© BMK Cajetan Perwein / Vorstellung des Special Report im Rahmen einer Pressekonferenz in Glinzendorf
© BMK Cajetan Perwein / Vorstellung des Special Report im Rahmen einer Pressekonferenz in Glinzendorf

Bodenverbrauch: Die Ernährungssicherheit Österreichs wird bedroht

Wissenschaft zeigt auf: Horrender Bodenverbrauch ist große Gefahr für Ernährungssicherheit, Artenvielfalt und Klima

Im Rahmen einer Pressekonferenz am Biohof Adamah in Glinzendorf wurde der "APCC Special Report Landnutzung und Klimawandel in Österreich" vorgestellt, ein Sachstandbericht, der von 130 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen erstellt wurde.

Die Bundesregierung hat mehrere Bodenschutz-Initiativen umgesetzt: Neben der Stärkung der Ortskerne wird über das Klimaschutzministerium erstmals die Entsiegelung gezielt gefördert. Das heißt, versiegelte Flächen werden wieder aufgebrochen und der Natur zurückzugegeben. Zusätzlich gibt es einen weiteren Schwerpunkt zu Brachflächen, um Industriestandorte wieder verwenden zu können oder eine Moorschutzinitiative um wertvollen Feuchtgebiete wieder zu vernässen. Außerdem wurde mit dem Klimacheck des ASFINAG-Bauprogramms ein wichtiger Schwerpunkt gesetzt, um die übermäßige Versiegelung im hochrangigen Straßenbau zu checken. Und: In der Umweltverträglichkeitsprüfung wurden neue Kriterien zum Thema Flächenfraß eingeführt.


Vizekanzler Werner Kogler erklärt: "Es wird zuviel zubetoniert in Österreich und damit werden Chancen ruiniert. Gesunde Böden sind rar. Wenn wir so weiter tun haben künftige Generationen keinen Quadratmeter fruchtbaren Boden mehr, um Getreide oder Gemüse anzubauen. Wir haben es in der Hand, diese Entwicklung aufzuhalten und eine Wende zu erreichen, dazu müssen wir die nächsten 30-40 Jahre vorausdenken, auch für jene, die noch nicht geboren sind, mit wirksamem Bodenschutz. Dieser ist gleichzeitig Hochwasserschutz, Artenschutz, Klimaschutz und somit auch Menschenschutz. Viele Österreicher:innen wünschen sich von Gemeinde- und Länderverantwortliche entsprechende Handlungen und Vorgaben - ähnlich fordern es heute namhafte Klimawissenschaftler:innen. Verlieren wir also keine Zeit: Jetzt ist der beste Zeitpunkt, um unsere wertvollen Böden zu schützen. "

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler meint: "Wir haben nur eine Erde und nur den einen Boden. Leider ist die Situation beim Zubetonieren in Österreich äußerst prekär. Wir müssen aufhören, unsere wertvollen Böden zu zerstören. Denn jeden Tag werden in Österreich rund 12 Hektar Boden verbraucht - das sind rund 16 Fußballfelder. Der Bericht zeigt deutlich, wie dringend Handeln Notwendigkeit ist, das können wie nicht ignorieren. Das ist kein triviales Thema."

Der Leitautor des APCC-Berichts Robert Jandl, sagt: "Die Anpassung unserer Landwirtschaft an den Klimawandel ist für die Zukunft unserer Lebensmittelsicherheit entscheidend. Durch nachhaltige Anbaumethoden können die Auswirkungen der Klimakrise gemindert werden. Das beinhaltet sowohl Entscheidungen auf der Ebene der Betriebe als auch das individuelle Konsumverhalten."

Die Details zum Special Report:/b>

Der aktuelle Bericht (Special Report) des Austrian Panel on Climate Change (APCC) befasst sich detailliert mit dem Bodenverbrauch in Österreich im Zusammenhang mit der Klimakrise. 130 Wissenschaftler haben dafür interdisziplinär zusammengearbeitet. Die Ergebnisse sind klar: Die massive Zerstörung von wertvollen Böden ist eine Bedrohung für die Ernährungssicherheit in Österreich. Die Studienautor:innen fordern daher einen verantwortlichen Umgang mit der Ressource Boden.

Österreichs Böden haben immense Wichtigkeit: Sie sind nicht nur Grundlage für unsere Nahrungsproduktion, sondern auch für sauberes Trinkwasser. Sie sind auch wichtige Naturräume mit hoher Bedeutung für Biodiversität, Arten- und Klimaschutz. Derzeit werden in Österreich täglich 12 Hektar, das ist eine Fläche von rund 16 Fußballfeldern, verbraucht. Wir müssen den Umgang mit wertvollen Böden ändern, soviel scheint fix. Wenn wir nicht umsteuern, führt dies in Zukunft zu Schwierigkeiten für die heimische Landwirtschaft und damit auch für die Sicherung der Lebensmittelversorgung mit österreichischen Produkten.

Im Fokus des Reports stehen die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen, die örtliche Raumplanung im ländlichen und urbanen Raum - Stichwort Zersiedelung - sowie die ökologische und klimatische Bedeutung der österreichischen Wälder. Ebenfalls Teil der Analyse sind klare Handlungsoptionen für Entscheidungsträger:innen. Finanziert wurde der Berichts über den Klima- und Energiefonds.


Zentrale Untersuchungsergebnisse:

* Der Bodenverbrauch und damit der Verlust an wertvollen Bodenfunktionen ist in Österreich zu hoch. Das gefährdet die heimische Artenvielfalt und die Ernährungssicherheit, außerdem verstärkt es die Auswirkungen der Klimakrise.

* Der Biodiversitätsverlust ist alarmierend. Bodenschutz und eine nachhaltige Bewirtschaftung sowohl von land- als auch forstwirtschaftlichen Flächen schafft hier Abhilfe.
* Die Intensität der Landnutzung hat erheblichen Anteil am Biodiversitätsverlust und am Klimawandel. Eine extensive, nachhaltige Nutzung sowie Maßnahmen zur Klimawandel-Anpassung können hier entgegenwirken.



Problemfeld Bodenfraß

Die Bodeninanspruchnahme in Österreich ist enorm. Die größte jährliche Landnutzungsänderung findet auf Kosten von landwirtschaftlichem Grund durch den Siedlungsbau statt. Die Bodeninanspruchnahme findet an vielen verschiedenen Orten gleichzeitig statt und hat insgesamt eine große Wirkung. Produktive Böden in ebenen Tallagen sind wichtig für die Produktion von Lebens- und Futtermitteln, um die unabhängige, selbstständige Versorgung von Österreich zu gewährleisten. Gleichzeitig sind gerade diese Böden für Siedlungs- und Infrastrukturprojekte attraktiv. Klimaregulierende Bodeneigenschaften werden dabei ignoriert. Die Bodenqualität soll daher als Entscheidungskriterium in der örtlichen Raumplanung, auf Gemeinde- und Länderebene, explizit verankert werden.

Handlungsempfehlungen gegen Bodenfraß

Bekenntnis von Ländern und Gemeinden zu einem verantwortlichen Umgang der Ressource Boden als zentrales Element der Raumordnung:

* Innerstädtische und innerörtliche Verdichtung statt Zersiedlung im Umland.
* Vernetzung von Grünelementen und Grünflächen im urbanen Bereich, auch um mehr Frischluftschneisen zu schaffen
* Erweiterung der Wirkmächtigkeit der Planungsinstrumente gemäß den jeweiligen Raumordnungsgesetzen der Bundesländer über die Verordnung von entsprechenden Plänen und Programmen.
* Effizientere Ressourcennutzungen.

Problemfeld Ernährungssicherheit

Die Landwirtschaft ist einer der vom Klimawandel am stärksten betroffen Sektoren. Gleichzeitig sind die biologischen Bodenfunktionen für eine funktionierende Landwirtschaft essentiell. Am stärksten bedroht vom Bodenfraß sind landwirtschaftliche Haupt-Produktionsflächen im Osten von Österreich: Sie werden durch den Klimawandel wesentlich an Produktivität einbüßen. Die Anbaugebiete werden sich nach Westen bzw. in höhere Lagen verschieben. Trotz dieser zu erwartenden geografischen Veränderungen bleibt der Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen unvermindert hoch. Das heißt, ein zusätzlicher Bodenverbrauch verschärft das Problem zunehmend.

Handlungsempfehlungen für gestärkte Ernährungssicherheit

* Bodenverbrauch massiv reduzieren
* Stärkung nachhaltiger Landwirtschaft, die einen ressourcenschonenden Umgang mit wertvollen Böden hat.
* Klimabedingter Verschiebung von Anbauflächen entgegentreten. Das kann über die Nutzung von Ackerflächen funktionieren, indem die Lebensmittelproduktion verstärkt gefördert wird.

Problemfeld Wald

Österreichs Wälder gilt es weiter zu schützen. Denn sie sind zentrale Orte der heimischen Artenvielfalt und haben eine wichtige Schutzfunktion - gerade angesichts der durch die Klimakrise zunehmenden Extremwetterereignisse (Sturm, Dürre, Waldbrände).

Handlungsempfehlungen Wald

* Konsequenter Erhalt von Schutzwäldern
* Wahl geeigneter Baum(misch)arten und Vorkehrungen gegen Störungen (Schädlinge, Feuer), um die Rolle des Waldes als Rohstoffquelle für die Bioökonomie und als Lebensraum für Biodiversität erhalten zu können.
* Diversifizierung der Baumartenzusammensetzung und Altersstruktur der Wälder zur Erhöhung der Resilienz der Wälder.



SERVICE

Der vollständige Bericht findet sich HIER

Eine Zusammenfassung für Entscheidungsträger:innen finden Sie HIER


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /