© Universität Ulm
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Elektromobilität: „Auf die Menschen kommt es an”

Erstmals "Nationale Bildungskonferenz E-Mobilität" - Die Car2go Stadt Ulm beherbergte die erste nationale Bildungskonferenz Elektromobilität am 28. und 29. Juni 2011

© Universität Ulm - Vor der Türe konnte man E-Mobile testen
© Universität Ulm - Vor der Türe konnte man E-Mobile testen

Das Thema Elektromobilität ist in aller Munde- auch in Deutschland. Im Mai hat die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) ihren 2. Zwischenbericht mit konkreten Umsetzungsempfehlungen zur Gestaltung einer elektromobilen Zukunft an Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben. Zwei Tage später hat die Bundesregierung auf Grundlage dieses Berichts ihr Regierungsprogramm zur Elektromobilität verabschiedet. Ein Themenkomplex betrifft die Ausbildung und Qualifizierung. Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat auf Basis der Empfehlungen der NPE die Initiative für die "erste Nationale Bildungskonferenz Elektromobilität" ergriffen und unterstützt die Universität Ulm bei ihrer Realisierung.

Die nationale Plattform E-Mobilität Deutschland hatte im Vorfeld in der Arbeitsgruppe 6 die Aufgabe, die neuen Herausforderungen für das Bildungswesen zu thematisieren und Lösungsvorschläge zu präsentieren. Vorsitzende waren hier Prof. Göschel, CTO Magna International, Prof. Ebeling, Präsident Universität Ulm und frau Forst, GF Engineering Adam Opel AG.

Allgemein wird in Deutschland ein Fachkräftemangel beklagt, der sich im Besonderen auf die E-mobilen Kernfelder wie z. B. die Elektrochemie bezieht.

Roland Dimai, seines Zeichens einer der Präsidenten des Bundesverbands nachhaltige Mobilität (BVmobil), des österreichischen Dachverbands im Bereich Elektromobilität. und Geschäftsführer der ReffCon GmbH war hierzu im Forum 13 "Infrastruktur" eingebunden. Die Bildungskonferenz war sehr stark nach Fachgebieten segmentiert-laut Dimai, spiegelte auch gerade diese strenge Trennung der Fachgebiete nach Untersegmenten wie z. B. Forum 17: Elektrotechnik - und Elektronik-Industrie; Forum 18: elektrotechnisches und informationstechnisches Handwerk; Forum 19 Kraftfahrzeuggewerbe oder Forum 16 Automobilindustrie - Fahrzeugtechnik ein grundsätzliches Verständnisproblem wider.

E-Mobility ist zu 95% KEIN neues Wissens- oder Industriegebiet.

Elektrotechnik beherrscht unser tägliches Leben und Leichtbau ist auch und gerade bei fossil betriebenen Fahrzeugen von Nöten. Die systemische Verbindung bestehender Komponenten zu einem Fahrzeug ist auch schlichtweg zwar altbackenes, aber bestes Ingenieurshandwerk.
Tesla hat demonstriert, dass mit zuverlässiger, heute erhältlicher Technik, ein sensationelles Fahrzeug gebaut werden kann. Die systemische Integration ist der Schlüssel. Und hier hat es Tesla geschafft, dass alle Bauteile ein optimales Arbeitsklima vorfinden und daher den Alltagsbelastungen bestens gewachsen sind und Spaß machen, obwohl die verwendeten 6831 Zellen des Typs 18650 eigentlich nicht speziell für den Einsatz in Sportwagen konzipiert waren. Die verbleibenden 5% beziehen sich rein auf die Batterietechnik bzw. Batteriechemie. Hier gibt´s Forschungsbedarf.

So war das reichhaltige Programm gleichzeitig eine Metapher für den fehlenden Ansporn, äußerst stark die interdisziplinäre Kooperationen zu fördern und Kontakte zwischen den Fachgebieten fast zwingend zu ermöglichen. Genau hier ist die Lücke-und es ist keine Wissens-, sondern eine Organisationslücke der E-Mobility per se.

Die Fachleute der verschiedensten Fachrichtungen sind da, nur sie kennen die Anforderungen der E-Mobility, die sie selbst leicht erfüllen könnten und die agierenden Personen der anderen Fachgebiete, eben wegen diesem fehlenden Informationstransfer, nicht.

Natürlich fiel dem Vertreter der Konsumenten, als welcher sich der Präsident des BVmobil sieht, auf, dass die grundlegendste aller Komponenten in 20 Foren nicht berücksichtigt wurde:
Es gab leider kein Forum zu den Themen: "Attraktivität für den Konsumenten",
"Geldwerte Vorteil für den Verbraucher", "Kommunikation der positiven Umweltauswirkungen" "Beteiligung des Konsumenten an den energiewirtschaftlichen Erträgen seiner Speicher",....
Nur die Kunden werden das nachhaltige Mobilitätsprojekt zum Erfolg machen.

Auch gab es keinen Block zu Ausbildungen der Wertschöpfung durch Speicherung und gravitationslosen, sofortigen Verfügbarkeit von z. B. primärer Regelenergie. Hier sind die richtige Wertschöpfung und der Milliardenmarkt angesiedelt. Hier geht es um die Herrschaft in den europäischen Energiemärkten. Wer die Speicher kontrolliert, der kontrolliert Europas Energieversorgung. Als Fachspezialist für die mobile Speicherung von Elektrizität und wirtschaftliche Nutzung derselben vermisste Herr Dimai diesen Bereich sehr, das nach seiner Aussage die E-Fahrzeuge eher als Zellen eines Kraftwerkes, als ein Mobilitätstool zu sehen sind.

So war der Tenor beim Forum 13, dass es fast keine neuen Lehrstühle bei der Technik braucht. Vielmehr bedarf es einer Fokussierung, auch und gerade beim Benennen der Lehrgänge auf die Nachhaltigkeit der Forschungsinhalte. So macht es einen Unterschied, ob ein Lehrgang "Elektrochemie" oder "Speichermedien für nachhaltige Mobilität" genannt wird. Inhaltlich können beide identisch sein, den potenziellen Studenten aber dürfte die zweite Variante bedeutend attraktiver erscheinen, zumal hier zu erkennen ist, dass man mit seinem Wirken die Zukunft positiv beeinflussen kann-gerade diese Werte suchen Studierende von heute.
Ein weiterer Schluss war, dass es sehr viel mehr wirtschaftliche Themen gibt, die die E-Mobilität befeuern können und prinzipiell hier die Forschung und Ausbildung besser aufgehoben wäre. Somit sollten die Wirtschaftsstudien den Lead haben und die Technik dann mit konkreten Fachfragen beliefern.
Unsere Gesellschaft verändert sich rapide: Alterung, neue Werte, ein Trend zu mehr femininer Kaufkraft auch und gerade im Mobilitätsbereich, immer ältere Neuwagenkäufer, immer weniger Führerscheinneulingen-all diese Inhalte beeinflussen den zukünftigen Mobilitätsmarkt dramatisch. Die heute selbstverständliche Vernetzung der Akteure (Konsumenten), sogar unter Einbeziehen der aktuellen Aufenthaltsgebiete öffnet ganz neue Wege der kombinierten und gemeinsamen Mobilität, wie auch der vermiedenen Kilometer
durch intelligenten Austausch von Information.
Daher scheint der wirtschaftliche Aspekt der nachhaltigen Mobilität als grundlegendes Element der Ausbildung mehr als gerechtfertigt zu sein.

An der Donau Universität Krems wurde dieser Trend früh, vielleicht zu früh, erkannt und es wurde zwei akademische Programme zum Erkennen der Business Chancen der neuen, CO2 reduzierten Mobilität aufgelegt. Der 4 semestrige E-Mobility Management MBA und das 2 semestrige Zertifikatsprogramm E-Mobility Management. Beide sind modular aufgebaut und können berufsbegleitend absolviert werden.
Abschließend war es schön, dass gerade an diesem Tag von Car2Go verlautbart wurde, dass Ulm die ersten E-Fahrzeuge und 24 Ladestationen bekommt.

GastautorIn: RD für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /