© oekonews-Müller / Leider alle Ladestationen voll beim E-Mobilitätskongress
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Elektromobilität in Niederösterreich: "Bitte um Begeisterung!"

Erste Fachtagung „e-mobil in niederösterreich“ in St. Pölten

© oekonews/Müller- Eröffnung der Konferenz durch die Landesräte
© oekonews/Müller- Eröffnung der Konferenz durch die Landesräte
© NÖ Landespressedienst/Burchhart - ecoplus Geschäftsführer Mag. Helmut Miernicki, Wirtschafts-Landesrätin Dr. Petra Bohuslav, Umwelt-Landesrat Dr. Stephan Pernkopf.
© NÖ Landespressedienst/Burchhart - ecoplus Geschäftsführer Mag. Helmut Miernicki, Wirtschafts-Landesrätin Dr. Petra Bohuslav, Umwelt-Landesrat Dr. Stephan Pernkopf.
© oekonews-Müller / Konferenzort Hypo NÖ.
© oekonews-Müller / Konferenzort Hypo NÖ.

‘Bitte um Begeisterung’, so lauteten die einleitenden Worte zum ersten Fachkongress ‘e-mobil in niederösterreich’. Für mich hielt sich die Begeisterung anfänglich in Grenzen, nachdem ich mit meinem Renault ZOE vergeblich versucht hatte, bei den sechs vorhandenen Ladepunkten um den Klangturm einen Platz zu ergattern. Sechs Ladepunkte, die alle besetzt waren, sind leider in so einen Fall nicht gerade ein Vorzeigeprojekt der EVN. Zumindest wurde Besserung für den zweiten Kongress versprochen. Doch diese Infrastrukturschlappe nur als kurze Einleitung, der Kongress selbst gestaltete sich als gut organisiert und moderiert. Die Lokalität in der Niederösterreichischen Hypo, einen Steinwurf von der Landesregierung entfernt, beherbergte die rund 160 TeilnehmerInnen (der Frauenanteil war leider niedrigst) angemessen, der Koffeinspiegel konnte durchgehend im grünen Bereich gehalten werden und die Versorgung in den Pausen war hervorragend. Also, Kongress gerettet - oder gibt es da noch mehr, auf das zu achten ist?

Die Veranstaltung wurde von Landesrätin Dr. Petra Bohuslav (Wirtschaft, Tourismus, Technologie und Sport) und Landesrat Dr. Stephan Pernkopf (Umwelt, Landwirtschaft und Energie) eröffnet. Sie stellten die intensiven Bemühungen der Landesregierung, in diesem Jahr noch die elektrische Energieversorgung Niederösterreichs zu 100 % aus erneuerbaren Energiequellen zu garantieren, in den Mittelpunkt. Ebenso wurden die Ziele in der Elektromobilität (50.000 Elektrofahrzeuge im Jahr 2020 in Niederösterreich zugelassen) mit erhöhter lokaler Wertschöpfung und Erreichung von Umweltschutzzielen in enge Beziehung gebracht. Neben Begeisterung und ökologischen Zielen wurden die wirtschaftlichen Ziele und die Hebung der Wertschöpfung klar hervorgehoben. Aus den Aussagen der beiden Landesräte könnte man tatsächlich Begeisterung und eine gewisses Vertrauen an eine positive Entwicklung der Elektromobilität und aller anknüpfenden Dienstleitungen und Wertschöpfungsketten heraushören. Es bleibt zu hoffen, dass diese positive Gesinnung für alternative Mobilitätskonzepte der politisch Verantwortlichen nicht nur auf die Aussagen der Konzernverantwortlichen der deutschen Automobilindustrie gestützt ist und bei Bedarf gedreht wird, sondern einer inneren Überzeugung folgt und auch gegen politischen und wirtschaftlichen Gegenwind auf Kurs bleibt. Nach den einführenden Worten aus der Politik ging es, zum Koffeindoping und anschließend nach einer kurzen Moderation von Stefan Liebert, dem Geschäftsfeldleiter des Clusters Niederösterreich der ecoplus, in medias res. Drei Keynotes standen vor der Mittagspause auf dem Programm und die hatten es teilweise in sich.

Plug-In-Hybrid oder reines Elektroauto?

Dr. Wolfgang Bernhart von Roland Berger Strategy Consultants GmbH referierte über den Status Quo, bis hin zu Zukunftsprognosen der Elektromobilität. Als Kostentreiber wurden die Kosten der Traktionsbatterie genannt aber auch betont, dass zukünftig die Kosten sinken und die Energiedichten steigen. Gleichzeitig meinte Dr. Bernhart sehr eindringlich, dass die positiven Entwicklungen der Batterietechnologien nicht so schnell erfolgen, wie es von vielen Experten publiziert wird. Für 2017 sollen die Kosten um 20 % gesenkt werden, bei gleicher Energiedichte, also nicht 20 % geringere Kosten bei 20 % höherer Energiedichte. Von der wirtschaftlichen Betrachtung werden die Wertschöpfungsketten durch die Akkuzellen ganz klar in Asien gesehen, es gibt fünf Hersteller von Akkuzellen, die alle in Asien beheimatet sind. Das Assembling der Traktionsbatterie wird bei den einzelnen Automobilherstellern durchgeführt. Der Trend zur Elektromobilität wird hauptsächlich durch strengere CO2 Werte getrieben, dies ist politisch bedingt und kommt nicht von den Automobilherstellern oder den Anwendern. Die höchsten Förderungen und Anreize zur Umsetzung von Elektromobilität finden sich in China, gefolgt von den USA. Für 2020 bis 2022 wurde der Zeitpunkt festgelegt, bei dem Elektromobilität, für gewisse Anwendungsbereiche, kostengünstiger als Verbrenner-Technologie sein könnte. Unter der Voraussetzung, dass elektrische Energie nicht gleich hoch besteuert wird, wie fossile Treibstoffe heute. Für Dr. Bernhart stellt die Plug-In-Technologie in den nächsten Jahren die entscheidende Antriebsart dar. 2020 sollten laut der Studie, ca. 9 % aller Fahrzeuge in Europa zumindest teilelektrisch betrieben werden, 2025 steigt dieser Anteil immerhin auf 31 %. Ab 2025 werden mit Dieseltreibstoff die geforderten Abgaswerte nicht erreicht werden können und Dieselfahrzeuge werden verschwinden. Bis Ende 2030 wird jedes vierte Auto auf Europas Straßen ein PHEV oder EV sein. Die Brennstoffzellentechnologie könnte langfristig günstiger werden, da sieht Dr. Bernhart den Horizont aber noch sehr weit in der Zukunft, ebenso für elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge. Die Ladeinfrastruktur wird sehr kritisch beäugt, da sich Herr Dr. Bernhart nicht vorstellen kann, wie mehrere reine EV’s in Garagen parallel geladen werden können. Der ansonsten sehr seriös wirkende Vortrag hat bei näherer Betrachtung doch einige Makel aufzuweisen. Besonders die Aussagen bezüglich Ladenetzwerk, Nutzfahrzeuge und die besonders stark hervorgehobene Entwicklung der PHEV’s könnten den geschulten Beobachter auf eine innige Einigkeit mit der deutschen Automobilindustrie schließen lassen. Auch wurden keine Qualitätsangaben zu den Ausgangsdaten und Prognosen, sowie keine sowie keine Streuungsbereiche der prognostizierten Zukunftswerte angegeben. Zu den präsentierten Prognosen fällt mir der Ausspruch ‘self-fulfilling prophecy’ ein. Durch die Darstellung der Zukunft als quasi Tatsache, kann diese Studie sehr leicht instrumentalisiert werden, zum Beispiel um PHEV’s vor EV’s zu fördern oder Ladeinfrastruktur nicht flächendecken auszubauen. Die Politik sei gewarnt, derartige ‘absolute Zukunftsprognosen’ als bare Münze zu nehmen!

Ein Spaßauto das alles in den Schatten stellt?

DI Dr. Christian Ebner war Projektleiter bei BMW für den C-Evolution Großroller und ist nun für strategische Entwicklung bei BMW zuständig. Er versuchte die Motivation von BMW zu vermitteln, Elektrofahrzeuge zu produzieren, trotz der eklatanten Energiedichteprobleme der heutigen Akkutechnologie. Man verzeihe den Sarkasmus, aber nach einem sehr objektiven und interessanten Vortrag über die Entwicklung des C-Evolution konnte sich Dr. Ebner nicht mehr halten und die BMW-Seele des Niederösterreichers kam ungehindert zum Vorschein. Er rühmte die Beschleunigungswerte des C-Evolutions, der jede 800er an der Kreuzung stehen lässt, schwärmte über den i8, der als Spaß-Auto gebaut wurde und der alles andere in den Schatten stellt. Die Beschleunigungswerte des i8, den er als Elektroauto bezeichnet, zeigten den ansonsten sehr ruhig wirkenden Diplomingenieur, in einem ganz anderen Licht. Konzern Philosophie oder eigene Emotion, das benötigt die Elektromobilität, Emotion, aber bitte am Stammtisch, nicht unbedingt beim Fachkongress. Eine Anmerkung zum i8 sei mir als praktizierender Elektromobilist gestattet. Es ist bezeichnend für die deutsche Automobilindustrie, dass sie alle PluginHybrid-Elektrofahrzeuge (PHEV), die hauptsächlich durch Verbrennungsmotoren mit mehr als 150 PS angetrieben werden, als Elektroauto bezeichnet. Aber weiter mit der Keynote von Dr. Ebner. Sehr gut gefallen hat mir die Darstellung der Ökobilanz für den i3. Diese war, zumindest im Vortrag nachvollziehbar und begründet, wie die Rechnung aber in der Realität aussieht, möchte ich nicht bewerten, nur so viel dazu, wenn die Rückleuchte beim i3 defekt ist, muss die gesamte Heckklappe ausgetauscht werden. Inwieweit das zur positiven Ökobilanz beiträgt, sei dahingestellt. Zumindest wurden für das neue Werk in Dresden Windräder zur Energieerzeugung errichtet. Einen Wermutstropfen bei der nachhaltigen Produktion des i3 stellt das Carbonfaserwerk in den USA dar. Dieses wurde laut Dr. Ebner und somit laut offizieller BMW Argumentation, in Moses Lake im Bundesstaat Washington angesiedelt, weil dort – ich traue es mich gar nicht zu schreiben, aber es ist so gesagt worden – ein großes Wasserkraftwerk steht, damit die Kohlefaser mit erneuerbarer Energie erzeugt werden kann! Nach dieser Aussage war ich und ich denke auch viele andere im Saal, wie vor den Kopf gestoßen, ich traute meinen Ohren und Augen nicht. Dieses Argument zur Rechtfertigung der ausgelagerten Produktion der Carbonfaser - ohne Berücksichtigung des immensen Transportweges rund um den Globus und der Tatsache, dass in ganz Europa erneuerbare Energie zur Verfügung steht. Nach dazu, wo doch zur Einleitung des Kongresses das 100 % erneuerbare Energieziel für 2015 verkündet wurde. ‘Shame on you’ fällt mir nur dazu ein. Ein weiteres "Stammtischargument", neben den Beschleunigungstiraden, das den ansonsten schlüssigen und glaubwürdigen Beitrag in der Qualität ziemlich nach unten zog. Schade, denn die Gründe für Elektromobilität in der BMW-Gruppe waren sehr gut an die ökologischen Bedürfnisse der Menschheit und des Planeten Erde angelehnt.

100% elektrisch fahren - ohne kompliziertes Smart-Grid

Die dritte Keynote wurde von einem, offensichtlich nicht durch die Automobilindustrie oder Energiewirtschaft vereinnahmten Experten vorgetragen. Univ.-Prof. DI Dr. Manfred Schrödl von der TU-Wien, Institut für Verkehrstechnik, referierte über die Auswirkungen der Elektromobilität auf unser elektrisches Energienetz. Dabei wurden im ersten Teil ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung der Elektromobilität und die anfänglichen Schwächen aufgezeigt. Ebenso der ‘Hype-Zyklus’ der Elektromobilität, die nach dem Hoch in den 1990er Jahren einen Tiefpunkt um 2005 erreicht hatte. Erst durch den Einsatz moderner Lithium-Akkus konnte die Talfahrt gestoppt und eine Wende in der Entwicklung herbeigeführt werden. Weiters wurde die weitere Entwicklung der Preisstruktur in der Akkutechnologie auf Basis der doppelt logarithmischen Lernkurven erläutert. Die monetäre Entwicklung wurde unter anderem im Vergleich zur Photovoltaik dargestellt. Die auffallend linearen Zusammenhänge zwischen installierten Einheiten und Preisverfall konnten glaubwürdig dargelegt werden. So würden, laut Lernkurve der Akkutechnologie, die Preise für Lithium Akkus um 15 % pro verdoppelter, installierter Akkukapazität fallen. Die Vorteile des Elektroantriebes zum Verbrennungsmotor wurden aufgrund der thermodynamischen Grenzen und der bereits sehr hoch ausgereizten technischen Realisierung erklärt. Ebenso streifte Prof. Schrödl die CO2 Thematik und die Notwendigkeit der Umstellung auf alternative Antriebe aufgrund des hohen CO2 Ausstoßes, immerhin 1/3 aller Verursacher, begründet. Neben der einfachen Technologie des Elektroautos bleibt aber das KO-Kriterium Batterie noch im Fokus. Hier konnte der Techniker aber Entwarnung geben. Alleine durch den Betrieb der TESLA Gigafactory werden ab 2017 die installierten Akkukapazitäten verdoppelt und die Preise fallen. Dies hat zur Folge dass größere Akkus kostengünstig verbaut werden können. Dies führt uns direkt zum Thema Energie und die Belastung der elektrischen Energienetze. Gleich vorweg, ‘es geht sich alles aus’, die Worte des Experten. Die Begründungen sind transparent und einleuchtend. Einerseits werden mit zunehmender Akkukapazität in den Fahrzeugen und gleichbleibenden Fahrprofile die Ladevorgänge, z.B. pro Woche weniger. Ein Fahrzeug mit einem 60 kWh Akku muss weniger oft geladen werden, das erhöht auch die mögliche Kilometerleistung pro Zelle, aufgrund der hohen Zyklenzahl von 5.000 Zyklen und der großen Traktionsbatterien, können Kilometerleistungen von über einer Million pro Fahrzeug erreicht werden. Der Akku wird also in Zukunft die Karosserie überleben, die Fahrzeuge müssen im normalen Fahrprofil nur noch ein oder zweimal pro Woche geladen werden und belasten die Netze damit weniger. Zudem kommt eine weit verbreitete Ladeinfrastruktur, nach dem Motto ‘Parken heißt laden’, mit der, bei geringen Leistungen, die Batterien zu günstigen Zeiten geladen werden können. Auch wurde in diesem Vortrag erstmals die elektrische Energie angesprochen, die benötigt wird um aus Rohöl Benzin zu produzieren und die immensen Energieverbräuche durch die niedrigen Wirkungsgrade der Verbrennungsmotoren. Zudem hat Prof. Schrödl eine Gesamtbetrachtung von privaten Haushalt und Mobilität kurz angeschnitten, in der die hohe Bedeutung der Einbindung von PV-Anlagen als Energiequelle für Elektromobilität dargestellt wurde. In diesem Zusammenhang wurde klar, dass die 100 %ige Versorgung von Elektromobilität durch nachhaltige Energieerzeugung ohne komplizierte Smart-Grid Lösungen möglich ist. Laut Prof. Schrödl steht die Elektromobilität kurz vor dem Durchbruch. Ein wirklich positiver Beitrag zum Konferenz, der die technische Machbarkeit in den Vordergrund gestellt hat und die Gründe, warum etwas nicht funktionier, unbeachtet gelassen hat – Danke!


Nach der Mittagspause wurde der Kongress leider etwas zerrissen, da vier unterschiedliche ‘Parallel-Sessions’ abgehalten wurden. Diese waren in die Bereiche Batterie, Ladeinfrastruktur, Dienstleistungen & Online Services sowie E-Fahrzeuge aufgeteilt. In den Veranstaltungen wurden jeweils drei Expertenvorträge aus den Themengebieten Produktion, Entwicklung und Forschung abgehalten.

Positive Beispiele aus Niederösterreich

Die große Erfahrung der ‘ecoplus’ und ‘enu’ Verantwortlichen hat eine reibungslose und, bis auf die fehlende Ladeinfrastruktur und die geringe Publikumswirksamkeit, gut organisierte Veranstaltung ermöglicht. Zwar lagen bei dieser Konferenz die Schwerpunkte in den Bereichen Ökonomie und Ökologie, im Sinne der Nachhaltigkeit fehlt leider noch die soziale Komponente. Ein Ansatz kann hier sicherlich über die Wertschöpfungskette führen, wie es am Beispiel GW-St. Pölten eindrucksvoll gezeigt wird. Die GW-St. Pölten, die einen wesentlichen Anteil von MitarbeiterInnen mit Beeinträchtigungen beschäftigt, war einer der Elektromobilitäts-Aussteller im Rahmenprogramm der Konferenz. Eventuell könnte die nächste Konferenz mit einem erweiterten Rahmenprogramm über zwei Tage abgehalten werden, bei der das Thema Elektromobilität auch in die Öffentlichkeit getragen wird. Auf alle Fälle ist diese Art des Dialoges der richtige Weg und eine hervorragende Gelegenheit das Netzwerk der ExpertInnen zu stärken und auszubauen.

GastautorIn: DI(FH) Friedrich Müller, MSc für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /