Pressefreiheit braucht keine Fesseln

Ein Jahr Österreichischer Medienrat

Wien- Welche Möglichkeit hat die Staatsanwaltschaft, festzustellen, wie Informationen an die Öffentlichkeit gelangen? Das war die Eingangsfrage bei der Podiumsdiskussion, zu der der Österreichische Medienrat und der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) am Dienstagabend in das Vienna International Press Center eingeladen haben.

Die Veranstaltung fand aus Anlass des einjährigen Bestehens des Österreichischen Medienrates statt. Teilnehmer am Podium waren der Vorsitzende des Medienrates, Prof. DDr. Heinz Mayer, Mag. Walter Geyer, Staatsanwalt der Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft, Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt und Medienexperte, Dr. Florian Klenk, stellvertretender Chefredakteur des Falters und Fred Turnheim, Präsident des Österreichischen Journalisten Clubs (ÖJC). Diskussionsleiter war Rechtsanwalt Frank Bock, Generalsekretär des Österreichischen Medienrates.

Die Frage von Staatsanwalt Geyer, nach den Möglichkeiten Informanten zu finden, hat bei den weiteren Teilnehmern Verwunderung hervorgerufen. Der Vorsitzende des Medienrates, Prof. Mayer, verwies darauf, dass Journalisten verfassungsrechtlich geschützt sind und ihre Quellen nicht bekannt geben müssen. Als Verfassungsexperte vertritt er die Meinung, dass die Pressefreiheit im Verfassungsrang stehe und daher geschützt ist. Jedoch sieht auch er die Notwendigkeit, die Bereiche Pressefreiheit und Redaktionsgeheimnis auf eine europäische Ebene zu bringen, um es - wie in letzter Zeit festzustellen ist - besser abzusichern. Es zeigte sich, dass die demokratiepolitische Entwicklung gerade im Medienbereich nicht zufrieden stellend ist.

Florian Klenk, stellvertretender Chefredakteur des Falter, wies auf die wichtige Rolle der "whistle blower", wie in den USA Informanten genannt werden, hin. Auch er meinte, es sollte nicht darum gehen, Informanten zu suchen und zu bestrafen. Es gehe darum, Missstände aufzuzeigen und nicht, unter welchen Motiven Informationen weitergeben werden, damit sie an die Öffentlichkeit gelangen.

Auch die Entwicklungen im medientechnischen Bereich wurden diskutiert und aufgezeigt. Als das Mediengesetz geschaffen wurde, dachte niemand an die heutigen Möglichkeiten. Ganze Akten werden elektronisch verschickt. Für solche Fälle muss eine intelligente, gesetzliche Lösung mit einem guten Mittelweg gefunden werden, forderte Prof. Mayer.

Das Spannungsfeld liegt bei uns in der Rechtsordnung, so Staatsanwalt Geyer. Das Redaktionsgeheimnis schützt den Journalisten, nicht aber den Informanten - nicht die, die Amtsträger sind. Das Österreichische Gesetz ist hier sehr eng geschrieben. Was aber ein Beamter darf, ist nicht so klar definiert.

Prof. Mayer erwähnte auch, wie verwundert er war, als die zuständige Ministerin auf die ihr gestellte Frage nach aufgedeckten Missständen zur Antwort gab "Wir werden den Verräter bald finden." Diese Aussage wird für sehr bedenklich angesehen.

Fred Turnheim, Präsident des ÖJC, sieht in der Entwicklung und den vielen Diskussionen die in letzter Zeit ständig geführt werden, die scheibchenweise Demontage der Pressefreiheit und des Redaktionsgeheimnisses. "In Österreich wird versucht, die Grundrechte auszuhöhlen", so Turnheim. Als gutes Beispiel nannte er die Entwicklung in Deutschland, wo die weitere Verbesserung der Pressefreiheit ein Bestandteil des Koalitionsabkommens ist. Für Turnheim ist auch die Entwicklung in der Frage der Vorratsdatenspeicherung sehr bedenklich und er sieht auch im Sicherheitspolizeigesetz große Gefahren für die Pressefreiheit.

Auch der Rechtsanwalt und Medienexperte Dr. Korn verwies auf die Menschenrechte, die in der Verfassung stehen. Somit gehöre auch die Pressefreiheit zum Grundrecht - diese dürfe nicht ausgehöhlt werden.

Trotz der unterschiedlichen Meinungen der Diskussionsteilnehmer war der gemeinsame Tenor: "Grund- und Freiheitsrechte dürfen nicht angegriffen werden."

QUELLE: ÖJC


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /