© geralt/Gerd Altmann- pixabay.com
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Taxonomie für nachhaltiges Finanzwesen: Meilenstein für "Grüne" Finanzprodukte

Gestern hat das Europäische Parlaments mit einer Mehrheit aus Christdemokraten, Liberalen und Grünen einen Verordnungsentwurf über eine Klassifizierung (Taxonomie) nachhaltiger Geldanlagen verabschiedet. Die Sozialdemokraten enthielten sich der Stimme.

Mit dieser einheitliche Klassifizierung werden Kriterien festgelegt, welche Finanzprodukte und Investitionen sich als “nachhaltig” deklarieren dürfen.

Im zuständigen Ausschüsse für Wirtschaft und Währung (ECON) und Umwelt (ENVI) sprach sich vor kurzem auf Initiative von Abgeordneten der Christdemokraten und der Rechtskonservativen eine knappe Mehrheit gegen eine Verschärfung des Vorschlags der EU- Kommission aus. Damit votierten sie gegen ehrgeizigere Vorschläge eines Grünen und einer Christdemokratin als Ko-Berichterstatter, die umweltschädliche Wirtschaftsbereiche explizit aus grünen Finanzprodukten ausschließen und die Regeln nicht nur auf bereits als nachhaltig vermarktete, sondern auf alle Finanzprodukte ausweiten wollten.

Die Mehrheit der Abgeordneten votierte nun für einen verbesserten Text. Zusätzlich zum Ausschussergebnis wurde erreicht, dass feste fossile Brennstoffe (Kohle), Atomkraft und Gasinfrastruktur nie als nachhaltig bezeichnet werden dürfen. Außerdem müssen Anbieter nachhaltiger Finanzprodukte die höheren Menschenrechtsstandards der Vereinten Nationen sicherstellen, statt nur die schwächeren von der Kommission vorgeschlagenen Regeln der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Greenwashing wird erschwert durch die Voraussetzung für Anbieter grüner Finanzprodukte, auch wirklich in nachhaltige Anlagen zu investieren und dies offenzulegen.

Weiterhin bleibt die Anwendung der Taxonomie leider auf die grüne Nische beschränkt, statt wie von Seiten der Grünen gefordert auf alle Bereiche angewendet zu werden. Immerhin müssen Anbieter nicht-nachhaltiger Finanzprodukte warnen, dass ihr Produkt keine nachhaltigen Kriterien erfüllt. Die Auseinandersetzung um die Anwendung der Taxonomie muss nun Finanzsektor für Finanzsektor weiter geführt werden. Auch die von Sozialdemokraten und Grünen geforderte soziale Taxonomie ist nicht Teil des derzeitigen Beschlusses. Der Beschluss stellt die Verhandlungsposition des Europaparlaments für die anstehenden interinstitutionellen Verhandlungen mit Ministerrat und EU-Kommission dar.

Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold: “Diese Taxonomie macht Finanzmärkte sicherer und nachhaltiger. Damit wird der Finanzsektor einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens leisten. Der Ausschluss von Kohle aus grünen Finanzprodukten und die Verpflichtung von Anbieter*innen transparent in wirklich nachhaltige Anlagen zu investieren, wird Greenwashing erheblich erschweren. Nur so kann der junge Markt grüner Finanzprodukte das Vertrauen der Anleger*innen gewinnen und florieren. Vertrauensbildend sind auch die Verpflichtung von Anbietern nachhaltiger Finanzprodukte auf die starken Menschenrechtsstandards der Vereinten Nationen.

Wollen wir die Finanzmärkte grundlegend auf steigende Umweltrisiken vorbereiten, so reicht es langfristig nicht, nur die grüne Nische zu regulieren. Das müssen auch Christdemokraten und Konservative einsehen. Dass sie eine soziale Taxonomie verhindert haben ist ein Zeichen von Rückwärtsgewandtheit. Hier sollte die Kommission schnell nachlegen und neben der ausstehenden sozialen Klassifizierung auch alle Finanzmittel einbeziehen. Nachhaltiges Investieren sollte nicht mehr die Ausnahme sein, sondern zur Norm werden. Investitionen von heute bestimmen, wie nachhaltig unsere Wirtschaft in dreißig Jahren sein wird. Wir werden für die Anwendung der Taxonomie in weiteren Finanzsektoren unter Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips streiten. Wir Grünen lassen nicht locker, bis der Finanzmarkt nachhaltig wird. Der Ministerrat muss jetzt zügig seine Position festlegen, damit die neue Klassifikation bald schon für grünere Finanzmärkte wirken kann.”

WKO meint: Vorschlag wäre Hürde gewesen

„Das von den Grünen vorgeschlagene ‚Brownlisting‘ hätte Projekte, die die Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllen können, behindert. Investitionen sind immer erwünscht, nicht nur jene, die ökologisch besonders relevant sind und daher das Prädikat ökologisch nachhaltig für sich in Anspruch nehmen dürfen. Es gibt viele andere Gründe wie zum Beispiel Arbeitsplatzsicherung, Innovation oder Kostensenkung, weshalb ein Wirtschaftsstandort Investitionen braucht“, meint dazu Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik in der WKÖ. Diesen Projekten dürfe nicht der Finanzierungshahn abgedreht werden. Investoren dürfen weder durch Negativbezeichnungen, noch durch Zinsaufschläge oder überbordende Dokumentationspflichten abgeschreckt werden, betont der Experte.

"Positiv wirkt der neue Rechtsakt, indem er Kriterien für grüne Finanzprodukte festlegt. Dies verbessert die Transparenz für Anleger. " so die WKO.

Von internationalen Finanzexperten wurde in der Vorwoche in Brüssel bei der Konferenz "Sustainable Financing" jedoch angemerkt, dass Projekte, die entsprechende Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllen, aufgrund der festgelegten Klimaziele von Paris und der SDG-Ziele der UNO in Zukunft sowieso nicht mehr wirtschaftlich sein werden.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /