VGT plädiert an Putenmastindustrie, bei der Wahrheit zu bleiben

Profitgier auf Kosten unbeschreiblichen Tierleids

Umdenken dringend nötig

Wegen der bereits sehr hohen Besatzdichte, werden den Puten die Schnäbel gekürzt, damit sie sich gegenseitig keine Verletzungen zufügen.
Laut Statistik Austria war der Selbstversorgungsgrad bei Putenfleisch in Österreich im Jahr 2009 um 5% niedriger als 2013, das Bruttoputenfleischerzeugnis um 7% niedriger

In einer Aussendung heute fordert die Vertretung der österreichischen Geflügelmastindustrie eine Aufhebung des zentralen Standards der maximalen Besatzdichte in den Masthallen, um billiger produzieren zu können. Der VGT nimmt zu den Argumenten Stellung:

Die Geflügelindustrie tut so, als wäre plötzlich ein strenges Tierschutzgesetz entstanden, das jetzt ihre Profite bedrohe. Tatsache ist, dass die Bestimmung, die der Industrie ein Dorn im Auge ist, nämlich die Besatzdichtenobergrenze bei Puten, bereits seit 20 (!) Jahren existiert. Wieso also jetzt gerade diese Bestimmung zum Problem werden solle, bleibt man schuldig zu erklären.

Betrachtet man die Entwicklung des Putenfleischsektors laut Statistik Austria, findet sich auch kein Grund für Panikmache: 2009 wurden 21.070 Tonnen Putenfleisch in Österreich erzeugt, bei einem Selbstversorgungsgrad von 40%, 2013 waren es 22.480 Tonnen bei einem Selbstversorgungsgrad von 45%, siehe Statistik Austria. Tatsächlich schwankt der Selbstversorgungsgrad bei Putenfleisch seit 15 Jahren um die 40 – 50%. Im Westen also nichts Neues.

In der Aussendung der Geflügelindustrie ist von einer ‘moderaten und zeitlich sehr begrenzten Anpassung der Tierzahlen’ die Rede. So einen Euphemismus kann man einen ökonomischen Umgang mit der Wahrheit nennen. Tatsächlich sollen die Besatzdichten um ‘moderate’ 50% (!) angehoben werden, d.h. in die eh schon völlig überfüllten Hallen will man um die Hälfte mehr Tiere zwängen. Zeitlich begrenzt ist daran leider gar nichts.

Der ‘kontrollierte Tierwohlindikator’, der den Tierschutz ersetzen soll, ist nach der Vorstellung der Geflügelindustrie die Messung der Brustblasenveränderung an den toten Tierkörpern im Schlachthof. Mit anderen Worten: jede Pute, deren Brustblase – durch die völlige Überzüchtung – nicht ausreichend deformiert ist, muss sich pudelwohl fühlen und darf jederzeit mit beliebig vielen anderen Puten auf engstem Raum zusammengepfercht werden, ohne dass ihr die geringste Beschäftigung geboten wird! Der Denkfehler: psychisches Leid muss sich nicht in der Deformation von Brustblasen zeigen. Doch psychisches Tierleid gibt es in den Augen der Tierindustrie überhaupt nicht!

Es gäbe einen klaren Indikator für einen zentralen Aspekt des Tierwohls: die Bewegungsfreudigkeit! So müsste moderner Tierschutz aussehen: wenn sich die Puten nicht genauso bewegen, wie sie das in Freiheit tun würden, dann muss die entsprechende Rasse als Qualzucht verboten und die Besatzdichte reduziert werden. Würden wir uns an diese Version von Tierschutz halten, gäbe es keine Putenfabriken mehr. Tatsächlich berichtete Experte Prof. Bernhard Hörning am 15. 8. 2013 im deutschen Bundestag davon, dass 55-90% der Puten in Deutschland in den letzten Mastwochen starke Bewegungseinschränkungen bis zur Bewegungslosigkeit zeigen. Ist das der Zustand, der durch die Anpassung an deutsche Standards erreicht werden soll?

Der VGT fordert als Alternative eine klare Kennzeichnung des Herkunftslandes von Putenfleisch und eine offensive und ehrliche Aufklärung der KonsumentInnen über die Unterschiede in den Tierschutzstandards. Österreich muss im Tierschutz voranschreiten und darf die Standards keinesfalls auf das Niveau der Nachzügler in Europa anpassen!

Rückfragehinweis
DDr. Martin Balluch
medien@vgt.at
01/ 929 14 98


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