© Hans Braxmeier - pixabay.com / Effiziente Gebäudesanierung macht Sinn
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EU-Beschwerde gegen rechtswidrige langfristige Renovierungsstrategie eingereicht

EU-Mindeststandards müssen auch in Österreich gelten, damit thermische Sanierung und klimafitte Gebäude zum Jobmotor werden

Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 reichte gestern gemeinsam mit ÖKOBÜRO eine EU-Beschwerde gegen die ambitionslose und EU-rechtswidrige langfristige Renovierungsstrategie ein, die im Auftrag der Bundesländer erstellt wurde und formal Teil des integrierten Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) ist. Es geht um viel - Ob tausende Arbeitsplätze am Bau durch thermische Sanierung und klimafitte Gebäude geschaffen werden können hängt von einer soliden Strategie ab.

"Die vorliegende Strategie ist nicht vereinbar mit dem österreichischen Klimafahrplan und verfehlt selbst die Mindestanforderungen der EU. Da bisher alle Dialogversuche unbeantwortet blieben, legen wir nun bei der EU-Kommission förmlich Beschwerde ein. Wir fordern Landeshauptmann Wilfried Haslauer als aktuellen Vorsitzenden der Landeshauptleute-Konferenz dennoch auf, diesen Punkt am kommenden Freitag beim Treffen der Landeshauptleute auf die Tagesordnung zu setzen und eine Überarbeitung der langfristigen Renovierungsstrategie zu veranlassen. Die Politik muss nicht warten, bis ein blauer Brief aus Brüssel kommt", so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

EU-Mindeststandards im Klimaschutz müssen auch in Österreich gelten

Die von GLOBAL 2000 und ÖKOBÜRO eingereichte EU-Beschwerde ist ein erster Schritt in Richtung Vertragsverletzungsverfahren und soll erreichen, dass beim Klimaschutz EU-Mindeststandards auch in Österreich Gültigkeit bekommen. Die langfristige Renovierungsstrategie (LTRS) selbst wurde im Auftrag der Bundesländer erstellt und muss gemäß EU-Gebäuderichtlinie einen Fahrplan zur Reduktion der Treibhausgase um zumindest 80 bis 95 Prozent bis 2050 im Gebäudebereich darstellen. Laut Angaben in der LTRS kann eine Reduktion um 80 Prozent zwar theoretisch dargestellt werden, aber nur, wenn falsche Annahmen unterstellt werden. So nimmt man an, dass etwa dreimal so viel "grünes Gas" zur Verfügung stehen würde, als im integrierten Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) für den Gebäudebereich tatsächlich vorgesehen ist.

Der NEKP wurde von der Bundesregierung im Jahr 2019 erstellt und hat für ganz Österreich Gültigkeit. Mit den - nur am Papier realisierbaren - Mengen an "grünem Gas" könnte dann fossiles Erdgas ersetzt werden. Berichtigt man die Angaben in der Strategie um die fehlerhafte Annahme, kommt man auf eine Reduktion von lediglich 77 Prozent. Damit wird die EU-Mindestlatte klar verfehlt und Österreich bleibt insgesamt weit unter seinen Möglichkeiten.

EU-Beschwerde ist erster Schritt zu Vertragsverletzungsverfahren

Die Strategie ist damit völlig unvereinbar mit dem aktuellen österreichischen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP), der einen vollständigen Ausstieg aus fossiler Energie und Netto-Null-Emissionen bis 2050 vorsieht. Der NEKP sieht zudem vor, die Sanierungsrate zu verdoppeln, in der LTRS will man hingegen lediglich eine Fortschreibung der Sanierungsrate erreichen. Das, obwohl die LTRS formal ein Teil des NEKP ist. Mit der LTRS wird die österreichische Klimapolitik somit widersprüchlich und inkonsistent, womit sie auch den Vorgaben der EU-Governance-Richtlinie widerspricht. Dazu kommt, dass eine Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Erarbeitung der Strategie nicht stattgefunden hat, obwohl dies explizit vorgeschrieben ist.

Eine EU-Beschwerde ist die einzige direkte Möglichkeit, den VerstoßÖsterreichs gegen geltendes Unionsrecht anzugreifen. Das Rechtsmittel geht direkt an die EU-Kommission, die den Verstoß prüft und Pilotverfahren starten kann. In letzter Konsequenz droht dann Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren mit Klage beim Europäischen Gerichtshof und eine Verurteilung mit massiven Strafzahlungen.

Gregor Schamschula, Umweltjurist bei ÖKOBÜRO: "Mit diesem Rechtsmittel zeigen GLOBAL 2000 und ÖKOBÜRO einen klaren Verstoß gegen Unionsrecht auf. Die EU-Kommission ist jetzt am Zug, die Klimastrategie Österreichs zu überprüfen und strengere Maßnahmen einzufordern."

Eine Analyse zur Long-Term Renovation Strategy finden Sie HIER.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /