© ÜWG- Bodo Schneider-Schrimpf mit seinem Twike an einer E-Tankstelle der ÜWG
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Offener Brief zum Thema Elektromobilität - Leichtmobilfahren

Bodo Schneider- Schrimpf schreibt an den VCD - Ein äußerst interessanter Brief

Bodo Schneider-Schrimpf
Taunusstraße 4
65474 Bischofsheim



An den VCD e.V.
- Bundesverband -
Rudi-Dutschke-Straße 9
10969 Berlin


VCD - Position zur Elektromobilität

Liebe Freunde,
VCD-Mitglied bin ich nun seit weit über 10 Jahren, die Stellungnahmen habe ich stets mit Interesse und meist auch Sympathie verfolgt, ebenso wie ich die fairkehr schätze - aber jetzt läuft da etwas so schief, dass ich mich dringend einmal zu Wort melden muss.


Es geht um die VCD-Position zur Auto-Elektromobilität, die scheint mir in einigen Punkten dringend revisionsbedürftig, und ich frage mich, wie sehr die Argumente der Automobil-Lobby denn auch den VCD-lern Augen und Ohren verkleistert haben. Es gibt hier eine ganze Reihe von Argumentationsmustern, die in der aktuellen Auto-EMobilitätsdebatte geradezu gebetsmühlenhaft wiederholt werden und sich auch in den VCD-Positionen wiederfinden, obwohl sie entweder nicht stimmen oder nur auf dem Hintergrund einer mangelnden Reflektion Sinn machen.

Eines muss ich dazu vorausschicken: Seit ca. 30 Jahren gibt es in Deutschland und der Schweiz eine Solarmobil-Szene, einen Ableger der Umweltbewegung ebenso wie VCD oder andere Umweltverbände. Die Idee dort: Individuelle Mobilität auf der Basis solarer Energie zu ermög lichen. Inzwischen sind dort diverse Fahrzeuge entstanden, durchweg E-Mobile, deren Konstruktion von dem Prinzip bestimmt ist, dass eine auf Solarenergie fußende Mobilität wegen der erforderlichen Energieeffizienz nur auf Basis von Ressourcenschonung möglich ist: Ein Solarmobil muss also vor allem klein und leicht sein, um nur so viel Energie zu verbrauchen, wie unbedingt erforderlich ist.

Diese Bemühungen gibt es nach wie vor, so existiert der Bundesverband solare Mobilität (bsm), der ein regelmäßig erscheinendes Magazin herausgibt (Solar + Mobil) und auch sonst sehr rege agiert, insbesondere durch seinen Vorsitzenden Thomic Ruschmeier (s. http://www.bsm-ev.de ). Dieser Verband dürfte wohl gerade
erst vom VCD entdeckt worden sein, wie die aktuelle Auto-Umweltliste erkennen lässt, von Greenpeace etwa wird er wohl noch gar nicht wahrgenommen, das sich ja in Sachen E-Autos ähnlich wie der VCD positioniert. Das heißt nun aber nicht, dass der VCD sich beim bsm etwas "abgeguckt" hätte - im Wesentlichen scheint man bei VCD und Greenpeace D nur auf die Vertreter der großen Automobilkonzerne und die von diesen ausgehaltenen Medien zu hören.

Ergebnisse der Solarmobil-Bemühungen sind nicht nur Experimentierfahrzeuge oder Prototypen, sondern mittlerweile schon mehrere Serien-Fahrzeuge, darunter das TWIKE oder das City-EL, die aber von VCD (und auch Greenpeace) als "Nischen-" oder "Spartenfahrzeuge" abgetan werden. Diese Fahrzeuge haben durchweg Elektroantrieb - und das mit gutem Grund, denn der E-Antrieb ist nicht nur derjenige, der solar erzeugten Strom direkt verwendet, sondern er ist dem Verbrennungsmotor auch einfach von der Physik her um Längen voraus, was die Energieeffizienz angeht:

Er setzt die eingesetzte Energie fast vollständig in Vortrieb um und nicht nur maximal 20 - 30 % davon wie der Verbrennungsmotor, der den Rest der Energie im Kraftstoff absolut unvermeidbar in Wärme umsetzt und damit nutzlos verpuffen lässt.

Da sind wir nun schon an einem Punkt, der mir sehr komisch vorkommt: Alle ökologisch Denkenden sind sich darin einig, dass die aktuelle Automobilität enorm ressourcenfressend ist und dabei massenhaft unnütz Energie verschwendet.

Greenpeace hat daher vor über 10 Jahren das Exempel statuiert und den SMILE auf die Beine gestellt, einen Serien-Renault, dem man mit nur leichten Modifikationen das Saufen gründlich abgewöhnt hat. Damals dachte man, es geht also doch, und wenn Greenpeace sowas auf die Beine stellen kann, dann kann die Automobilindustrie mit ihren Tausenden superschlauer Ingenieure das ja wohl nicht auf sich sitzen lassen und wird da bald nachziehen. Typischer Fall von Denkste:

Automobilindustrie und -Medien winkten ab und ließen das Ganze einfach links liegen, damit es schnellstmöglich in Vergessenheit geriet, zugleich fuhren sie fort, immer größere, stärkere und schnellere Autos zu bauen und propagieren. Inzwischen fahren massenhaft VANs und SUVs über die Straßen der Welt, die nicht nur absolut unsinnig Ressourcen, insbesondere Energie verpulvern, sondern einem zu allem Überfluss in den Städten auch noch jede Sicht verstellen - eine echte Pest, die von umweltverträglicher Mobilität weiter entfernt ist als je zuvor. Und alles das passiert nicht nur in Zeiten des Klimawandels, sondern auch der Annäherung oder Überschreitung von "Peak Oil", wo die Ölförderung tendenziell kaum noch zu, sondern eher abnehmen wird, derweil die Nachfrage aus boomenden "Schwellenländern" wie China und Indien stark zunimmt. Um die permanenten Appelle der Umweltverbände, doch bitte kleine, leichte und verbrauchsarme Autos zu bauen, schert sich mittlerweile kein Schwanz mehr, statt Intelligenz ist da nur noch "Emotion" gefragt, und ökologisch verträgliche Fahrzeuge werden als "Müsli-Autos" diffamiert und sind da geradezu ein Horrorbegriff für die Herrschaften in den Konzernen und Medien.

Und nun geht's der Bundesregierung um die massenhafte Einführung der Elektro-Autos: Entgegen der Darstellung in den VCD-Internetseiten ist es aber doch keineswegs so, dass die Automobilfirmen dies verlangen oder gar fördern würden, die deutschen Firmen jedenfalls halten sich da deutlich bedeckt, es werden zwar (trotz blendender Gewinne) Millionen-Subventionen gefordert und auch gerne kassiert, die Entwicklung von Fahrzeugen zeigt dagegen kaum Fortschritte.

Offensichtlich ist man in erster Linie daran interessiert, die bisherigen Fahrzeuge noch so lange wie möglich zu verkaufen, ohne allzu viel zu verändern! Ehrliches Interesse an E-Mobilen ist da kaum zu entdecken (außer bei Opel/GM, dazu aber unten mehr). Und wenn man lesen muss, dass Siemens als Partner für die Entwicklung von EAutos nur Volvo (inzwischen in chinesischer Hand) gefunden hat, dann fragt man sich, warum sich denn von den diversen deutschen Automobilfirmen keiner als Partner für diesen Riesen-Fundus an Elektro-Kompetenz gefunden hat - sollte das eventuell aus schierem Desinteresse geschehen sein?

Was mich nur wundert: Da gibt es hierzulande inzwischen eine ganze Klasse von Leichtfahrzeugen, die den Forderungen der Umweltverbände eigentlich voll entsprechen, klein, leicht und verbrauchsarm sind und zudem elektrisch angetrieben werden, also einen Antrieb haben, der nicht nur die vom Verbrennungsmotor unerreichbare Effizienz aufweist, sondern auch vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden kann - nicht nur TWIKE und City-EL zählen dazu, sondern inzwischen gibt's mit Tazzari Zero, Startlab und SAM EV noch diverse weitere Vertreter, in Norwegen läuft sogar schon die Serienproduktion des THINK mit größeren Stückzahlen. Statt aber diese Fahrzeuge, die ja ökologischen Ideen weitgehend entsprechen, zu propagieren, werden sie als "Nischenfahrzeuge" abgetan und links liegen gelassen, stattdessen befasst man sich lieber mit den Vorserienfahrzeugen der Industrie, die allenfalls versuchen, die bisherigen Monster-Mobile 1:1 auf Elektroantrieb umzusetzen - oder am allerliebsten erst mal nur auf Hybridantrieb setzen.

Warum versucht man denn da nicht, die real existierenden "Ökomobile" als Stachel im Fleisch der Automobilindustrie einzusetzen, als lebendiges Beispiel dafür, dass umwelt-, ressourcen- und energieschonende Fahrzeuge tatsächlich möglich sind und schon heute gekauft und verwendet werden können?


Nun, die Argumente, die da von der "herrschenden Meinung" in Automobilindustrie und Medien gegen die E-Mobile gestreut werden, klingen merkwürdig ähnlich dem, was der VCD dazu verbreitet:

E-Autos eigneten sich nicht als Familienautos, schreibt der VCD - da bin ich jetzt aber wirklich überrascht, dass sich ausgerechnet der VCD als Hüter der guten alten Tradition des "Familienautos" aufspielt: Bislang war ich doch eher der Auffassung, dieser Verband kümmere sich um eine umweltverträgliche Gestaltung der Mobilität -dass dazu nun das "Familienauto" als schützenswertes Natur- oder Kulturgut gehören sollte, würde mich doch sehr wundern!

Ausgerechnet dieses Fahrzeug, das in der "fairkehr" auch schon mal als "Rennreiselimousine" bezeichnet wurde (ich würde es eher einen Rennreisepanzer nennen), ist doch einer der Knackpunkte unserer heutigen Mobilität: Alle Welt fährt in unangemessen großen, unangemessen schweren und absolut übermotorisierten Vehikeln durch die Gegend, gefragt ist nur das Auto, das auf der Autobahn bei Hochgeschwindigkeit mithält, dabei eine möglichst hohe "passive Sicherheit" aufweist, am besten 6 - 7 Leute transportieren kann, ebenso wie es für einen Umzug gut sein muss - und dann fährt doch meistens nur ein Mensch damit im Stadtverkehr herum und schleppt unsinnige Masse mit sich herum. Verschwendung par Excellence, aber egal, Hauptsache "Familienauto"?!

Warum muss das passende Auto für den Mann oder die Frau immer von dem aus bestimmt werden, was maximal anfallen kann, statt danach, wofür es in aller Regel benötigt wird? In aller Regel werden unsere Autos eben gerade nicht für schnelle, weite Fahrten auf der Autobahn oder Transporte genutzt, sondern für kurze Strecken in der Stadt oder Region, kaum ein Auto fährt am Tag weiter als 80-100 km. Wenn ein Mensch, der seinen PKW in aller Regel so nutzt, ein dafür geeignetes Auto hätte - und dafür bietet sich ja nun durchaus ein Leichtelektromobil an - dann könnte er, wenn er denn einmal weitere Strecken fahren will, entweder öffentliche Verkehrsmittel (Bahn) benutzen (was dem VCD ja nun sehr sympathisch sein sollte) oder sich ein Verbrenner- oder Hybridfahrzeug dafür mieten oder auch car-sharen. Im Sinne eines sinnvollen Zusammenspiels der verschiedenen Verkehrsträger sind solche Leichtfahrzeuge also durchaus sinnvolle Verkehrsmittel, viel sinnvoller als die derzeitigen PKW, auch in Hybridform.

Und warum muss immer eine Fahrzeug-Bauart gleich für alle Anforderungen gut sein ? Wer als Vertreter mehrere hundert km am Tag fahren muss, der mag ja ein Hybridfahrzeug benutzen, wer dagegen 30 oder 40 km zur Arbeit fährt, der ist doch mit einem Leichtelektromobil besser bedient. Da spielt das gebetsmühlenhaft gegen die E-Autos vorgebrachte Reichweitenargument eben keine wirkliche Rolle! Und die noch fehlende Infrastruktur ist da auch wirklich ein wenig zugkräftiges Argument:

Strom ist doch nun fast überall vorhanden, man muss eben nur ein paar Steckdosen mehr anbringen. Meist kann man das Fahrzeug zuhause ohne größere Probleme über Nacht an die Steckdose hängen, und wenn damit für den nächsten Tag 100 oder 150 km "geladen" sind, reicht das doch für die allermeisten Verkehrsbedürfnisse vollkommen. Am Arbeitsplatz oder in Parkhäusern wird das Anbringen von Steckdosen nun auch kein wirkliches Problem sein. Und wenn es doch mal nicht ganz reicht und man einmal etwas nachtanken muss - so schnell wie momentan die Stromtankstellen aus dem Boden schießen, obwohl es noch kaum E-Autos gibt, da kann es nicht lange dauern, bis ein dichtes Netz existiert, das alle Wünsche erfüllt.

Das "Infrastrukturproblem" ist also - genau betrachtet - gar keines, vielmehr ist das einfach eine falsche Fortsetzung "alten Denkens" aus der Zeit des Benzinautos, das nun halt seinen Treibstoff nur an der Tankstelle bekommt, in die E-Mobil-Zeit - aber da gilt nun halt, dass etwas Anderes eben in mancher Hinsicht anders ist und man nicht alles 1 : 1 darauf übertragen kann; dazu gehört dann eben auch, dass der Strom für die Fortbewegung nur noch Cents kostet und nicht -zig Euros wie bisher, dafür braucht man eben ab und zu neue (teure) Akkus.

Von daher halte ich die Auffassung des VCD, E-Autos sollten erst einmal in Flotten (Mietwagen, Car Sharing) erprobt werden, und für den Durchschnittsautofahrer seien Hybridfahrzeuge zu empfehlen, für geradezu krass falsch, denn in Wahrheit wird doch umgekehrt ein Schuh draus: Privatnutzer, denen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrrad oder Pedelec nicht hinreichend gedient ist, sollten baldmöglichst auf Leichtelektromobile umsteigen, und in die Flotten gehören die Fahrzeuge "für besondere Anlässe", also Hybridautos oder "Vollverbrenner" für die Leute, die nicht mit der Bahn in Urlaub oder sonstige weitere Strecken fahren wollen oder größere Transporte vorhaben.

Und dann die Empfehlung des VCD für Hybridfahrzeuge: Die kann man doch schon deswegen nicht guten Gewissens empfehlen, weil ein jetzt neu gekauftes Auto gewiss 10 Jahre lang fährt, und in dieser Zeit wird es unvermindert Benzin verbrennen und CO2 erzeugen. Das E-Auto hingegen produziert mit der zunehmenden Umstellung der Energieerzeugung auf Erneuerbare Energien bei gleichem Stromverbrauch in der gleichen Zeit immer weniger CO2, auch wenn man den Durchschnittsstrommix zugrunde legt.

Nicht verständlich ist mir dabei auch die ständige Schlechtrechnerei der E-Autos beim CO2-Ausstoß: Wolfgang Lohbeck von Greenpeace ist da ja der Vorturner in der falschen Zahlenspielerei: Wenn ein E-Auto zwischen 10 und 20 kWh/ 100km benötigt, dann sind das nach dem Normal-Strommix (gut 500g CO2/kWh laut UBA) zwischen 50 und 100 g CO2 / km, ein außerordentlich beachtlicher Wert (wenn der Stromfahrer nicht ohnehin Ökostrom fährt wie jedenfalls alle E-Mobil-Fahrer, die ich so kenne). Und da ist Lohbeck ja nun schon im Greenpeace-Blog schwer unter Beschuss geraten und auch eindeutig widerlegt worden - offenbar ist er aber "der" Platzhirsch in Sachen Auto bei Greenpeace, so dass das an deren Position nichts ändert.

Ganz daneben liegt meines Erachtens das Argument von VCD und Greenpeace, dass derzeit schon verfügbare Dieselfahrzeuge doch ähnlich geringe CO2-Emissionen aufwiesen wie aktuelle E-Fahrzeuge: Im Leichtelektromobilsektor trifft dies gewiss nicht zu, und ausgerechnet Dieselfahrzeuge zu propagieren halte ich für einen Umweltverband angesichts des Rußpartikelproblems (gerade die kleinen Diesel haben eben meist keinen Partikelfilter!), der Stickoxide und insbesondere von deren Lärmentwicklung für ein absolutes Unding (von dem negativen Einfluss auf Gletscher- und Poleis ganz abgesehen), was alles beim E-Mobil weitgehend vermieden wird.

Auch wenn man schaut, was denn derzeit für Fahrzeuge auf den Straßen rollen, wird doch deutlich, dass die kleinen, so verbrauchsgünstigen Diesel da nur einen kleinen Bruchteil ausmachen, ansonsten gilt doch die Devise: Je größer, breiter, höher, schwerer und stärker, desto besser, desto her damit !

Geradezu schlimm finde ich dann auch die Verharmlosung des Verkehrslärms durch die VCD-Position: Da wird so getan, als sei der Lärm bei PKW eigentlich kaum noch ein Problem - eine böse Schönfärberei, gerade die propagierten Diesel-Nagler haben in Sachen Lärm noch ganz ordentlich was zu bieten, und ich kann dem VCD Bundesvorstand nur einmal anraten, sich einmal einer Vorbeifahrt von 20 "normalen" PKW (verkehrsanteilig 50% Diesel) und dann von 20 Elektrofahrzeugen bei Tempo 30 und Tempo 50 auszusetzen - da liegen Welten dazwischen, für die ein nächtlich Verlehrslärmgeplagter sicherlich allerhand zu geben bereit wäre!

Schließlich das Preisargument: E-Fahrzeuge sind und bleiben auf absehbare Zeit teuer. Punktum. Nun, irgendwie fragt sich aber keiner, warum denn ein Auto, das sonst für um die 10.000 Euro verkauft würde, mit einem an sich viel einfacheren Antrieb (ein E-Antrieb hat nur einen Bruchteil der Komponenten des Verbrenners) ausgestattet plötzlich weit über 30.000 Euro kosten muss (Mitsubishi i-MIEV, Peugeot iON oder Citroen C-Zero) - gut, die Akkus sind erst einmal teuer, aber da sind so um die 10.000 Euro je Batteriesatz in Rede, also klafft da noch eine Differenz von weit über 10.000 Euro zu den jetzt aufgerufenen Preisen: Kommt denn da gar keiner außer mir auf die Idee, dass das auch ein Super-Geschäftsmodell für die Autoindustrie ist, wenn da ein ganz neuer Fahrzeugtyp auf die Straße gestellt wird, der von allen Seiten als zukunftsweisend gepriesen wird - und da soll nicht ein satter Aufschlag für den Hersteller drin sein, wenn er sowas an die Avantgardisten verkauft, die es sich auch gerne ein paar Euro mehr kosten lassen, zu den Pionieren einer solchen Zukunftsmobilität zu gehören ?

Komisch dabei auch: Einen Tazzari Zero bekommt man schon für 16.000 Euro, ebenso wie einen SAM-EV, das TWIKE ist da als Lifestyle-Fahrzeug noch etwas teurer, aber das sind doch alles praktisch handgefertigte Autos, die doch eigentlich viiiiiel teurer sein müssten als die Großserienautos der Industrie ?!

Und wenn ich mir dann auch noch die Hybridfahrzeuge aus deutscher Produktion ansehe, kann ich im Hinblick auf die Empfehlung des VCD nur noch den Kopf schütteln: Da wird doch mit dieser Technik allenfalls versucht, den ganz großen Säufern etwas Zügel anzulegen, statt in breite Fahrzeugsegmente vorzustoßen:
Porsche Cayenne, VW Touareg oder Mercedes S 400, die deutschen Fahrzeuge, es als Hybride gibt, sind gewiss keine Beispiele für Fahrzeuge, die man auch nur im Entferntesten als umweltverträglich bezeichnen könnte.

Selbst wenn man sich die vielgepriesenen und in der Auto-Umweltliste meistdekorierten japanischen Hybride näher ansieht, stellt man fest: Da sind doch alles Überschwergewichte ! Da kommt keiner unter 1250 kg Fahrzeugmasse daher, in der Regel sind anderthalb Tonnen Leergewicht angesagt - da schlägt sich halt nieder, dass die Fahrzeuge eigentlich zwei Antriebe haben. Und das dürfte auch deren CO2-Bilanz massiv trüben, denn die E-Autos benötigen schon viel an Kupfer, dessen Herstellung mit hohem CO2 - Aufwand verbunden ist - ob es dann tatsächlich Sinn macht, dies auch noch mit einem Verbrennungsmotor zu kombinieren, halte ich für sehr zweifelhaft.

Und die Konzerne versuchen - selbst wenn sie denn die von der Bundesregierung propagierten E-Autos bauen - nur, ihren Größenwahn weiter zu betreiben: Der neue Opel Ampera muss natürlich gleich mit 150 PS daher kommen - dies, obwohl der Elektromotor von seinem Durchzugsvermögen her dem Verbrenner ohnehin weit überlegen ist, so dass eigentlich eine deutlich geringere Motorisierung als bei diesem möglich wäre. Dafür muss er dann auch mit einem Leergewicht von 1,7 Tonnen daherkommen, zuladen darf man nur noch 270 kg, und als "Range Extender" muss er einen 70 PS-Dieselmotor mit sich schleppen, der das Auto schon alleine sehr flott bewegen könnte. Alles in allem ein ziemlicher Unfug, aber eben ganz auf der bisherigen Entwicklungslinie.
Schließlich bestehen auch an anderer Stelle als der PKW-Flotte noch erhebliche Verbesserungsmöglichkeiten durch Elektromobilität: Im Zweiradsektor propagiert der VCD ja schon die E-Fahrräder/ Pedelecs, hier sollte aber auch im Hinblick auf die beträchtliche Geräusch- und Abgasbelästigung bei Rollern, Mofas, Mopeds und Motorrädern ein Umstieg auf Elektroantrieb vorangetrieben werden, Reichweite spielt hier ohnehin keine große Rolle und hier würde das eine beträchtliche Entlastung bringen; diese Fahrzeuge werden z.B. in China schon fast ausschließlich elektrisch betrieben.

Und auch im Nutzfahrzeugsektor bestehen große Möglichkeiten: Die unzähligen Paketfahrzeuge, die Tag für Tag für DHL, UPS und Konsorten unterwegs sind, legen auch in der Regel nur geringe tägliche Strecken zurück und wären daher gut zur Elektrifizierung geeignet, ebenso wie Stückgut-LKW, die ihre Fracht regional ausliefern. Gerade hier könnten massive Geräusch- und Abgasemissionen vermieden werden. In England gibt es eine Menge E-Fahrzeuge im Auslieferungsverkehr (Milchauslieferung), an die hier angeknüpft werden könnte.

Als Resumee ist festzuhalten, dass ein Umstieg auf kleine, leichte und angemessen motorisierte Fahrzeuge, insbesondere Leichtelektromobile, erhebliche Vorzüge gegenüber der derzeitigen Fahrzeugflotte hätte: Gewaltige Verminderung von Energieverbrauch und CO2-Erzeugung ebenso wie des Ressourcenverbrauchs für die Fahrzeugproduktion, weniger Parkflächenbedarf, erheblich weniger Verkehrslärm.

Schon der Ersatz von 20 oder 30 % herkömmlicher PKW durch Leichtelektromobile würde uns hinsichtlich Co2- und sonstigem Schadstoffausstoß, Lärmbelästigung und Platzbedarf um vieles voranbringen, ohne dass jemand auf Wesentliches verzichten müsste. Viele würden im Gegenteil gewinnen - die Begeisterung, die ich in meinen 6 Jahren TWIKE-Fahren schon erlebt habe, lässt mich einfach nicht glauben, dass kleine, pfiffige Fahrzeuge mit Elektroantrieb beim Verbraucher keine Chance hätten, man muss sie ihm nur zu vertretbaren Preisen geben, dann nimmt er sie mit Kusshand.

Und dass so etwas wirklich alltagstauglich ist, was ich zugegebenermaßen anfangs selbst etwas bezweifelt habe, haben mir die sechs Jahre im TWIKE wirklich bewiesen.

Daher hat mir auch die E-Mobil-Liste in der neuen Auto-Umweltliste beinahe den Atem verschlagen: Dass da fast nur die Fahrzeuge die Autokonzerne vertreten sind, ist schon ein Unding, dazu aber dann als einziges Leichtelektromobil ausgerechnet den ältesten Vertreter dieser Klasse, das CityEL, zu setzen, das ist dann schon beschämend - zumal diesem Fahrzeug auch noch ein unfassbarer CO2-Wert von 28 - 55 g/km angedichtet wird - nach der o.g. UBA-Angabe dürften es für die von euch genannten 3 - 5 kWh/100km Stromverbrauch eigentlich nicht mehr als 25 g sein.

Ich spreche mit keinem Wort dagegen, dass die Verbrauchsminderung bei Verbrennungsmotorfahrzeugen derzeit an erster Stelle der CO2-Minderungsbemühungen im Verkehr stehen muss, aber perspektivisch werden schon bald Elektro-Fahrzeuge (einschließlich Bahnen) im Fokus des Verkehrsgeschehens stehen, und wenn man am Beispiel Leicht-E-Mobil der Auto-Zunft zeigen kann, wo's lang zu gehen hat, dann kann das nur helfen und dann muss man das auch tun und den hiesigen Autobauern dieses Modell unter die Nase reiben und es auch in der Öffentlichkeit vorstellen, statt zusammen mit der "herrschenden Meinung" in das Skepsis- und Lamento-Horn zu stoßen. Die abwehrende Haltung des VCD gegen Elektroautos scheint mir falsch und sogar irgendwo leicht verbohrt, wobei mir die Gründe für die Abwehr nicht recht nachvollziehbar erscheinen, wenn es nicht der enge Kontakt mit und eine gewisse Eingliederung in die Automobilwirtschaft ist, die mit "unseren Ökos" vielleicht mittlerweile ganz gut leben gelernt hat - da muss man sich dann halt auch mal trauen, wieder mal was aufzumischen!

So, das ist ja jetzt eine ziemlich lange Litanei geworden, Danke der/m, di/er's geschafft hat, sich durchzubeißen, aber die Sachlage ist hier halt nicht ganz einfach und deswegen musste ich eben auch etwas weiter ausholen. Es würde ich mich freuen, wenn meine Argumente auf einen fruchtbaren Boden fielen und nicht nur die nächste Auto-Umweltliste eine wirklich vollständige E-Auto-Liste beinhaltet, sondern ab und zu auch einmal ein Bericht über das eine oder andere E-Ökomobil in der fairkehr erscheint !

Sonnige Grüße

Bodo Schneider-Schrimpf

GastautorIn: Bodo Schneider- Schrimpf für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /