© Umweltinstitut München
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Globale Augenauswischerei

Das höchst umstrittene TTIP "Freihandelsabkommen" auf dem Prüfstand der Umweltsprecher/Innen der Parlamentsparteien

US-Regierung am Gänglband der US-Konzerne

Wien - ULLA WEIGERSTORFER , Neo-Abgeordnete und Umweltsprecherin des Team Stronach (TS), hatte den konstruktiven Einfall einen Runden Tisch mit den Umweltsprechern der im Nationalrat vertretenen Parteien, GLOBAL 2000,GREENPEACE und MedienvertreterInnen anzuregen. Wer von den Umweltsprechern nicht kommen konnte, schickte einen Vertreter oder ein Vertreterin.

Dieses Treffen fand einen Tag bevor US-Präsident Barack Obama nach Brüssel reiste, um mit den Präsidenten der EU-Kommission und des Rates den weiteren Fahrplan der Verhandlungen zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zu besprechen, im altehrwürdigen Presseclub CONCORDIA statt.
Thema waren erstmals die konkreten Auswirkungen von TTIP auf den Umweltschutz, wobei es in erster Linie um die drohende Absenkung der EU-Umweltstandards durch ‘regulatorische Kooperation’ ging. Ein weiteres Instrument neoliberalen Übermuts, das umstrittene Investor-State-Dispute-Settlement (ISDS) wurde ebenso kritisch beleuchtet.

ULLA WEIGERSTORFER bedankte sich einleitend herzlich bei allen Beteiligten, die sich alle kurzfristig für diesen Termin bereit fanden, was auch die Bedeutung des allgemeinen Stellenwerts dieser Verhandlungen deutlich unterstreicht. Sie wies darauf hin, dass dieses sogenannte "Freihandelsabkommen", das bis dato größte solche Abkommen der Menschheitsgeschichte ist und in etwa 800 Millionen Menschen betrifft. An die 320 Millionen in den USA und knapp über 500 Millionen seitens der EU.
Da der Informationsstand in der breiten Bevölkerung bezüglich des Zusammenhangs dieses TTIP recht bescheiden ist, sei es an den Medien, hier aufklärend zu wirken.

Nun wir kommen dieser Aufforderung gerne nach und versuchen in wenigen Worten die Absichten des TTIP zu skizzieren. Schon die Benennung als "Freihandelsabkommen" ist leicht irreführend, da es sich eigentlich mehr um einseitige Festschreibung von wirtschaftlichen Vorteilen für Konzerne handelt, denn um einen Handelsvertrag zwischen souveränen Partnern. Kurz gesagt ist es ein weiterer Versuch von Weltkonzernen, in der Hauptsache US-amerikanischen, aber selbstverständlich auch europäischen, mit Hilfe der Gesetzgebung ihre Wirtschaftsmacht zu vermehren. Solche Intentionen gehen auf Kosten der Lebensqualität und der Umwelt. Den zivilgesellschaftlichen Widerstand, der in Europa recht massiv ist und der sich in USA immer stärker zu formieren beginnt, trachtet man, so gut es geht, auszublenden und klopft propagandistische Sprüche von Arbeitsplatzschaffung und Ankurbelung des Wachstums. Den Äußerungen der Vertreter von ÖVP und SPÖ und auch der NEOS war zu entnehmen, dass diese Propaganda bei ihnen offenbar greift, wobei es schmerzt, dass gerade der Antigentechnik-Sprecher der SPÖ, KAI JAN KRAINER, in seinem Statement die Normierung von Rückspiegeln anführte, anstatt auf die massiv drohende Gefahr der Einführung von Gentechnik hinzuweisen. Die US-Verhandler wollen nämlich um jeden Preis den europäischen Widerstand gegen die ungeliebte Gentechnik brechen, indem sie das hierzulande bewährte und verankerte VORSORGEPRINZIP in dem "Vertragswerk" aushebeln möchten. Bei nüchterner Betrachtung kann hier getrost von "Gefahr im Verzug" gesprochen werden. Die Zulassungsstandards sind in Europa generell strenger und die USA tun sich schwer, diese Hürden zu nehmen. Den europäischen Konzernkollegen kämen solche Nivellierungen nach unten "naturgemäß" auch gelegen. Die Auswirkungen des Abkommens auf die Umwelt wäre jedenfalls ein Wettlauf um niedrigere Standards.

Hierbei stellt sich ganz allgemein die Frage, warum die EU auf ihre anerkennungswürdige "Kulturleistung" von halbwegs annehmbaren Umweltstandards zugunsten von schnöder und kurzsichtiger Profitmaximierung und zu Ungunsten der Umwelt, der Lebensqualität und nachfolgender Generationen verzichten sollte? Es könnte ja auch so sein, dass die USA unsere gesünderen Gepflogenheiten anläßlich eines solchen Handelsabkommens übernehmen und so eine Anhebung ihres, mit unter desolaten, Lebensstandards bewerkstelligen könnten! Nivellierung ginge auch nach oben - guter Wille vorausgesetzt. Das Übel hierbei sind aber die US-Konzerne, die auf Biegen und Brechen an ihrem anachronistischem Geschäftsmodell festhalten und meinen, nur durch Eroberung und Verdrängung voranzukommen. (In diesem Zusammenhang interessant: 60% der Lebensmittel in den US-Supermärkten beinhalten gentechnisch veränderte Organismen und 2/3 der US-Bevölkerung besitzt keinen Reisepass).

Dem gilt es jedenfalls einen EUROPÄISCHEN Riegel vorzuschieben. Darüber war man sich größtenteils einig. MICHAEL REIMON (Grüne) und NORBERT HOFER (FPÖ) konnten durch fundierte und überlegte Statements überzeugen, wobei NORBERT HOFER die Möglichkeit einer Volksabstimmung nach Vorliegen des ausverhandelten Abkommens vernünftigerweise ventilierte. Dies ist aus heutiger Sicht noch recht ferne Zukunftsmusik, da im Moment kraft - völlig undemokratisch - nicht vorhandener TRANSPARENZ der Verhandlungen, detaillierte Informationen nur über Leaks laufen,wie von den beiden sehr kompetenten und engagierten NGO Vertreter/innen zu erfahren war.

Jedenfalls ein sehr begrüßenswerter und konstruktiver Impuls, den Dialog über diese so wichtige Thematik zu betreiben und befördern. Wir werden an dieser Stelle über den weiteren Fortgang berichten.


Soeben sauste dazu ein mit Ökostrom gesandtes Email in unsere Redaktion:
"Atomkraft-Ausstieg, Fracking-Verbot und hohe Lebens­mittel­standards stehen den Profiten großer US-Konzerne im Weg. Dies soll sich durch TTIP ändern. Geht es nach dem Willen der Konzerne, dürfen sie Staaten verklagen, wenn ihnen ein Gesetz nicht passt.

Ein Veto Österreichs wäre möglich. Sie können öster­reichische Abgeordneten und EU-Parlamentarier auffordern, die Bedrohung für unsere Umwelt und Gesundheit zu stoppen."
Petition: freihandelsabkommen.at

daniel hackenberg für OEKONEWS


Artikel Online geschaltet von: / hackenberg /