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Nationaler Aktionsplan für Erneuerbare Energien: Verbände liefern eigenes Papier nach Brüssel

Wirtschafts- und Energieminister: Realistischer Umsetzungsplan mit großen Erfolgschancen - Verbände senden eigenen Plan nach Brüssel- der Plan des Wirtschaftsministers verlangsamt den Ausbau

Wie können wir in Österreich die EU-Ziele im Bereich Erneuerbare Energien erreichen? Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner hat gestern dazu den Nationalen Aktionsplan (NAP) Erneuerbare Energien an die Europäische Kommission gemeldet. Dieser beschreibt den Weg, wie Österreich bis zum Jahr 2020 den Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch auf 34 Prozent erhöhen will. "Die besten Experten Österreichs haben einen realistischen Plan erarbeitet, wie wir dieses Ziel erreichen können", meinte Mitterlehner in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem NAP-Autor Stefan Schleicher vom WIFO.

Mehr Einsatz von Wasserkraft, Wind, Photovoltaik und Biogas zur Stromerzeugung, Solarthermie, Holz, Hackschnitzel und Pellets zum Heizen und zur Warmwasseraufbereitung ist gewünscht und geplant. In der Energiestrategie ist dazu ein Ziel von 35,5 Prozent festgelegt. "Nach Brüssel melden wir jetzt den Plan, den wir formell umsetzen müssen und bewusst nicht mehr. Wir wollen jetzt flach spielen, aber später hoch gewinnen", so Mitterlehner.

Der gemeldete Pfad soll jedoch alle zwei Jahre angepasst werden. "Mit unserem Zielwert von 34 Prozent liegen wir im EU-Vergleich auf Platz vier. Im Schnitt werden die EU-Staaten 2020 nur 20 Prozent Erneuerbare Energien für den gesamten Verbrauch einsetzen", so Mitterlehner.

Mehr Effizienz beim Energieverbrauch und ein ökologisch verträglicher Ausbau der Wasserkraft, soll forciert werden, dies führe zu keiner Mehrbelastung von Industrie und Haushalten. Für Stromerzeugung mit Wind, Bioenergie und Photovoltaik zahlt jeder Haushalt jährlich im Schnitt 50 Euro. Insgesamt liegen die Belastungen für die Stromkunden Haushalte und Unternehmen heuer bei rund 340 Millionen Euro. "Wenn sich in diesen Bereichen Technologiesprünge ergeben, können wir unsere Ziele nach oben revidieren", sagt der Minister.

Den Nationalen Aktionsplan Erneuerbare Energien hat, im Auftrag des Wirtschaftsministeriums, ein Konsortium von Wirtschaftsforschern, Umwelt- und Energieexperten unter Führung von WIFO-Ökonom Stefan Schleicher erstellt. Dieser sieht den Aktionsplan als guten Start für die nächsten zehn Jahre, der Vergleichbarkeit und Kontrolle zwischen den EU-Mittgliedern, was das Erreichen der Ziele bei Erneuerbaren Energien bis 2020 betrifft, sichert.

Erneuerbare Energie-Verbände: Wir haben weit mehr tatsächliches Potenzial

Für die Verbände der Erneuerbaren Energie ist der derzeitige Plan absolut inakzeptabel, weil die Ziele viel zu niedrig gesetzt sind. Ein kürzlich von ihnen präsentierter Aktionsplan zeigt, dass ein erneuerbarer Energieanteil von 50 Prozent am Gesamtenergie-Mix bis zum Jahr 2020 problemlos möglich ist. Die Verbände wenden sich nun direkt an die EU-Kommission, um auf dieses hohe Potenzial für Österreich hinzuweisen.

Die Verbände der erneuerbaren Energien - der Österreichische Biomasse-Verband, proPellets Austria, die IG Windkraft, die KleinwasserkraftÖsterreich, Photovoltaic Austria, Austria Solar, die ARGE Kompost & Biogas Österreich und der Bundesverband Nachhaltige Mobilität - sind sich in ihrer Beurteilung des heute präsentierten "Nationalen Aktionsplans 2010 für erneuerbare Energie (NAP) einig. Das Ziel, den Ausbau erneuerbarer Energie von 4,4 Prozent in drei Jahren (so geschehen von 2005 bis 2008) auf insgesamt nur 5,4 Prozent in zehn Jahren (bis 2020) zu verlangsamen, ist für die Verbände nicht begründbar.

Österreich ist bei Solar- und Biomassetechnik weltweit führend, ebenso als weltweiter Zulieferer im Bereich Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Die Übermittlung der absolut unrealistischen Zahlen des Aktionsplanes nach Brüssel würde die Glaubwürdigkeit Österreichs als führendes Umwelttechnologieland Europas total untergraben. Die negativen Folgen hätte die stark exportorientierte heimische Branche der Erneuerbaren zu tragen, die mit ihrem dynamischen Wachstum in den letzten Jahren tausende Arbeitsplätze geschaffen hat und derzeit 75.000 Menschen beschäftigt.

Die Erneuerbaren-Verbände wollen daher, unabhängig von der Bundesregierung, einen offiziellen Bericht zum Nationalen Aktionsplan für Österreich bis 2020 an die EU-Kommission übermitteln, der darstellt, dass ein erneuerbarer Energieanteil von 50 Prozent am Gesamtenergie-Mix bis zum Jahr 2020 absolut realistisch ist. Der Bericht wurde ebenso wie der Aktionsplan der Bundesregierung nach der europäischen Richtlinie für erneuerbare Energien erstellt. Damit steht der Kommission eine wichtige Zusatzinformation bei der Beurteilung des Regierungsplanes zur Verfügung.

Die im NAP geplanten Maßnahmen zur Zielerreichung sind eher nur in Schlagworten gelistet, die Ziel zu niedrig, eine Konkretisierung fehlt, meinen die Verbände.

Im Schneckentempo zur Energiewende

Die Bundesregierung hat offensichtlich weder aus der Ölkrise, noch von der Klimakrise noch von der Megachance auf zehntausende Grüne Jobs etwas gelernt. "Die Ziele des "Nationalen Aktionsplans Erneuerbare Energie" die Österreich nun nach Brüssel meldet, sind nicht nur unambitioniert, sie sind skandalös niedrig, unterschreiten bisherige Ziele bei weitem und führen zu einer radikalen Verlangsamung des Umstiegtempos weg von fossilen, hin zu erneuerbaren Energieträgern", kritisiert oberösterreichs Umweltlandesrat Rudi Anschober, der gleichzeitig auf die weit ambitionierteren Ziele Oberösterreichs verweist.


"Die österreichische Bundesregierung fixiert sich auf Minimalstziele und verringert das schon jetzt zu langsame Umstellungstempo noch einmal drastisch! Dabei zeigen alle Expertisen, dass ein Anteil Erneuerbarer Energie von 50% im Jahr 2020 problemlos erreichbar wäre, dass die Beibehaltung der starken Abhängigkeit von Ölimporten zu immer höheren Kosten und Belastungen für Wirtschaft und Konsumenten führen wird und dass ein mutiges Ausbaukonzept der Erneuerbaren bei gleichzeitiger Umsetzung von Energieeffizienzprogrammen DER Jobmotor der nächsten Jahre werden könnte. Es ist zu befürchten, dass die Maßnahmenprogramme, Förderprogramme und gesetzlichen Initiativen der kommende Jahre an den Zielen des NAP gemessen werden und dementsprechend unambitioniert ausfallen."

Berlakovich: Nationaler Aktionsplan wenig ambitioniert und mutlos

"Der Nationale Aktionsplan für Erneuerbare Energien ist nur wenig ambitioniert und mutlos", meint auch Umweltminister Niki Berlakovich zum präsentierten Zielpfad. "Das in Österreich vorhandene Potenzial zum Ausbau der Erneuerbaren Energien muss genutzt werden. Mein Bekenntnis zur Wasserkraft ist eindeutig - allerdings kommt es auf den Energiemix an", erläutert Berlakovich, "nicht verständlich ist daher, warum der Biomasse nicht die Kraft zuerkannt wird, die in ihr steckt. Österreich kann mehr!"

"Ausschlaggebend und Basis für die österreichische Energiepolitik ist für mich daher nach wie vor die mit 180 Expertinnen und Experten erarbeitete Energiestrategie Österreich", so Umweltminister Berlakovich, "in der Möglichkeiten für den Einsatz von Wasserkraft, Biomasse, Wind- und Sonnenenergie zukunftsweisend aufgezeigt werden." Die Energiestrategie "ist der Motor in Richtung energieautarkes Österreich und sorgt für mehr green jobs und eine saubere Umwelt. Denn der Weg kann nur in eine Zukunft ohne fossile Energieträger führen."


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /