© David Mark - pixabay.com / Landschaft
© David Mark - pixabay.com / Landschaft

GLOBAL 2000 zu Regierungsbilanz: Generalangriff der Regierung auf Umwelt-Agenden

Statt Umweltkrisen zu lösen, werden sie mit kontraproduktiven Maßnahmen noch verschärft

Wien - Gestern präsentierte die Bundesregierung eine Bilanz ihrer ersten 50 Wochen und stellte die Regierungsvorhaben für das nächste Jahr vor. „Die bisherige Bilanz der Regierung Kurz-Strache ist aus Umweltsicht eindeutig: Angriffe auf den Umweltschutz und auf Beteiligungsrechte von Bevölkerung und Umweltorganisationen werden ohne zu zögern in Gesetzesform gegossen. Statt die Lösung von Umweltkrisen im Klimaschutz und der Biodiversität zügig anzupacken, beschränkt sich die Bundesregierung dabei aber auf Sonntagsreden, die der Lösung dieser großen Zukunftsfragen nicht ansatzweise angemessen sind.“ so Leonore Gewessler, Geschäftsführerin von GLOBAL 2000. "Es war ein trauriges Jahr für den Umweltschutz."

Besonders negativ wiegen in dieser Bilanz Vorhaben wie das von Bundeskanzler Kurz als Lex Dritte Piste präsentierte „Standortentwicklungsgesetz“, das die Umweltverträglichkeitsprüfung, ein zentrales Instrument zum Schutz von Umwelt- und AnrainerInneninteressen, im Interesse von Großprojekten aushebeln will. „Beim Standortentwicklungsgesetz wird deutlich, worum es der Regierungsspitze offenbar geht: Politik, im Interesse großer Konzerne. Jeder Häuslbauer muss ein Verfahren korrekt und bis zum Ende abwickeln, die Rechte aller NachbarInnen wahren und sich an Fristen halten. Großkonzerne sollen mit ihren Projekten in Zukunft die potentiell umweltschädlichsten Projekte in Österreich auf Kosten von Mensch und Umwelt durchboxen können.“ so Gewessler. Bestrebungen, darüber hinaus sogar noch die Verfassung zu ändern und den Umweltschutz auch dort auszuhebeln, scheiterten letztendlich nur an der Weigerung der Oppositionsparteien, diesen Angriff auf Kernwerte des Umweltschutzes in Österreich mitzutragen.

Umweltpolitisch katastrophal ist der Inhalt, die Vorgangsweise ist demokratiepolitisch bedenklich: Das Standortentwicklungsgesetz sollte grob verändert ohne Begutachtung durch das Parlament geboxt werden. „Was das Standortentwicklungsgesetz vorzeigt, ist das Gegenteil von modernem, transparenten und partizipativem Regierungshandeln – hier muss im Sinne von Umwelt und Menschen das Steuer rasch herum gerissen werden“, so Gewessler an die Bundesregierung.

In wichtigen Bereichen der Umweltpolitik erschöpft sich das Regierungshandeln dafür in medialen Ankündigungen. "Was wir benötigen, sind ambitionierte Maßnahmen, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Überschriften alleine machen noch keine Umweltpolitk“ so Gewessler.

Angesichts der gerade stattfindenden Klimaschutzkonferenz in Kattowice wiegen die Versäumnisse der Bundesregierung im Klimaschutz besonders schwer. Klimaschädliche Emissionen sind im letzten Jahr in Österreich weiter gestiegen, anstatt zu sinken. Konsequente Gegenmaßnahmen hat die Bundesregierung bis dato aber nicht ergriffen. Der Klima- und Energiestrategie und dem eben erst vorgestellten Entwurf für einen Nationalen Klima- und Energieplan fehlt es an konkreten Maßnahmen. Gerade im Verkehr, wo es stark steigende Emissionen gibt, bereitet Verkehrsminister Norbert Hofer gerade Tempoerhöhungen auf Autobahnen vor, die die Emissionen noch weiter erhöhen würden. Auch der Ausbau des Flughafens wird demonstrativ unterstützt, statt umwelfreundliche Alternativen zu suchen. Gleichzeitig macht Umweltministerin Elisabeth Köstinger in der Funktion als Ratsvorsitzende einen Kompromissvorschlag, der dazu führen würde, dass dreckige Kohlekraftwerke in Europa noch bis zum Jahr 2035 subventioniert werden können.
"In Österreich gibt es derzeit keine ernsthafte Klimapolitik: am Sonntag wird betont, wie wichtig der Klimaschutz ist, am Montag steht dann schon der Spatenstich für den Flughafen am Programm und am Dienstag bereitet die Regierung Tempoerhöhungen auf Autobahnen vor. Wir riskieren milliardenschwere Strafzahlungen, weil die Bundesregierung bis heute nicht bereit ist, sich ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen.“ so Gewessler. Auf der Habenseite steht im Vergleich dazu wenig, aber positiv sieht GLOBAL 2000, dass in der Klima- und Energiestrategie zumindest der langfristige Ausstieg aus fossiler Energie enthalten ist und mit dem Sanierungsscheck ein "Raus aus Öl"-Bonus geschaffen wurde, wenn auch mit viel zu geringem Budgetvolumen.

„Der Lackmustest für die Klimapolitik der Bundesregierung steht in der heute für Jänner angekündigten Steuerreform an, denn alle ExpertInnen – von WIFO zu Umweltbundesamt – sind sich einig, dass eine aufkommensneutrale ökologische und soziale Steuerstrukturreform der zentrale Hebel ist, ohne den Klimaschutz langfristig nicht gelingen kann. Eine derartige Steuerreform würde den bereits jetzt zukunftsfähig wirtschaftenden Unternehmen faire Chancen zu eröffnen. Dass diese im Finanzministerium laut öffentlichen Aussagen noch nicht einmal umfassend diskutiert wurde, ist schlichtweg skandalös.“ so Gewessler.

„Die auch in Österreich immer deutlicher spürbare Klimakrise macht den Menschen zurecht Angst – sie ist unsere Überlebenfrage. Die von der Regierung angekündigte Abschaffung von umweltkontraproduktiven Subventionen ist beherzt anzugehen, die angekündigte Steuerreform 2019 öko-sozial auszugestalten. Fest steht aus unserer Sicht, dass ansonsten diese Regierung an den wahren Zukunftsfragen unserer Generation scheitern wird.“ so Gewessler.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /