© refurbed / Kilian Kaminski
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„Wir haben ein Riesenproblem und gerade eine riesige Chance für dessen Lösung verpasst“

Analyse & kritische Statements von refurbed Co-Founder & EUREFAS Vorstand Kilian Kaminski zur Annahme der Ökodesign-Verordnung durch das EU-Parlament

Die neue Ökodesign-Verordnung, die nun vom EU-Parlament angenommen wurde, ist eine deutliche Verbesserung des Status Quo. Sie soll dafür sorgen, dass die europäische Wegwerf-Gesellschaft eingebremst und die Kreislaufwirtschaft das neue Normal wird. Dennoch ist ein wesentlicher Baustein nicht gelungen: Das Vernichtungsverbot für Elektronik. Es scheiterte am Widerstand der Mitgliedstaaten. Und das, obwohl E-Waste zu den am schnellsten wachsenden Abfallströmen weltweit gehört. In den 27 EU-Staaten wandern jährlich rund 4,7 Millionen Tonnen Elektro- und Elektronikgeräte in den Müll – ein Teil davon sogar als Neuware.

Kilian Kaminski

• … zur neuen Ökodesign-Verordnung:

„Die heute angenommene Ökodesign-Verordnung ist in vielerlei Hinsicht fortschrittlich und stellt wichtige Weichen auf dem Weg zur europäischen Kreislaufwirtschaft. Sie sorgt dafür, dass Produkte länger halten, einfacher zu reparieren, zu refurbishen und zu recyceln sind.“

• … zum fehlenden Vernichtungsverbot für Elektronik:

„Durch die Ablehnung des Vernichtungsverbots durch den Rat haben wir eine riesige Chance verpasst, die direkt vor unserer Nase lag. Obwohl das Europäische Parlament die Notwendigkeit eines Vernichtungsverbots für Elektronik klar erkannt und unterstützt hat, war der Rat dagegen und das Parlament hat schlussendlich nachgegeben. Eine Entscheidung, die auch einen offensichtlichen Widerspruch zu unseren gemeinsamen europäischen Zielen von Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft darstellt. Angeblich ist es für die Wirtschaft ein zu hoher Aufwand (und zu teuer), sich zu überlegen, was mit ihren Produkten geschehen soll, falls diese nicht verkauft werden. Das ist ein fadenscheiniges Argument – denn damit werden die wahren Kosten auf die Allgemeinheit umgewälzt. Was damit außerdem verschwiegen wird: Die Kosten des Nichtstuns sind viel höher.“

• … zum Vorwurf der Überregulierung durch die Ökodesign-Verordnung:

„Die Verantwortung auf die Konsument:innen abzuwälzen, ist nicht zielführend. Das hat auch das vor kurzem getroffene Urteil des Obersten Gerichtshof für Menschenrechte gezeigt, welches wegweisend entschieden hat, dass Klimaschutz in Europa ab jetzt ein Menschenrecht ist. Es ist die Pflicht der EU und der einzelnen Mitgliedsstaaten, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Klimaschutz stärken. Denn am Ende des Tages heißt Klimaschutz Menschenschutz.“

• … über weggeworfene Rohstoffe und nachhaltigen Konsum in Europa:

„Die ressourcenintensive Produktion von Elektronik, die unter anderem den Abbau seltener Erden beinhaltet, zieht immense ökologische und soziale Kosten nach sich. Wir vernichten in Europa Millionen Tonnen von ungenutzten Produkten, obwohl wir wissen, dass die Rohstoffe darin nur mehr in begrenzter Menge zur Verfügung stehen! Es kann doch nicht sein, dass wir neuwertige Produkte wegwerfen und uns damit noch abhängiger von fragilen Lieferketten machen. Es gibt in Europa gut etablierte Kreislaufwirtschaftsakteure – von Reparaturbetrieben über Refurbisher zu Recyclern –, die gebrauchte Produkte übernehmen und in den Kreislauf zurückführen können.“


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /