© Andreas Zajc - www.zajc.at
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Endlich neue Ökostromtarife

Einspeisetarif-Verordnung zu Ökostrom beschlossen - Verbesserungen sollen mit "Energiestrategie Österreich" kommen

Umweltministerium, Wirtschaftsministerium und Sozialministerium haben sich nach zähen Verhandlungen zu den Einspeisetarifen bei Ökostrom geeinigt. Die neuen Einspeisetarife sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Trotzdem braucht es noch weitere Verbesserungen, die bereits im Rahmen der "Energiestrategie Österreich" diskutiert werden, so Umweltminister Berlakovich.

Die neuen Ökostromtarife im Detail

Windkraft bekommt 9,7 Cent pro kWh. Bei Photovoltaik liegt der Schwerpunkt auf gebäudeintegrierten Projekten. Bei Anlagen mit einer Leistung zwischen fünf und 20 kW beträgt die Förderung für die Kilowattstunde 38 Cent pro kWh, bei größeren Anlagen 20 Cent/kWh. Der Tarif für die Abnahme elektrischer Energie aus Anlagen auf Freiflächen mit einer Leistung zwischen fünf und 20 kW beträgt 35 Cent, darüber gibt es 25 Cent.

Biogas wird in drei Tarifklassen mit Sätzen von 18,5 Cent/kWh für Anlagen bis 250 kW, 16,5 Cent/kWh für Anlagen bis 500 kW und 13 Cent pro Kilowattstunde für Anlagen über 500 kW gefördert. Viele Anlagen werden von einem Bonus über zwei Cent pro Kilowattstunde für die Nutzung von Abwärme profitieren. Um die vielen verschiedenen Leistungsstärken bei Biomasseanlagen entsprechend zu berücksichtigen, gibt es nunmehr sieben Klassen mit variierenden Einspeisetarifen je nach Anlagengröße. Sie liegen zwischen 14,98 und 10 Cent pro Kilowattstunde.

Für neue Ökostrom-Projekte stehen ab sofort 21 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung, die nach dem Prinzip "first come, first serve" von der Ökostrom-Abwicklungsstelle ÖMAG vergeben werden. Mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am gestrigen Dienstag tritt die Tarifverordnung für Ökostrom rückwirkend mit 20. Oktober 2009 in Kraft.

Weitere Anstrengungen notwendig

NÖ Landesrat Dr. Stephan Pernkopf begrüßt die Einigung fordert jedoch weitere ambitionierte Bemühungen für den Ökostrom in naher Zukunft. ‘Mit der neuen Verordnung ist der seit Monaten anhaltende Stillstand für Ökostrombetreiber endlich beendet. Es ist vor allem positiv zu bewerten, dass für Biogas ein Rohstoffzuschlag von 3 Cent und für die Windkraft ein höherer Tarif vereinbart wurde. Mit dieser neuen Tarifverordnung sind wir aber noch nicht am Ende des Weges angelangt. Es bedarf noch großer Anstrengungen, um den gezielten Ausbau der Ökoenergie auch in den nächsten Jahren sicherzustellen’, betont Pernkopf.

Anzustreben sei nach wie vor ein Ökostromgesetz nach deutschem Vorbild, um die ambitionierten Energieziele zu erreichen. ‘Die Energiestrategie des Bundes wird die richtigen Weichenstellungen vornehmen. Ich erwarte aber rasche Ergebnisse und gehe davon aus, dass die ambitionierten Ziele für erneuerbare Energie in der Energiestrategie des Bundes rasch umgesetzt werden. Niederösterreich hat in den vergangenen Jahren sehr viel im Bereich Ökostrom erreicht, um aber künftige Vorhaben umsetzen zu können, brauchen wir optimale Rahmenbedingungen’, so Pernkopf.

Positives Signal

Österreichs E-Wirtschaft begrüßt die neuen Einspeisetarife als positives Signal für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. "Die nun gefundenen Förderhöhen dürften ausreichend sein, um Potenziale zu mobilisieren, die wir auch im Rahmen der Energiestrategie dringend heben müssen", erklärte die Generalsekretärin des Verbands der ElektrizitätsunternehmenÖsterreichs (VEÖ), Barbara Schmidt in einer ersten Stellungnahme.

Wie sich die neuen Förderungen auswirken werden, ist noch nicht abzuschätzen. Schmidt: "Bei Wind können effiziente Standorte damit sicher ausgebaut werden, bei Biomasse ist vor allem bei großen Anlagen mit den neuen Tarifen fraglich, ob ein wirtschaftlicher Betrieb gewährleistet werden kann. Die Schwerpunktsetzung für Solarförderung scheine sinnvoll, hier gelte es aber wegen der hohen notwendigen Tarife weiterhin die Kosten-Nutzen-Effizienz zu beachten.

Babysteps bei Ökostromtarifen

"Eine minimal verbesserte Verordnung zu den Ökostrom-Einspeisetarifen wird derzeit im Umwelt- und Wirtschaftsministerium als Türöffner für den Ausbau erneuerbarer Energien abgefeiert." kritisiert Christiane Brunner, Umweltsprecherin der Grünen. "Das österreichische Ökostromgesetz ist das schlechteste Fördergesetz in Europa und hat innerhalb weniger Jahre zu einem Totalstillstand beim Ausbau erneuerbarer Energieträger geführt. Dass die Tarife (nur für Windkraft) jetzt minimal angehoben wurden ist ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der katastrophalen Rahmenbedingungen, die mit der letzten Ökostromgesetzesnovelle geschaffen wurden."

Dazu kommt, dass sich der Wirtschaftsminister in den letzten Wochen auch noch selbst widerspricht. Einerseits befindet Mitterlehner am 12. Jänner 2010 (APA0087), dass die Tarife für Windkraft ausreichend sind, andererseits feiert er nun erhöhte Windkrafttarife als Türöffner für den Ausbau der erneuerbaren Energien. "Dieses Verwirrspiel ist keine Grundlage für eine funktionierende Energiepolitik. Es verunsichert die Investoren, Hersteller und Entwickler. Es ist hoch an der Zeit, dass sich die Regierung von den Lobbyisten der Energiekonzerne befreit", so Brunner. "Wir brauchen eine neue österreichische Ökostromregelung, die sich an den Eckpfeilern des in der Praxis bestens bewährten deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes orientiert. Brunner: "Von der Präsentation der Energiestrategie am Ende des Monats erwarten wir uns den großen Wurf zur Reform des Ökostromgesetzes. Mit weiteren Babysteps werden wir dem Klimawandel in Österreich nicht begegnen können und die Energiekosten langfristig nicht senken können. Die Regierung muss für die Energiestrategie 7-Meilen-Stiefel anziehen!"

Schwerer Schönheitsfehler Kronberger: PV-Topf auffüllen ist das Gebot der Stunde

Die Freude der österreichischen Photovoltaikanbieter über die endlich erlassene Tarifverordnung ält sich in Grenzen. Der Grund dafür: "Der mit 2,1 Millionen Euro dotierte Topf für das Jahr 2010 ist schon längst ausgeräumt", erklärt Hans Kronberger von Photovoltaic Austria (PVA): "Wer heute um PV-Tarifförderung ansucht, muss froh sein, wenn er noch vor 2012 sein Projekt umsetzen kann." Das Interesse an Sonnenstromerzeugung ist inÖsterreich und international enorm groß. Während die Nachbarländer für 2009 wieder Rekordergebnisse vermelden, kommt der PV-Ausbau inÖsterreich aber nicht richtig in Schwung. Kronberger: "Mit 2,1 Millionen Euro, eine Summe, die in der Stromerzeugung nirgends auch nur eine sichtbare Spur hinterlassen kann, nimmt sich Österreich selbst aus dem Rennen für eine sichere und sozial verträgliche Stromversorgung in der Zukunft!" Die Gegenargumente - "Sonnenstrom ist zu teuer!" und "Österreich ist kein Sonnenland!" - gilt es gegen die Vorteile von Sonnenstrom abzuwägen: Sonnenlicht als Ausgangsbasis für Strom ist fast unendlich vorhanden und hat damit das größte Zukunftspotenzial. Die Modulpreise sind alleine im vergangenen Jahr um 40 Prozent gesunken. Bayern liegt nicht in der Sahara und hat bereits knapp 3 Prozent Sonnenstromanteil. Österreich grundelt noch immer bei 0,5 Promille herum. Österreich hat eine Top-PV-Industrie, die zu fast 100 Prozent vom Export lebt, da ihr der Heimmarkt versagt bleibt. Kronberger: "Es wäre das Gebot der Stunde, bis zur Schaffung eines brauchbaren Ökostromgesetzes im Herbst den leeren PV-Topf für das Jahr 2010 nachzufüllen!"

Das Ausbauziel der Photovoltaik-Industrie in Österreich ist es, bis zum Jahr 2020 einen Anteil von 8 Prozent an der gesamten Stromversorgung bereitzustellen. Damit ist Sonnenstrom ein wesentlicher Bestandteil zum Erreichen des Ziels von 100 Prozent sauberen Strom bis 2020, wie es die Ökostromverbände im Herbst letzten Jahres skizziert habe

Kritik von der AK

Kritik in eine andere Richtung kommt wiederum von der AK. Auf Grund des Tarifs für kleine Biogasanlagen befürchtet die AK, dass die begrenzten Gelder für den Ökostromausbau überproportional in solche Anlagen fließen werden.

Energiautarkie als Ziel

"Umweltminister Berlakovich redet immer von Energieautarkie. Mit den heute präsentierten Einspeisetarifen für die erneuerbaren Energien bleibt dieses Ziel aber außer Reichweite", kritisiert BZÖ-Umweltsprecher Abg. Robert Lugar. Für die österreichischen Ökostrom-Produzenten sei die Lage nur etwas weniger schlecht, aber auf keinen Fall besser geworden. Die Idee der Energieautarkie werde sich so auf keinen Fall umsetzen lassen. Ein klares Bekenntnis zur österreichischen Energieautarkie und einen Fahrplan wie diese auch umgesetzt werden könne, habe bislang nur das BZÖ vorgelegt. Die Bundesregierung hätte gut daran getan, sich hier vernünftige Vorschläge zur Energieautarkie zu holen.

Von der Energiestrategie hält Lugar wenig, denn die beiden zuständigen Minister Mitterlehner und Berlakovich kämen auf keinen gemeinsamen Nenner. Mitterlehner wolle an den fossilen Energien festhalten, und Berlakovich mache gegen seinen Parteikollegen einfach keinen Stich.
Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch meint, ein Schritt in die richtige Richtung sei getan, der regionale Arbeitsplätze sichere und der Landwirtschaft ein zusätzliches Standbein in der Energieproduktion eröffne - vorausgesetzt, dass es zu weiteren Anreizen im Rahmen der "Energiestrategie Österreich" komme. "In Summe zeugt die Tarifverordnung nämlich leider nicht von einer Ökostrom-Revolution", so Grillitsch.
"Errechnete 75.000 Green Jobs im kommenden Jahrzehnt und Wertschöpfung durch Öko-Energie am Land gibt es nicht gratis. Hier müssen wir in der Förderlandschaft noch kräftig nachjustieren", fordert Grillitsch.

"Gerade in der Wirtschaftskrise sind Investitionen in biogene Energieträger wichtig, weil sie bekanntlich besonders beschäftigungswirksam sind. Denn Biomasse- und Biogasanlagen schaffen nicht nur in der Investitionsphase Arbeitsplätze, sie sind durch die Rohstofflogistik in den ländlichen Regionen über die gesamte 15-jährige Tarif-Garantielaufzeit positiv wirksam", hob der Präsident der Landwirtschaftskammern, Wlodkowski hervor und ergänzte, dass die ambitionierten europäischen Vorgaben für den Ausbau der erneuerbaren Energie in allen Technologiebereichen die Wichtigkeit eines funktionierenden Ökostromgesetzes unterstreichen würden.

Die Wirtschaftskammer Österreich begrüßt die neue Tarifverordnung für Ökostrom: "Damit wird der Investitionsstop endlich beendet. Dem weiteren Ausbau aller geförderter Ökostromanlagen steht damit nichts mehr im Wege". Als positiv streicht WKO- Generalsekretärin Hochhauser etwa die Erhöhung der Einspeistarife für Windkraft hervor. Diese steigen von 7,35 Cent/kWh auf 9,7 Cent/kWh, was einem Plus von rund 29 Prozent entspricht. "Damit sollte nun auch der Ausbaustopp bei Windanlagen beendet sein. Und das ist gut so, denn Windanlagen haben in Österreich nach der Wasserkraft das größte Potenzial für erneuerbare Stromproduktion."

Nur ein Schritt in die richtige Richtung - Totalreform des Ökostromgesetzes steht noch an

Die Nachbesserung bei den Einspeisetarifen wird die über drei Jahre andauernde Flaute beim Ökostromausbau beenden. "Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber kein Grund in Jubelstimmung auszubrechen," sagt Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes. "Wer glaubt nach einem Totalschaden den Wagen mit ein paar kosmetischen Korrekturen wieder flott zu bekommen, liegt falsch."

Denn während die Flaute bei der Windenergie vorerst beendet sein dürfte, wird die Photovoltaik nach wie vor als Stiefkind behandelt. Der Topf für die Photovoltaikförderung von lediglich 2,1 Mio. Euro ist bereits ausgeschöpft noch bevor das Jahr so richtig begonnen hat. "Eine lange Warteschlange von Förderanträgen liegt den zuständigen Stellen vor. Das beweist, dass es in der Bevölkerung großes Interesse gibt. Wir dürfen diesen unternehmerischen Esprit jedoch nicht einfach abwürgen", appelliert Gerhard Heilingbrunner. "Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Pröll müssen für Zukunftsinvestitionen nun Geld bereitstellen. 36.000 Arbeitsplätze können bis 2020 allein in der Photovoltaikbranche geschaffen werden, wenn die Förderbedingungen stimmen", so der Umweltdachverband.

Dafür ist aber auch eine Totalreform des Ökostromgesetzes notwendig. "Kern der Problematik ist dabei die Deckelung des Ökostromausbaus mit 21 Mio. Euro. Mit der Abschaffung dieses Förderdeckels steht und fällt ein zukunftsorientiertes Förderregime. Dieser Problematik muss sich jetzt die kommende Energiestrategie stellen", so Heilingbrunner.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /