© Innes Linder auf Pixabay
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Öffentliche Beschaffung hält BIO-Quoten der Regierung nicht ein

Enkeltaugliches Österreich überbringt Forderungen mit offenem Brief

"Enkeltaugliches Österreich" diskutiert mit Expert:innen, welche Folgen Nicht-Einhaltung für Österreich, die heimische Landwirtschaft und regionale Wirtschaft haben würde und wendet sich mit offenem Brief an den Finanzminister.

Der Aktionsplan "Nachhaltige Beschaffung" der Regierung gibt vor, dass mindestens 25% der eingekauften Lebensmittel in Einrichtungen des Bundes BIO sein müssen. (2025: 30% / 2030: 55%) Trotz dieser im Regierungsprogramm versprochenen Vorgaben wird BIO bei der öffentlichen Beschaffung noch immer nicht ausreichend berücksichtigt. Österreich ist ein BIO-Vorzeigeland und produziert ausreichend BIO-Lebensmittel: Das beweisen auch die Konsument:innen, die derzeit über 11% der Lebensmittel in BIO einkaufen. Bei der Gastronomie sind es um die 7%, lediglich die öffentliche Hand hinkt, anders als im Regierungsprogramm niedergeschrieben, mit nur circa 4% stark hinterher. Die Folgen der Nicht-Einhaltung dieser Quote für Österreich, unsere Landwirtschaft, die Natur und die regionale Wirtschaft sind enorm. In einem offenen Brief wendet sich daher die Bewegung an den Finanzminister, mit der Aufforderung diesen außerordentlich wichtigen Aktionsplan nun im Sinne der Generationenverantwortung umzusetzen.

BIO-Anteil wird bei Ausschreibungen nicht berücksichtigt

Laut dem Aktionsplan "Nachhaltige Beschaffung" müssen seit Jänner 2023 verbindlich 25% der eingekauften Lebensmittel in Einrichtungen des Bundes BIO sein. "Das wird in der Praxis allerdings nicht realisiert, denn in den Einrichtungen des Bundes werden momentan laut unserer Information nur circa 4% BIO eingesetzt, in den meisten Fällen konnte die Bioquote nicht einmal erhoben werden", erklärt Barbara Holzer-Rappoldt, strategische Leitung und Vorständin von Enkeltaugliches Österreich. "Eine besondere Hürde bei der Umsetzung ist die Vorgehensweise der Bundesbeschaffung bei Ausschreibungen. Bei bestehenden Rahmenvereinbarungen werden die BIO-Quoten nicht entsprechend vorgegeben oder gar keine eigenen BIO-Lose ausgeschrieben. Das hat zur Folge, dass zum einen Lieferanten vermehrt konventionelle Ware liefern und zum anderen reine BIO-Lieferanten sich bei Ausschreibungen, bis auf wenige Ausnahmen, gar nicht beteiligen können! Weder die Bundesbeschaffungs GmbH noch die meisten öffentlichen Institutionen sehen sich in der Verantwortung, die Umsetzung des Aktionsplans voranzutreiben. Daher benötigt es eine öffentliche Debatte.", spricht Holzer-Rappoldt weiter.

Die öffentliche Beschaffung als wichtige Stellschraube

Die öffentliche Beschaffung ist eine der größten Stellschrauben Österreichs und hat einen immensen Einfluss auf den Ausbau der regionalen BIO-Landwirtschaft, Erhaltung der Biodiversität, Gesundheit sowie die Senkung der Klimaemissionen, und den Folgekosten der heimischen Landwirtschaft. "Die BIO-Landwirtschaft verzeichnet 66-90% weniger CO2 Emissionen pro Hektar. Auch BIO-Produkte zeigen durchwegs geringere CO2 Emissionen pro Kilogramm auf. Beispielsweise könnte bei BIO-Fleisch 10-50% CO2- eq/kg eingespart werden", erklärt Manfred Huber, Inhaber von Sonnberg Biofleisch.

Zwtl.: Ist die Umstellung zu teuer?

Nicht nur CO2, sondern auch Geld kann gespart werden. Die Umstellung auf mehr gesunde BIO-Kost wird oft als "zu teuer" abgetan, das ist wohl etwas zu kurz gegriffen. Klima-Strafzahlungen in Milliardenhöhe könnten so eingespart werden. Die Folgekosten der heimischen Landwirtschaft könnten um fast eine halbe Milliarde Euro pro Jahr durch den Umstieg auf BIO gesenkt werden. "Statt Jahr für Jahr diese Summe in die Reparatur von Schäden der Nicht-BIO-Landwirtschaft zu stecken, sollte in den Umstieg der öffentlichen Einrichtungen in regionale und schnell verfügbare BIO-Verpflegung investiert werden", so Andi Achleitner, Biohof Achleitner und Vorstand von ETÖ.

Ein hoher BIO-Anteil gewährleistet außerdem die Versorgungssicherheit Österreichs, da Kreisläufe ökologisch und regional geschlossen werden. Während beispielsweise für regionales Nicht-Bio Fleisch ca. 250.000 Hektar Anbaufläche in Südamerika benötigt werden und über 700 Millionen kg Soja importiert werden, liegt die österreichische Eigenversorgungsquote bei Nutztzierfutter im BIO-Bereich bei weit über 90%. "Es ist wichtig zu betonen, dass nur BIO auch konsequent regional sein kann. Das Risiko in die Abhängigkeit von globalen Lieferketten zu rutschen, muss entsprechend bewertet werden", klärt Johannes Gutmann, Gründer von Sonnentor und ETÖ-Vorstand auf. "Ein hoher BIO-Anteil sichert auch zukünftig autarke Böden und preisstabile Lebensmittel. Während die Nicht-BIO-Landwirtschaft von energieaufwändig produziertem Kunstdünger und Pestiziden aus dem Ausland abhängig ist, kommt die BIO-Landwirtschaft ohne aus. Dieser Vorteil zeigte sich besonders während der Inflation der letzten Jahre, wo BIO sogar zur Inflationsbremse wurde", so Gutmann.

Drohende finanzielle Verluste für die BIO-Branche

Der BIO-Aktionsplan sieht 35% BIO-Fläche in Österreich bis 2030 vor. Um diesen Plan zu erreichen, ist es wichtig auch einen entsprechenden BIO-Absatz in Österreich zu haben. Diese Verantwortung soll nicht den Konsument:innen alleine überlassen werden, die bereits über 11% der Lebensmittel in BIO einkaufen. "Im Vertrauen auf unsere Bundesregierung wurden bereits Investitionen seitens der BIO-Branche getätigt, da die Umsetzung als verpflichtend im Regierungsprogramm steht und im Ministerrat beschlossen wurde. Allein bei der letzten Ausschreibung für Fleisch der Bundesbeschaffung gehen derzeit der BIO-Branche viele Millionen Euro pro Jahr verloren, weil der NaBe Aktionsplan nicht eingehalten wird. Deshalb ist ein Nachholen der versprochenen Umsetzung und eine Neuausschreibung aller Lebensmittel mit eigenen BIO-Losen, im Sinne der Nachvollziehbarkeit, dringend notwendig", erklärt Manfred Huber. Um diesen Forderungen Ausdruck zu verleihen haben sich viele BIO-Pionier:innen einen offenen Brief an den Finanzminister gewandt, den sie gemeinsam mit einer Vielfalt an österreichischen BIO-Produkten persönlich übergeben haben. "Das Thema liegt uns wirklich sehr am Herzen und ist mitentscheidend für unsere enkeltaugliche Zukunft. Es geht uns wirklich alle an. Wir hoffen, dass der Finanzminister unseren Forderungen nachkommt und wir schon bald einen 25%igen BIO-Anteil in der öffentlichen Beschaffung haben", erklärt Barbara Holzer-Rappoldt abschließend. "Die positiven Auswirkungen auf ein enkeltaugliches Österreich wären enorm".

Über die Bewegung Enkeltaugliches Österreich

Enkeltaugliches Österreich ist eine Bewegung des 2019 gegründeten Vereins "Verein für eine enkeltaugliche Umwelt". Die Bewegung besteht aus Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern, renommierten Forscher:innen, nachhaltigen Unternehmen, naturnahen Organisationen und motivierten Privatpersonen, die eigenverantwortlich und unabhängig für eine enkeltaugliche Umwelt eintreten. Ziel ist, die Österreichische Landwirtschaft, Wälder, Landschaft und kindWirtschaft enkeltauglich zu machen. Es geht darum, nachhaltige Akteur:innen und engagierte Menschen österreichweit zu vernetzen, einen konkreten Maßnahmenplan weiterzuentwickeln, diesen auch selbst umzusetzen und nicht zuletzt, durch eine gemeinsame Kommunikation, für eine breite Bewusstseinsbildung zu sorgen.

Hier finden Sie den offenen Brief an den Finanzminister.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /