© Ing. Hannes Resch / EUROSOLAR AUSTRIA
© Ing. Hannes Resch / EUROSOLAR AUSTRIA

Klimaforscher verschärfen ihre Prognosen – es droht eine beispiellose Klimaveränderung

IG Passivhaus Österreich fordert eine konsequente Klimaschutzoffensive von Bundesregierung und Bundesländern

Der Klimawandel ist zur erschreckenden Realität geworden. Die Klimaveränderung entwickelt sich weit rascher und dramatischer als von den meisten Forschern bisher angenommen. Der UN-Klimarat hat gerade seinen vierten IPPC-Bericht veröffentlicht. 2.500 Internationale Klimaforscher haben darin ihre Temperaturprognosen nach oben revidiert. Alle bisher gesetzten Maßnahmen haben die erforderliche Wirkung nicht erbracht, und Österreich verfehlt die bisherigen Klimaziele sogar dramatisch. Die IG Passivhaus Österreich fordert daher anlässlich des alarmierenden neuen UN-Klimaberichtes eine rasche Umsetzung von wirkungsvollen Energieeffizienzmaßnahmen und den Umstieg auf Erneuerbare Energieträger.

Folgen des Klimawandels bisher unterschätzt

Der Anfang Februar in Paris veröffentlichte und seit Monaten mit Spannung erwartete IPCC-Bericht (International Panel for Climate Change) im Auftrag der UNO, an dem 2.500 Wissenschafter gearbeitet haben, prognostiziert eine schnellere Erderwärmung als noch vor sechs Jahren errechnet. Statt wie bisher von einer Temperaturerhöhung bis 2100 um bis zu 4,4 Grad zu sprechen, geht die aktuelle Prognose sogar bereits von einer Temperaturerhöhung um bis zu 6,3 Grad aus.

Es bleiben uns nur noch 10 Jahre für eine radikale Energiewende

Stattdessen sehen die Experten aber die Notwendigkeit, die Temperaturerhöhung auf maximal 2 Grad zu begrenzen. Denn ab dieser Grenze werde die Klimaveränderung eine unkontrollierbare Dynamik erreichen - unter anderem durch die fehlende Reflexion der Sonnenstrahlen, durch das abschmelzende Eis, durch das ab dieser Temperaturgrenze sich verschärfende Auftauen der Permafrostböden Sibiriens und dem damit verstärkten Freisetzen der darunter lagernden Methangase. Um diese Grenze nicht zu überschreiten, wäre eine Absenkung der Emissionen um 80 Prozent bis 2050 zwingend erforderlich. Dafür besitzen wir ein Zeitfenster zur radikalen Trendwende von maximal zehn Jahren.

Energieeffizienz im Gebäudesektor um 80 bis 95% verbessern bei gleichzeitig wesentlich mehr Komfort

Gebäude sind sehr langfristige Güter und Investitionen, und die Raumwärme ist für 30% der CO2-Emissionen verantwortlich. Heute neu errichtete oder sanierte Gebäude werden im Schnitt erst in 40 Jahren, also um 2050 das nächste Mal saniert und verbessert. Außerdem steigt nach wie vor der Flächenbedarf pro Kopf jedes Jahr um einen Quadratmeter, weshalb die bisherigen halbherzigen Richtlinien bei Wohnbauförderung und Bauordnung zur Reduzierung des Heizwärmebedarfs unterm Strich zu keinen Einsparungen beigetragen haben. Es konnte im Raumwärmebereich lediglich ein weiterer Anstieg verhindert werden.

Daher ist es unbedingt erforderlich, sofort mit einer erheblichen Verbesserung der Energieeffizienz zu beginnen. Der Passivhausstandard reduziert den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen um 80% gegenüber konventionellen Neubauten und bei der Altbausanierung auf Passivhausstandard lassen sich gar 95% einsparen.

Gute Luft macht Schule

Bestes Beispiel dafür ist die eben fertig gestellte Altbausanierung der ersten Österreichischen Schule auf Passivhausstandard, welche in Schwanenstadt im Rahmen der Programmlinie ‘Haus der Zukunft’ als Demonstrationsprojekt durchgeführt wurde. Während der jährliche Erdgasverbrauch der alten Schule einem Erdgastank mit 55 Meter Höhe über das ganze Schulgebäude entsprach, reicht durch die Reduktion des Energieverbrauchs um 95% künftig das Volumen eines halben Klassenraums für den verbleibenden Jahresbedarf an Pellets für die über 5.000 m² große Schule aus. Neben diesen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz hat die Sanierung auch wesentlich das Klima in der Schule verbessert. Permanent frische Luft in allen Klassen sorgt für eine erhöhte Konzentrationsfähigkeit und damit besseren Schulerfolg.

Die Zeit ist reif für das Passivhaus als Baustandard

Die Pionierphase des Passivhauses ist nach 11 Jahren längst vorbei. Mittlerweile existieren in Österreich bereits 1.700 Passivhäuser mit einer Nutzfläche von rund einer Million Quadratmetern, wie auch über 550 dokumentierte Passivhausbeispiele auf www.igpassivhaus.at eindrucksvoll zeigen. Trotzdem werden heute erst vier Prozent des Neubauvolumens in diesem nachhaltigen Baustandard errichtet. Höchste Zeit mutige politische Maßnahmen zum Schutz unseres Klimas, zur Versorgungssicherheit unseres Landes und zur sozialen Grundsicherung der Bevölkerung zu setzen.

In Vorarlberg hat sich bereits nach drei Monaten gezeigt, dass sich Mut in der Politik auszahlt. Die verpflichtende Umsetzung des Passivhausstandards im großvolumigen Wohnbau hat in kürzester Zeit zu einem regelrechten Passivhausboom in Vorarlberg weit über die betroffene Immobilienbranche hinaus geführt. Die Baubranche profitiert durch gesteigertes Qualitätsbewusstsein und weniger Pfusch, und die Bewohner profitieren von minimalen Betriebskosten und gesteigerten Wohnkomfort.

Die IG Passivhaus Österreich fordert rasche Maßnahmen

• Alle öffentlichen Neubauten als Vorbild ab 2008 nur noch in Passivhausstandard, und bei Sanierungen auf 30 kWh/m²a zu verbessern.

• Für geförderte großvolumige Wohnbauten ab 2010 verpflichtend Passivhausstandard

• Für sämtliche geförderte Bauten ab 2013 verpflichtend Passivhausstandard Bis zu diesem Zeitpunkt sind die Förderrichtlinien schrittweise anzuheben.

• Verschärfung der Bauordnungen
ab 2008 Heizwärmebedarf max. 60 kWh/m²a
ab 2009 Heizwärmebedarf max. 50 kWh/m²a

• In der Altbausanierungsförderung ist die thermisch optimierte Sanierung durch verbesserte Anreize stärker zu fördern, und bis zum Passivhausstandard attraktiv auszuweiten.

Durch diese Maßnahmen ließen sich die CO2-Emissionen bis 2015 um ganze 6,3 Millionen Tonnen reduzieren, was den Emissionen von vergleichsweise 2,3 Millionen PKW’s entspricht. Bis 2020 kann so im Raumwärmesektor eine 100%-ige Deckung mit erneuerbaren Energieträgern erzielt werden.

Nur mit einer gravierenden Verbesserung der Energieeffizienz von 80% lassen sich die Versorgungssicherheit Österreichs und die Einhaltung der selbst gesteckten Klimaschutzziele erreichen. Damit Österreich vom Klimasünder wieder zum Klimaschutz Musterschüler wird.

Wie Al Gore schon im Film ‘Die unbequeme Wahrheit’ deutlich sagte ‘Wir haben nur noch ein sehr kurzes Zeitfenster von 10 Jahren, damit der Planet Erde noch lebenswert bleibt. Wir müssen jetzt sofort handeln – noch können wir es schaffen.’


Autor: Ing. Günter Lang, Geschäftsführer der IG Passivhaus Österreich

Mehr Informationen:
IG Passivhaus Österreich www.igpassivhaus.at


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /