Wird aus der „Ersten Österreichischen“ die „Erste gegen Österreich“?

Eine Ansichtssache von Dr. Gernot Neuwirth

Als Kunde und Kleinaktionär der ‘Ersten’ muss man mit Missvergnügen feststellen, dass die Entfernung des Wortes ‘Österreichische’ aus dem Namen der Bank eine unheilvolle tiefere Bedeutung hat.

Zum ersten Mal seit der Zwentendorf-Abstimmung will eine Bank aus Österreich ein gefährliches grenznahes Atomkraftwerk mitfinanzieren. Mit ihren Plänen zur Kofinanzierung des Fertigbaues der Blöcke 3 und 4 des slowakischen AKW Mochovce demonstriert die Erste nicht nur unglaublichen Mangel an Sensibilität gegenüber der österreichischen Bevölkerung, sie unterläuft auch Österreichs offizielle Politik und setzt die Österreicher einem gefährlichen Risiko durch diese nur 150 Kilometer von Wien entfernten Reaktoren aus.

Aus den Gesprächen zwischen Umweltschützern und dem Bank-Management gingen nicht nur dessen neue Prioritäten hervor, sondern auch sein Zynismus und vor allem seine Ahnungslosigkeit:

* Die Erste ist sich bewusst, dass sie durch ihr Atom-Abenteuer vielleicht österreichische Kunden verlieren wird, hofft aber, damit stattdessen neue slowakische Kunden zu gewinnen.

* Die Erste wird neue Gutachten einholen. Auf den Rat, das Institut für Risikoforschung der Universität Wien damit zu beauftragen, antwortet die Erste, dass es natürlich keine österreichischen Experten sein dürfen.

* Die Erste behauptet, das Geld (= mein Geld) nur für Sicherheitsmaßnahmen zu vergeben (sie hat also offenbar ein Geld mit Mascherl erfunden).

* Die Erste versteigt sich zu der Formulierung, diese Finanzierung der österreichischen Bevölkerung sogar schuldig zu sein. Auf die Frage, was denn das für Sicherheitseinrichtungen sein sollen: ‘Zum Beispiel. bessere Zufahrtsstraßen für den Fall eines Unfalles’.

* Und weiters zeigt sich, dass die Erste keine Ahnung davon hat, dass das Kraftwerk nicht einmal einen Schutzmantel besitzt und dieser auch nicht nachträglich dazugeplant werden kann, dass es keine Umweltverträglichkeitsprüfung gibt und dass die Baubewilligung aus den Achtzigerjahren stammt, nicht dem EU-Standard entspricht und heute nicht mehr erteilt werden könnte.

* Schließlich auf die Vorhaltung, sogar die holländische ING-Bank habe sich aus dem Projekt schon zurückgezogen: Das ist Sache der ING-Bank!

Ist es Treichl und Co. bewusst, dass sie den bisher fast makellos guten Ruf der Ersten, aufgebaut in jahrzehntelanger Arbeit von hunderten von engagierten Mitarbeitern und Kundenbetreuern, mit einem Schlag vernichten? Und dass sich viele Kunden eine neue Bank suchen werden. Eine, von der sie hoffen, dass sie besseres G’spür und Umweltbewusstsein als die Erste hat?

Dabei können Herrn Treichls Atom-Spekulationen jederzeit ähnlich in die Hose gehen wie die Karibik-Spekulationen eines anderen Banker-Sohnes: Dann nämlich, wenn irgendwo wieder ein Groß-Unfall passiert, der nicht vertuscht werden kann und wenn die Weltöffentlichkeit davon erfährt und sich gegen den Bau neuer Atomkraftwerke stellt – wie in Amerika nach Harrisburg und in der freien Welt nach Tschernobyl. Was heute wie eine todsichere Investition aussieht, ist dann morgen wieder ein wertloser Haufen Papier.



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GastautorIn: Univ.-Lektor Mag. Dr. Gernot Neuwirth für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /