Strahlengrenzwerte für Lebensmittel in der EU höher als in Japan

Gesundheitsminister Stöger muss Strahlentests bei Importware intensivieren und Grenzwerterhöhung zurücknehmen

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace erneuert ihre Kritik an der Erhöhung der Grenzwerte für die radioaktive Belastung von japanischen Import-Lebensmitteln durch die EU. Die Strahlengrenzwerte für den Import japanischer Produkte in die Europäische Union wurden auf ein Niveau angehoben, das über den gültigen Werten in Japan liegt. So gilt in Japan etwa bei Cäsium-134 und Cäsium-137 für Milchprodukte ein Grenzwert von 200 Becquerel pro Kilogramm (Bq/kg) und in Österreich aufgrund der neuen EU-Regelung am Wochenende ein Grenzwert von 1.000 Bq/kg.

"Es ist absolut skandalös, dass die EU mit der Erhöhung der Strahlengrenzwerte für Lebensmittel nun radioaktiv belastete japanische Importprodukte zum Verzehr freigibt, die selbst in Japan verboten sind und dort aktuell vom Markt genommen werden, " ist Claudia Sprinz, Konsumentensprecherin von Greenpeace, fassungslos. "Der Schutz der Menschen vor radioaktiven Lebensmitteln aus Japan muss nun absoluten Vorrang vor den Einzelinteressen der Lebensmittelimporteure haben. Gesundheitsminister Stöger muss seine Verantwortung wahrnehmen und die Grenzwerterhöhung zurück nehmen, sowie die Strahlentests bei Importware intensivieren und im Verdachtsfall einen entsprechenden Importstopp veranlassen", fordert Sprinz.

Erklärt wurde die Grenzwerterhöhung mit einer EU-Verordnung aus dem Jahr 1987, die damals als Reaktion auf das Reaktorunglück in Tschernobyl verabschiedet wurde. Mit dieser Verordnung dürfen die Grenzwerte bei einer "nuklearen Notstandssituation" in Europa erhöht werden. "Die Erklärung einer 'nuklearen Notstandssituation' durch die EU führt unweigerlich zu einer Verunsicherung der Menschen und wirft zudem viele Fragen auf. Die derzeit in Europa veröffentlichten Strahlenmessungen zeigen nämlich nur vereinzelt minimal erhöhte Strahlenwerte in der Luft. Also entweder gibt die EU hier dem Druck der Einzelinteressen der Lebensmittellobby nach, oder es besteht tatsächlich eine nukleare Notstandssituation, von der die Öffentlichkeit bisher nicht informiert wurde", so Sprinz.

Beunruhigend ist die Sachlage auch bei sogenannten Lebensmitteln geringerer Bedeutung, worunter etwa der oft als Lebensmittelzusatz zum Einsatz kommende Gummi Arabicum fällt. Gummi Arabicum wird in Österreich zum Beispiel in Limonaden, Kaugummis oder Süßwaren verwendet. Hier liegt der Grenzwert in der EU gleich 25-fach über dem Niveau in Japan (EU 12 500 Bq/kg, Japan 500 Bq/kg). Gemäß Statistik Austria wurden im Jahr 2010 aus Japan 8.000 kg Gummi Arabicum im Wert von 58.400 Euro nach Österreich importiert. Bei Gummi Arabicum ist in der EU als Lebensmittelzusatzstoff E414 zugelassen, es handelt sich um die getrockneten Gummiabsonderungen bestimmter Akazien. Er wird als Füllstoff, Stabilisator oder Verdickungsmittel in Cola-Getränken, Süßwaren, Eiscreme, in Emulsionen (Dressings u.ä.), fertigen Kuchenmischungen, in Backmitteln und Backgrundstoffen zur Erhöhung der Wasserbindung eingesetzt.

"Österreich kann unabhängig von den anderen Mitgliedsstaaten entsprechende Maßnahmen zum Schutz der Menschen vor verstrahlten Lebensmitteln ergreifen. Gesundheitsminister Alois Stöger muss sich für die Beibehaltung der bisherigen Grenzwerte einsetzen, die Kontrollen verstärken und im Verdachtsfall von radioaktiv verseuchten Lebensmitteln einen entsprechenden Importstopp veranlassen", fordert Sprinz.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /