© Maria Lanznaster-pixelio.de
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Nationaler Aktionsplan für Erneuerbare Energien führt uns nicht in die Zukunft

Mitterlehners Alleingänge nicht akzeptabel - Nationaler Aktionsplan für erneuerbare Energien ignoriert Biomasse-Potenzial

"Ohne uns zu informieren schickt Mitterlehner das NAP-Papier nach Brüssel", kritisiert Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch die Vorgehensweise des Wirtschaftsministers. "Der übermittelte Nationale Aktionsplan führt uns nicht in die Zukunft der Ökoenergie, sondern in die Vergangenheit fossiler Abhängigkeit. Obwohl ich mich zum Ausbau der Wasserkraft bekenne, können wir die Ausbauziele für erneuerbare Energien nur mit einer vorwärtsgewandten Biomasse-Strategie erreichen. Vom Ausbauziel 69 Petajoule erneuerbarer Energien entfallen allein 50 Petajoule auf die Biomasse", rechnet Grillitsch vor.

"Demnach kommen über 70% des nationalen Ausbauziels in der Energiestrategie aus gasförmiger, flüssiger und fester Biomasse. Nicht Energieversorger und Industrie können hier die Hauptlast tragen, sondern die österreichischen Land- und Forstbetriebe. Ohne Mittun der Bauern kann Österreich seine Energieziele niemals erreichen. Biomasse als Gesamtes kann nämlich nicht nur Strom und Wärme, sondern auch Treibstoff liefern," sagt der Bauernbund-Präsident. "Die Bioenergie-Branche ist mit etwa EUR 2,5 Mrd. auch der Jobmotor innerhalb der erneuerbaren Energien und sichert mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze im Ökoenergie-Bereich. Damit geben wir dem ländlichen Raum eine nachhaltige Perspektive", so Grillitsch.

Biomasse-Potenzial wird ignoriert

Der Nationale Aktionsplan für erneuerbare Energien, der den rot-weiß-roten Fahrplan zur Erreichung des 34-Prozent-Zieles bis 2020 vorgibt, ruft bei den Vertretern der heimischen Biomasse-Branche Enttäuschung und Unverständnis hervor. "Es ist unverständlich, dass ausgerechnet jene Sparte der erneuerbaren Energieerzeugung, die die meisten Arbeitsplätze sichert und in der die heimische Technologie weltweit an der Spitze steht, eine Statistenrolle zugeschoben wird", zeigt sich der Vorsitzende des Österreichischen Biomasse-Verbandes, Heinz Kopetz, in einer ersten Reaktion entsetzt. Auch Umweltminister Niki Berlakovich hat den Aktionsplan als "wenig ambitioniert und mutlos" bezeichnet.

In einem zukünftigen Energie-Mix sieht Minister Mitterlehner ein Plus von lächerlichen zehn Petajoule vor. "Das ist ja nicht einmal annähernd das, was noch vor wenigen Wochen in ohnedies vorsichtigen Potenzial-Einschätzungen in der Energiestrategie der Bundesregierung festgeschrieben wurde - dort ist allein ein forstliches Potenzial von 25 Petajoule errechnet worden, auf landwirtschaftlichen Flächen könnten darüber hinaus jährlich zwischen 22 und 37 Petajoule gewonnen werden", konkretisiert Kopetz.

Man frage sich, wofür über Monate hinweg eine Heerschar von 150 Expertinnen und Experten mit der Erstellung einer Energiestrategie betraut werden, die die Basis für den Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung darstellen soll, wenn die Ergebnisse derselben schlicht ignoriert würden. "Der Nationale Aktionsplan ist aus Sicht des Österreichischen Biomasse-Verbandes das Papier nicht Wert, auf dem er niedergeschrieben ist. Denn weder aus energiepolitischen Gründen im Sinne eines ausgewogenen Energie-Mixes, noch unter ökologischen oder ökonomischen Aspekten macht es Sinn, wenn eine wichtige erneuerbare Sparte einfach ausklammert wird", kritisiert Ernst Scheiber, Geschäftsführer des Österreichischen Biomasse-Verbandes.

Rückgang am Markt durch viel zu niedrige Ziele?

ProPellets Austria schließt sich der harschen Kritik anderer Verbände am von Minister Mitterlehner vorgelegten Nationalen Aktionsplan Erneuerbare Energie an. Geschäftsführer Dr. Christian Rakos: "Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Nationale Aktionsplan, der eine Forcierung der Nutzung erneuerbarer Energie zum Ziel haben sollte, nun einen dramatischen Rückgang beim Markt der Biomassefeuerungen vorsieht."

In den vergangenen Jahren sind zwischen 600-900 Megawatt an neuen Biomasseheizkesseln pro Jahr installiert worden. Berücksichtigt man auch Kachelöfen und Kaminöfen liegt der Ausbau noch höher. Legt man die Zuwachsraten bei der Nutzung von fester Biomasse für den Wärmemarkt zugrunde, die im Nationalen Aktionsplan angegeben sind, so ergeben sich daraus unglaubwürdig geringe Zuwachsraten, die bei einem Zehntel des Wertes des Vorjahres liegen.

Besser 10 Mrd. Euro für Öl- und Gasimporte?

"Der von der Europäischen Kommission bis 30.06.2010 von allen Mitgliedstaaten verlangte Aktionsplan für erneuerbare Energie wurde vom Wirtschaftsministerium leider nur als reiner Pflichtbericht in einer Minimalvariante erstellt. Im Bereich der biogenen Energieträger, bei denen Österreich die weltweite Technologieführerschaft erlangt hat und für andere Länder als Musterland gilt, liegen die Zahlen des Aktionsplans weit unter den tatsächlichen Möglichkeiten der heimischen Unternehmen", stellt Gerhard Wlodkowski, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, fest.

"Außerdem ist die größte Herausforderung für Österreich nicht das 34%-Ziel für erneuerbare Energie, sondern die wachsende Unsicherheit, die untrennbar mit den verbleibenden 66% an fossiler Energie verbunden ist: Diese enorme Menge muss nach wie vor aus den Krisenregionen dieser Erde importiert werden und geht mit einer steigenden Kostenbelastung Hand in Hand. Derzeit verliert Österreich EUR 10 Mrd. Kaufkraft pro Jahr für Öl- und Gasimporte. Das ist dringend benötigtes Geld für die heimische Wirtschaft, das in den Kaukasus oder in den Nahen Osten abfließt. Wenn wir nicht alle Möglichkeiten bei den Erneuerbaren und in der Energieeffizienz ausschöpfen, kann sich die Belastung bis 2020 sogar auf fast EUR 30 Mrd. vervielfachen. Das bedeutet dann bis 2020 eine Steigerung des jährlichen Kaufkraftabflusses für Öl- und Gasimporte von derzeit EUR 3.000,- auf 8.500,- pro Haushalt. Das können wir uns nicht mehr leisten, daher müssen alle Hebel zur Realisierung unserer eigenen Energiepotenziale in Bewegung gesetzt werden", unterstreicht Wlodkowski die Bedeutung einer vorausschauenden Energiepolitik für Österreich.

"Der Nationale Aktionsplan für erneuerbare Energie darf nicht zum nutzlosen Zahlenwerk verkommen, sondern muss ein praxistauglicher Umsetzungsplan zur kontinuierlichen Weiterentwicklung aller regenerativen Ressourcen im Sinne der Energiestrategie Österreich werden", fordert Wlodkowski. Durch viele gesetzliche Regelungen würden fossile Energieträger bevorzugt und erneuerbare benachteiligt. Im Nationalen Aktionsplan müssten daher alle Barrieren gegen den Ausbau einer nachhaltigen Energieversorgung in Österreich und die dazu notwendigen Lösungsansätze klar aufgezeigt werden. " Wir brauchen nicht Pflichtberichte, sondern praxistaugliche Umsetzungspläne zur nachhaltigen und sicheren EnergieversorgungÖsterreichs", fordert der LK-Präsident.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /