkehr lag Österreich vor Covid-19 mit 2,76 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr um 49 Prozent über dem EU-27 Durchschnitt, informiert der VCÖ.

"Verkehr auf Klimakurs zu bringen ist aber für alle Staaten eine große Herausforderung. International werden viele Maßnahmen umgesetzt. Österreich kann davon profitieren, wenn wir uns an den Besten orientieren", betont VCÖ-Expertin Rasmussen.

Um das Carsharing -Potenzial besser nutzen zu können ist ein Carsharing-Gesetz nach deutschem Vorbild nützlich. Dieses schafft eine bundesweite Ermächtigung, Abstellplätze für Carsharing und Parkgebührenbefreiung von Abstellplätzen zu ermöglichen. Innerhalb Deutschlands ist Bremen ein Vorreiter, in Belgien Gent. Die Weiterentwicklung von Carsharing ist Mobility as a Service (MaaS). MaaS bietet ein umfangreiches und vielfältiges Mobilitätsangebot, ohne ein eigenes Auto besitzen zu müssen. Routenplanung, Buchung und Abrechnung von Öffentlichem Verkehr und Sharing-Angeboten (Auto, Fahrrad, E-Bike, Scooter) erfolgt über eine App. Vorreiter bei MaaS sind Finnland und Schweden.

Großen Aufholbedarf hat Österreich bei der Rad-Infrastruktur. In den Ballungsräumen sind Radschnellwege als möglichst kreuzungsfreie Verbindung vom Umland in die Städte nötig. Vorbild ist die Großstadtregion Kopenhagen, wo es zwölf Radschnellwege mit einer Gesamtlänge von rund 200 Kilometern gibt, weitere 650 Kilometer werden errichtet. Viele Pendlerinnen und Pendler nutzen die Verbindungen. Radschnellwege gibt es unter anderem auch im Großraum London und im deutschen Ruhrgebiet. In den Niederlanden gibt es bereits seit den 1990er Jahren Fahrradstraßen.

Bei E-Pkw ist Norwegen Spitzenreiter, wo bereits mehr als die Hälfte der im Vorjahr neuzugelassenen Pkw nur Strom tanken. In der EU ist die Niederlande Spitzenreiter mit einem E-Pkw-Anteil im Jahr 2020 von 20 Prozent. "In beiden Staaten kostet nicht nur Diesel und Benzin deutlich mehr als in Österreich, auch die Zulassungssteuer beim Autokauf ist höher", berichtet VCÖ-Experte Michael Schwendinger. Beide Staaten haben zudem konkrete Ausstiegsziele, ab wann keine Neuwagen mehr mit Verbrennungsmotor verkauft werden, in Norwegen ab dem Jahr 2025, in den Niederlanden ab dem Jahr 2030.

Eine Ökologisierung des Pendelpauschales haben bereits die Schweiz, Belgien und die Niederlande umgesetzt. In der Schweiz können Fahrgäste des Öffentlichen Verkehrs die Kosten zur Gänze von der Steuer absetzen, wer hingegen mit dem Auto pendelt, nur maximal bis zu den Kosten des Öffentlichen Verkehrs. In Belgien gibt es pro Fahrrad-Kilometer 23 Cent Pendelpauschale, zusätzlich können Unternehmen eine Unterstützung von ebenfalls 23 Cent steuerfrei dazuzahlen. In den Niederlanden gibt es die Pendelpauschale nur für die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs.

Tempolimits erhöhen die Verkehrssicherheit und sind eine Klimaschutzmaßnahme, die mehr Geld spart als sie kostet. Die Staaten mit der höchsten Verkehrssicherheit in Europa haben auf Freilandstraßen und Autobahnen niedrigere Tempolimits als Österreich. Der Rechnungshof hat zuletzt darauf hingewiesen, dass laut Umweltbundesamt mit niedrigeren Tempolimits auf Freilandstraßen und Autobahnen der CO2-Ausstoß um 828.000 Tonnen pro Jahr gesenkt werden kann. Der Spritverbrauch würde um rund 330 Millionen Liter pro Jahr sinken, was bei aktuellen Preisen die jährlichen Spritkosten um rund 400 Millionen Euro pro Jahr verringern würde.

Keine Steuerbegünstigung auf Diesel gibt es in der Schweiz, ebenso in Großbritannien und Schweden. Bei der Lkw-Maut kann sich die gesamte EU ein Vorbild an der Schweiz nehmen, wo seit dem Jahr 2001 nicht nur Autobahnen, sondern das gesamte Straßennetz bemautet wird und zudem auch die externen Kosten, wie Umwelt- und Gesundheitsschäden, inkludiert sind. Punkto emissionsfreie Lieferzonen sind London und die Niederlanden Vorreiter. In den Niederlanden werden bis zum Jahr 2025 in 14 Städten emissionsfreie Lieferzonen eingeführt.

Die VCÖ-Publikation "Verkehrswende - Good Practice aus anderen Ländern" ist beim VCÖ unter (01) 893 26 97 oder im Internet unter www.vcoe.at erhältlich



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Weitere Infos: VCÖ

Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /