© TÜV Süd/ Lithium-Ionen-Batterien bei Elektroautos standen bei dem  Feldexperiment zu Brandverhalten und dabei entstehenden Emissionen im Fokus
© TÜV Süd/ Lithium-Ionen-Batterien bei Elektroautos standen bei dem Feldexperiment zu Brandverhalten und dabei entstehenden Emissionen im Fokus

Lithium-Ionen-Batterien bei Elektroautos: Feldexperiment zu Brandverhalten und dabei entstehenden Emissionen

Standardisierung der Lösungen wäre sinnvoll

Autos mit Lithium-Ionen-Batterieantrieb sind derzeit noch in der Minderheit auf Österreichs Straßen, ihr Anteil steigt jedoch jährlich. Mit zunehmender Verbreitung erhöht sich auch das statistische Risiko für Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Elektroautos – und damit in gravierenden Fällen die Möglichkeit eines Fahrzeugbrandes. Während für Fahrzeuge mit Diesel- oder Benzinantrieb seit vielen Jahren umfangreiche Erfahrungen bestehen, gibt es zum Brand von Fahrzeugen mit Lithium-Ionen-Batterien nach wie vor offene Fragen für Einsatzkräfte hinsichtlich geeigneter Löschmittel sowie der bei einem Brand freigesetzten Emissionen. Aus diesem Grund starteten die Messtechnikexperten des TÜV SÜD-Geschäftsbereichs „Umwelttechnik & Klimaschutz“ – gemeinsam mit den Projektpartnern WN-Technical Training GmbH, dem österreichischen Bundesfeuerwehrverband und der Wiener Berufsfeuerwehr – ein zweitägiges Feldexperiment. Eingebunden wurde auch das Joint Research Centre der Europäischen Kommission sowie die Berufsfeuerwehr Hamburg. Erste Ergebnisse liegen nun vor.

Gemeinsam mit den Projektpartnern führten die Messtechnikexperten des TÜV SÜD Geschäftsbereichs „Umwelttechnik & Klimaschutz“ im vergangenen Jahr einen Feldversuch zum Brandverhalten von Lithium-Ionen-Batterien, den dabei entstehenden und für Einsatzkräfte zu berücksichtigenden Emissionsrisiken sowie geeigneten Löschmittel durch. Das zweitägige und europaweit wohl einzigartige Experiment fand im Tritolwerk, einem beliebten Katastrophenhilfsdienstübungsplatz der ABC-Abwehrschule im Bezirk Wiener Neustadt, statt. Als Versuchsobjekte für die Löschexperimente der Feuerwehr sowie die Emissionsmessungen durch die Experten von TÜV SÜD dienten unterschiedliche Akku-Modelle sowie ein vollständiges Elektroauto.

Um möglichst nahe am Brandherd agieren zu können, bevor sich Emissionen mit der Umgebungsluft vermischen, entwickelten die Experten von TÜV SÜD in Österreich für das Feldexperiment eine spezielle Stahlhaubenkonstruktion. Hierdurch konnten Brandgase unmittelbar eingefangen und gemessen sowie die Sicherheit aller Beteiligten gewährleistet werden.

„Neben klassischen Brandgasen (CO2, CO, etc.) war die Messung einer möglichen Freisetzung von Lösungsmittel für Elektrolytsalze für alle Beteiligten von großem Interesse, da durch Anhaftungen von Brandrückständen und Schadstoffen an der Schutzkleidung oder Ausrüstungsgegenständen potenzielle Risiken für Einsatzkräfte entstehen können“, erklärt Robert Hermann, Geschäftsbereichsleiter „Umwelttechnik & Klimaschutz“ bei TÜV SÜD in Österreich. „Die entstehenden Brand- bzw. Reaktionsgase sind zwar grundsätzlich problematisch, bei Einhaltung der gebotenen Sicherheitsmaßnahmen jedoch nicht als kritisch zu beurteilen. Die Messergebnisse sind eine wichtige Grundlage für die weitere Risikobewertung und Ableitung entsprechender Schutzmaßnahmen für Einsatzkräfte. Der Feldversuch macht deutlich, dass Einsatzkräfte bei Brandeinsätzen noch stärker auf die Kontaminationsthematik achten müssen.“

Löschmittel im Test, Standardisierung als Unterstützung für Einsatzkräfte

Ein weiterer Schwerpunkt der Versuchsreihe lag auf Löschmitteltests. Erprobt wurde der Einsatz von Glasperlen, Löschgel, metallisches Löschpulver, Schaum sowie Wasser. Die Versuche mit Glasperlen sowie metallischem Löschpulver zeigten, dass mit beiden Löschmittel keine nennenswerte Wirkung erzielt werden konnte. Hierzu wären Oberflächentemperaturen ab 1.000 Grad Celsius nötig, welche jedoch bei Bränden von Lithium-Ionen-Batterien nicht erreicht werden. Löschgel, Schaum und Wasser haben sich in den Tests als geeignetere Löschmittel erwiesen.

Eine wesentliche Herausforderung bei der „Löschung“ entsteht bei der Einbringung des Löschmittels in die Zellen, wie der Feldversuch gezeigt hat. „Wir kommen nur an die Oberfläche der Batterie und können dort kühlen. Die eigentlich zu stoppende Reaktion im Inneren wird nicht angetastet. Erste Versuche, Löschmittel direkt in die Zellen zu bringen, gibt es bereits. Es besteht aber nach wie vor Forschungsbedarf“, berichtet Michael Sykora, Einsatzoffizier der Wiener Berufsfeuerwehr und ÖBFV-Sachgebietsleiter „Gefährliche Stoffe“.

Einige Fahrzeughersteller haben deshalb einen sogenannten „Fireman Access“ entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Öffnung, die den Zugang zum Hochvoltakku im Brandfall für Kühlmaßnahmen freigibt. Hierzu gibt es unterschiedliche Varianten, die Einsatzkräfte im Ernstfall mühevoll suchen und kennen müssen. „Eine Standardisierung mit einem ‚Kill switch‘, wie im Motorsport, wäre eine sinnvolle Möglichkeit zur Lösung des Problems. Weitere Versuche und die Unterstützung der Hersteller sind jedoch erforderlich. Die Ergebnisse der Löschmittelexperimente helfen uns, im konkreten Anlassfall bestmöglich zu reagieren und damit auch das Verletzungsrisiko für Einsatzkräfte und Personen in unmittelbarer Umgebung des Brandherds zu verringern,“ führt Michael Sykora aus.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /