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Systemdienstleistungsentgelt - Nicht verursachungsgerecht und zu teuer

Die Systemdienstleistung (Sekundärregelenergie) soll die Versorgung der VerbraucherInnen mit genügend elektrischer Energie in ausreichender Qualität gewährleisten.

Mittels Kraftwerksmanagement wird versucht, Energiebedarf und -bereitstellung im Gleichgewicht zu halten. Dazu wird der Leistungsbedarf aller VerbraucherInnen prognostiziert und einem entsprechenden Leistungsangebot gegenübergestellt. Wenn der erwartete Bedarf nicht dem Angebot entspricht, benötigt es zum Ausgleich Regelleistung. Werden gewisse Toleranzen bei der Netzfrequenz überschritten, muss in kurzer Zeit Regelenergie angefordert werden, beispielsweise bei Ausfällen von Kraftwerken, bei Abweichungen zur Strombezugsprognose bei GroßverbraucherInnen, bei Stromnetzausfällen u. Ä.

Gegenstand des Systemdienstleistungsentgeltes (SDLE) ist die Sekundärregelung, auch Minutenreserve genannt. Sie wird durch regelfähige Kraftwerke erbracht, z. B. Pumpspeicherkraftwerke oder Gaskraftwerke, die zur Ausregelung von Lastschwankungen kurzzeitig ihre Leistung mit einem Gradienten von mindestens 2 % ihrer Nennleistung pro Minute verändern können.

Regelleistung bezieht sich dabei auf die gesamte Regelzone und unterscheidet sich somit von der Ausgleichsenergie, mit der die Abweichung einzelner Bilanzgruppen ausgeglichen wird. In einer Regelzone befinden sich mehrere Bilanzgruppen. Die Prognoseabweichungen der einzelnen Bilanzgruppen können sich gegenseitig ausgleichen. Lediglich die Abweichungen von der Prognose für die gesamte Regelzone müssen durch Regelenergie ausgeglichen werden. Je größer eine Regelzone ist, desto kleiner ist der relative Bedarf an Regelenergie.

Für diese Regelleistung wird nun halbjährlich von den Regelzonenführern den Stromerzeugern das Systemdienstleistungsentgelt (SDLE) vorgeschrieben. Die Höhe dafür wird behördlich von der Energie-Control-Kommission festgesetzt. Die gesetzliche Grundlage dafür findet sich im Elektrizitätswirtschaftsundorganisationsgesetz (ElWOG). Mit dem SDLE sollen den Regelzonenführern Verbund APG, TIWAG und VKW jene Aufwendungen abgegolten werden, die bei der Bereitstellung der Systemdienstleistung (Sekundärregelenergie) zum Ausgleich von Lastschwankungen entstehen.

Die Tarifgestaltung hat dabei so zu erfolgen, dass die mit der Sekundärregelung verbundenen Kosten auf alle BetreiberInnen von Elektrizitätserzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mehr als einem MW umgelegt werden. Somit sind auch einige Kleinwasserkraftwerke von der Entrichtung der SDLE betroffen. So weit, so gut! Oder doch: Gut, aber nicht richtig?

Zu hohe Kosten

Das SDLE ist entsprechend den gesetzlichen Vorgaben kostenorientiert zu bestimmen und hat dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen. Dies bedeutet, dass die Höhe des SDLE nur die tatsächlich für die Bereitstellung der Systemdienstleistung (Frequenz-/Leistungsregelung) anfallenden Kosten abdecken darf. Allerdings orientiert sich die Energie-Control-Kommission bei der Festsetzung des SDLE nicht an den tatsächlichen Kosten, sondern am Marktpreis der Strombörse. Dadurch erklärt sich auch der gewaltige Anstieg des SDLE in den letzten beiden Jahren, da in dieser Zeit der Marktpreis für Strom entsprechend gestiegen ist. Der festgesetzte Preis dürfte deshalb den gesetzlichen Vorgaben widersprechen. Tatsächlich müsste das SDLE niedriger sein.

Nicht verursachungsgerecht

Weiters gibt es auch sehr gute Argumente dafür, dass die Kleinwasserkraftwerke im Leistungsbereich bis 5 MW den Sekundärregelungsbedarf gar nicht verursachen. Hierfür liegt ein entsprechendes technisches Gutachten vor, welches von einer Gruppe von KleinwasserkraftwerksbetreiberInnen in Auftrag gegeben wurde. Der unerwartete Ausfall von vergleichsweise kleinen Mengen bei Kleinwasserkraftwerken fällt demzufolge nicht auf. Die dadurch verursachten Abweichungen von der Netzleistung gehen im sogenannten ‘Netzleistungsrauschen’ unter. Für die Regelzone führt das technisch gesehen nicht zur Notwendigkeit eines Lastausgleiches durch Regelenergie. Das bedeutet aber auch, dass das SDLE den KleinwasserkraftwerksbetreiberInnen zu Unrecht vorgeschrieben wird, da sie die damit verbundenen Kosten gar nicht verursachen! Damit widerspricht das verordnete SDLE dem vom Gesetz vorgesehenen Verursacherprinzip.


Rechtswidrig? Es gibt somit sehr gute Argumente dafür, dass es rechtswidrig ist, dass KleinwasserkraftwerksbetreiberInnen mit Anlagen zwischen 1 und 5 MW zur Entrichtung des SDLE verpflichtet werden. Bisher wurde aber von den verantwortlichen Behörden und politischen VertreterInnen auf diese Argumente nicht eingegangen. Es wird weiterhin den Kleinwasserkraftwerken mit einer Leistung über 1 MW das behördlich verordnete SDLE vorgeschrieben. "Offenbar kann dieser unbefriedigenden Rechtslage nur durch ein Einschreiten des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) entgegengewirkt werden, indem er die entsprechenden Bestimmungen der Verordnung aufhebt. Als Voraussetzung dafür muss ein ordentliches Gerichtsverfahren durchgeführt und der zuständige Richter überzeugt werden, von Amts wegen einen Antrag auf Prüfung des verordneten SDLE beim VfGH zu stellen. Verschiedene KleinwasserkraftwerksbetreiberInnen versuchen diesen Weg nun mit der Unterstützung unserer Landessprecher Ing. Robert Zotter und Prof. Dr. Peter Draxler zu gehen. Der Verein vertritt zudem die Position der betroffenen Mitglieder durch hartnäckige Gespräche mit Verantwortlichen, Zuständigen und Beteiligten. Wir hoffen, dass wir uns schlussendlich mit vereinten Kräften durchsetzen werden," so Kleinwasserkraft Österreich.

Begriffserklärung

Sekundärregelung bezeichnet die Ausregelung von Lastschwankungen durch regelfähige Kraftwerke wie Pumpspeicherkraftwerke oder Gaskraftwerke, die kurzzeitig ihre Leistung mit einem Gradienten von mind. 2 % ihrer Nennleistung pro Minute verändern können.

Quelle: Kleinwasserkraft Österreich

GastautorIn: DI Martina Prechtl für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /