© Felix_Broennimann  / Windkraft
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Klimastrategie noch unzureichend zur Erreichung der Klimaziele

UmweltschützerInnen drängen auf rasche Umsetzung zugesagter Maßnahmen und Nachbesserungen - Budget und wirksame Maßnahmen wie ökosoziale Steuerreform fehlen immer noch

Gestern wurde die lang geplante Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung formell im Ministerrat beschlossen. Kritisch sieht die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000, dass es gegenüber dem Entwurf in wesentlichen Fragen zu keinen Verbesserungen gekommen ist: "Statt den Volksschülern mehr über den Klimawandel beizubringen, sollte die Regierung selbst mit gutem Beispiel vorangehen und mit Taten überzeugen. Diese mutlose Klimastrategie ist unzureichend, um die Pariser Klimaziele oder auch nur die EU-Klimaziele einzuhalten. So verspielen wir wirtschaftliche Chancen und riskieren Strafzahlungen in Millionenhöhe. Es fehlt sowohl an Ambition, an zentralen Instrumenten wie einer ökologischen Steuerreform und an ausreichend Budget zur Umsetzung. Die Bundesregierung darf die Füße jetzt nicht hochlegen, sondern muss die wenigen enthaltenen konkreten Vorhaben rasch in die Umsetzung bringen und versprochene Nachbesserungen zügig vornehmen", fordert Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

Die größten Mängel ortet GLOBAL 2000 bei der fehlenden Ambition der Ziele, die nicht im Einklang mit den Pariser Klimaschutzzielen stehen, den mangelnden Budgets für die Umsetzung, die in den nächsten Jahren weiter gekürzt werden sollen und dass auf wichtige Instrumente wie eine ökologische Steuerreform de facto verzichtet wird, obwohl gerade darauf erst bei der Klima-Enquete im Parlament am vergangenen Mittwoch eine Vielzahl von ExpertInnen gepocht haben. Damit wird ein wesentliches Erkenntnis der Konsultationsphase völlig ignoriert. Enthalten ist lediglich die Erstellung einer Liste von umweltschädlichen Subventionen als Ausgangspunkt für deren Beseitigung. Dabei gibt es schon jetzt eine umfangreiche Studie des WIFO, die zeigt, dass es in Österreich umweltkontraproduktive Subventionen im Ausmaß von 4,7 Mrd. Euro gibt. Fahrpläne für alle Sektoren gibt es nach wie vor nicht und damit existiert auch kein glaubwürdiger Fahrplan für die Erreichung der EU-2030-Ziele. Der bereits von Umweltministerin Elisabeth Köstinger angekündigte Ausstieg aus der Kohleverstromung im Jahr 2020 ist zu einer "Beschleunigung des Ausstiegs" verwässert worden.

Einigen der Veränderungen gegenüber dem Entwurf kann GLOBAL 2000 aber auch etwas positives abgewinnen. So wurden Zuständigkeiten und Zeitpläne eingefügt und damit "handwerkliche" Fehler am Entwurf ausgebessert. Positiv ist auch der Beschluss, dass alle neuen Gebäude ab 2020 ohne fossile Energie auskommen müssen, das bedeutet Nachbesserungen in allen Bauordnungen der Bundesländer. Grundsätzlich richtig sieht GLOBAL 2000, dass Schwerpunktsetzungen auf den Ausstieg aus der Ölheizung, thermischer Sanierung, dem Ausbau erneuerbarer Energien und dem Ausbau sauberer Mobilitätsformen gelegt werden sollen. Allerdings braucht es dafür ausreichende Budgets statt Kürzungen und eine deutliche Ausweitung der vorgesehenen Maßnahmen. Das von GLOBAL 2000 vorgeschlagene Einbau-Gebot für erneuerbare Energien bei Heizanlagen ist enthalten, allerdings soll eine größere Umstellungsaktion für Ölheizungen erst ab dem Jahr 2025, also viel zu spät, greifen und man hält sich die Hintertür für Ölheizungen auf Basis von Agrotreibstoffen offen, was völlig verfehlt ist. Die angekündigte Sanierungsoffensive bleibt ohne substantielle Maßnahmen und für den Ausbau sauberer Mobilität setzt man weitgehend auf symbolische Maßnahmen. Offenbar sieht die Regierung aber selbst, dass die Strategie nicht ausreicht, denn mit der Wärmestrategie 2030 und Maßnahmenpaketen für saubere Mobilität werden Nachbesserungen zumindest angekündigt: "Wenn die Bundesregierung guten Willen zeigen will, dann muss sie zumindest bei der Umsetzung der wenigen konkreten Maßnahmen jetzt ordentlich Dampf machen und die versprochenen Nachbesserungen rasch liefern. Das Umsetzungspaket für den Ausstieg aus der Ölheizung und eine Investitionsoffensive für thermische Sanierung können nicht länger warten. Im Verkehrsbereich ist auf Grund der steigenden Emissionen Feuer am Dach. Rasch umsetzen kann die Regierung auch die Streichung der völlig unsinnigen Eigenstromsteuer für die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen", fordert Wahlmüller rasch wirksame Taten ein.

Österreich steht vor der großen Aufgabe, seine gesamte Wirtschaft und Gesellschaft innerhalb kürzester Zeit aus der fossilen Energieabhängigkeit herauszuführen. Diese Transformation stellt eine große Herausforderung dar und beinhaltet viele Chancen für Österreich, wie die Schaffung von Arbeitsplätzen, das Entstehen neuer Wirtschaftszweige, der Belebung des ländlichen Raums und mehr Lebensqualität durch die Verringerung von Lärm und Luftschadstoffen. "Mit dem Beschluss der Klima- und Energiestrategie gibt die gesamte Bundesregierung ein Bekenntnis zum Ausstieg aus fossiler Energie ab. Auf die langfristige Ausrichtung der österreichischen Klima- und Energiepolitik haben UmweltschützerInnen lange gedrängt. Dieses Bekenntnis ist aber nur dann etwas wert, wenn die entsprechenden Taten folgen. Die heute beschlossenen Maßnahmen und Konzepte greifen viel zu kurz und sind nicht mehr als ein Aperitif in einem mehrgängigen Menü. Es braucht deutlich mehr Mut und Führungsstärke, damit dieses für uns alle wichtige Vorhaben mit all seinen Herausforderungen und Chancen tatsächlich gelingen kann", so Wahlmüller.

Greenpeace: Klimastrategie ist reiner Marketing-Schmäh

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace meint, das Papier sei nicht mehr als ein Marketing-Schmäh: Zwar wurde die Strategie leicht nachgebessert, doch waren die meisten Punkte bereits in einem früheren Entwurf der Klimastrategie enthalten, etwa die Kosten durch Klimaschäden wie Überflutungen oder Dürren zu berücksichtigen. Diese wurden jedoch vom Finanzministerium im ersten Anlauf gestrichen. Jetzt versucht die Regierung die aktuelle Version als großen Wurf zu verkaufen, doch wirksame Maßnahmen wie etwa eine ökosozialen Steuerreform oder die massive Stärkung des öffentlichen Verkehrs fehlen weiterhin.

"Die Regierung will sich für ein schwaches Papier feiern lassen, dass es bereits vor Monaten schon in dieser Form gegeben hat. Viele Punkte wurden gestrichen und jetzt wieder hinzugefügt. Das ist vielleicht eine geschickte Marketingstrategie, aber keine ernstzunehmende Klimapolitik", kritisiert Adam Pawloff, Klima- und Energiesprecher bei Greenpeace in Österreich. "Die Finanzierung der Strategie ist völlig ungeklärt. Von notwendigen Maßnahmen wie einer ökosozialen Steuerreform fehlt jede Spur. Gleichzeitig so genannte Leuchttürme zu erfinden und die Mittel für Klimaschutz und öffentliche Verkehrsmittel radikal zu kürzen, ist ein Hohn"€.

Ein paar wenige begrüßenswerte Elemente haben es am Schluss dann doch in die Strategie geschafft, etwa ein CO2-Mindestpreis auf europäischer Ebene. Das ist zwar ein lobenswertes Ziel, wird allerdings bei den aktuellen politischen Mehrheiten in der EU kaum durchsetzbar sein. Auch die Etablierung eines laufenden Monitorings zur Umsetzung und die Verankerung vom Thema Klimaschutz in den Lehrplänen sind Teil der Klimastrategie. Aus Sicht von Greenpeace sind das allerdings höchstens nur kosmetische Änderungen. Wirksame Maßnahmen fehlen nach wie vor. Verkehrspolitik etwa nur über Anreize verändern zu wollen wird wirkungslos bleiben. Stattdessen müsste der öffentliche Verkehr deutlich ausgebaut und eine ökosoziale Steuerreform eingeführt werden.

"Eine Klimastrategie muss ambitionierte Ziele, eine Steuerreform die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entlastet und klimafreundliches Verhalten belohnt sowie den Abbau von umweltschädlicher Subventionen enthalten. Ansonsten ist die Strategie zum Scheitern verurteilt"€, so Pawloff.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /