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Atomenergie um jeden Preis

"Wir werden neue Kernreaktoren in Dukovany und Temelin bauen, koste es was es wolle." So könnte man die Politik am schnellsten zusammenfassen, die Minister Jan Mladek seit seinem Amtseintritt betreibt.

Seine Beharrlichkeit wäre zum Lachen, wenn sie in den kommenden Jahrzehnten für die tschechischen Steuerzahler nicht eine finanzielle Belastung in astronomischer Höhe bedeuten würde. Der Aktionsplan der Minister sieht vor, dass die Vorbereitungsarbeiten und Baugenehmigungen für die geplanten neuen Reaktoren bis 2025 bis zu 32 Milliarden Kronen kosten werden. Der Staat würde das Geld nicht direkt ausgeben, sondern dazu den Energiekonzern ČEZ verdonnern, an dem er die Mehrheit hält.

Das Wichtigste, die Entscheidung über die Höhe der Zuschüsse für den laufenden Betrieb der neuen Reaktoren, schlägt Minister Mládek vor, bis 2025 zu verschieben. Man scheint die gleiche Form der Unterstützung anwenden zu wollen, die das Vereinigte Königreich für das geplante Kraftwerk Hinkley Point C von der Europäischen Kommission genehmigen bekommen hat.

London garantiert den Investoren für alle Kredite für den Bau des Kraftwerks, sowie einen Einspeisetarif, der das Doppelte des aktuellen Marktpreises betragen wird, und das auf die Dauer von 35 Jahren. Am vernetzten europäischen Markt sind jedoch die Strompreise deutlich niedriger als in Großbritannien, so dass die Fördersätze deutlich höher sein werden, als in Tschechien.

Zum Vergleich: Der Preis für Atomstrom beträgt in Europa derzeit rund 35 Euro pro Megawattstunde. CEZ müsste nach eigenen Berechnungen für die neuen Blöcke einen Einspeisetarif von um die 65 Euro erreichen, vielleicht sogar 100 Euro. Das Beratungsunternehmen Candole Partners hat berechnet, dass das in diesem Fall den Steuerzahler jährlich eine Milliarde Euro kosten würde.

Die tatsächlichen Baukosten sind noch umstrittener. Reaktoren der sogenannten dritten Generation, die in Europa als einzige in Betracht kommen, werden derzeit an zwei Orten gebaut - im französischen Flamanville und in Olkiluoto in Finnland.

In beiden Fällen müssen die Fristen immer wieder verschoben werden und es kommt zu einem unkontrollierbaren Wachstum der Kosten, was ihren zentralen Zulieferer, das französische Unternehmen Areva, in einen Rekordverlust zog. Ähnlich sieht es bei den laufenden Projekten in den Vereinigten Staaten und in der Volksrepublik China aus.
Paradoxerweise ist der Einzige, der eine realistische Chance hat, Mladeks Atomglücksspiel zu beenden, die Führung von CEZ selber. Diese ist sich dessen bewusst, dass westlich der Grenzen eine grundlegende Wandlung im Energiesektor stattfindet und dass Tschechien nicht so tun kann, als ob diese das Land nicht betreffen würde.

Die führenden Angestellten von CEZ, EON, RWE und weiteren Unternehmen sprechen offen darüber, dass die Zukunft der Energiewirtschaft in kleinen, dezentralen Quellen liegt und dass die Kunden zunehmend ihren eigenen Strom produzieren werden. ČEZ hat vor kurzem sogar angekündigt, dass geplant sei, an eigene Kunden für den Bau von Haus-PV-Anlagen Kredite zu vergeben.

Die Energieunternehmen überbieten sich darin nicht in der Stromerzeugung, sondern darin, wer seinen Kunden die wirtschaftlich beste, auf den Kunden zugeschnittene Lösung vorschlagen kann. Neue Kernreaktoren sowie Uran- und Kohleminen, führen angesichts dieser Entwicklungen gänzlich in die falsche Richtung. Hoffentlich versteht das bald auch die tschechische Regierung.

Übersetzung aus dem Tschechischen ins Deutsche: Viktor Weinstein, Bernhard Riepl, www.sonneundfreiheit.eu

Das Tschechische Original wurde im Tschechischen Rundfunk veröffentlicht.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /