© Kawita Chitprathak auf pixabay.com / Trinkwasser
© Kawita Chitprathak auf pixabay.com / Trinkwasser

Trinkwassergrenzwert für Ewigkeits-Chemikalien nicht sicher

Rasche Korrektur der Trinkwasserverordnung und ganzheitliche Strategie für PFAS-Problematik ist notwendig

Wien - GLOBAL 2000 fordert österreichische Trinkwassergrenzwerte für Ewigkeits-Chemikalien (PFAS), die den Schutz der menschlichen Gesundheit gewährleisten. Bereits Ende 2020 hatte die EU-Kommission in der überarbeiteten EU-Trinkwasserrichtlinie neue Grenzwerte für Ewigkeits-Chemikalien im Trinkwasser definiert. Bedauerlicherweise blieb bei der Festlegung dieser EU-Grenzwerte die aktuelle Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA (ebenfalls aus dem Jahr 2020) von vier weit verbreiteten PFAS unberücksichtigt. Das Ergebnis sind EU-Grenzwerte, die PFAS-Belastungen im Trinkwasser ermöglichen, die die von der EFSA festgelegte “tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge” von 4,4 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht um ein Vielfaches überschreiten. “Wenn der EU-Grenzwert ausgeschöpft wird, nimmt ein 70 Kilogramm schwerer Erwachsener, der 2 Liter Wasser pro Tag trinkt, im schlimmsten Fall mehr als das 4-fache und ein sieben Kilogramm schweres Baby mit einem Liter mehr als das 20-fache der aus gesundheitlicher Sicht tolerierbaren Schadstoffmenge zu sich”, erklärt Helmut Burtscher-Schaden, Biochemiker bei GLOBAL 2000.

Österreich hat unsichere PFAS-Grenzwerte nicht korrigiert

Zahlreiche EU-Länder wie Dänemark, Schweden, Spanien, Holland, Belgien oder Deutschland haben im Zuge der Umsetzung der EU-Trinkwasserrichtlinie in nationales Recht die jeweiligen PFAS-Grenzwerte deutlich abgesenkt, um einen besseren Schutz der menschlichen Gesundheit zu gewährleisten. Das zeigte eine Analyse des EU-Umweltbüros im Oktober letzten Jahres. Die meisten Länder haben zudem einen zweiten Parameter eingeführt, der als “PFAS gesamt” die Summe aller (inklusive der derzeit analytisch noch nicht erfassbaren PFAS) mit 0,5 Mikrogramm pro Liter deckelt. Österreich hatte zu diesem Zeitpunkt die EU-Richtlinie noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Dies geschah erst am 15. Februar 2024 mit der Novelle der österreichischen Trinkwasserverordnung. Unverständlicherweise wurde darin jedoch die aus gesundheitlicher Sicht inakzeptable, nicht-protektive EU-Obergrenze von 0,1 Mikrogramm pro Liter für die „Summe der PFAS“ ohne weitere Korrektur übernommen. Zudem verzichtete Österreich auf eine Deckelung der Gesamtbelastung durch Festlegen einer Obergrenze für “PFAS gesamt”.

Strengere Grenzwerte und Überwachung gefordert

"Die laschen Grenzwerte der österreichischen Trinkwasserverordnung bieten keinen ausreichenden Schutz vor besorgniserregenden gesundheitlichen Auswirkungen von PFAS durch den Trinkwasserkonsum", so Burtscher-Schaden von GLOBAL 2000. “Schadstoffe aus der Gruppe der PFAS können zu Entwicklungsstörungen, Beeinträchtigungen des Immunsystems, erhöhten Cholesterinspiegel, Fettleibigkeit und Krebs führen”. GLOBAL 2000 fordert von Gesundheitsminister Johannes Rauch eine Überarbeitung der Trinkwasserverordnung, um sichere Grenzwerte nach dem Vorbild anderer europäischer Mitgliedstaaten festzulegen. “Die PFAS-Problematik verlangt nach ganzheitlichen Lösungsstrategien und einem transparenten Vorgehen. Hier sind das Landwirtschafts-, Umwelt- und Gesundheitsministerium sowie die Länder gleichermaßen gefordert”, sagt Burtscher-Schaden: “Trinkwassergrenzwerte allein können das Problem nicht lösen. Sie sind jedoch ein wichtiges Instrument, um Schaden für die menschliche Gesundheit abzuwenden. Die Werte müssen so festgelegt werden, dass sie bei normalem Trinkwasserkonsum nach Stand der Wissenschaft zu keiner Überschreitung der gesundheitlichen Referenzwerte führen!”



Hintergrund zu PFAS: PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) sind eine Gruppe von mehr als 4.700 vom Menschen hergestellten Chemikalien, die chemisch äußerst langlebig sind und sich zunehmend im Menschen und in der Umwelt anreichern. Sie werden deshalb als „Ewigkeits-Chemikalien“ bezeichnet. Ewigkeits-Chemikalien kommen in Beschichtungen von Pfannen, Einweg-Geschirr oder Outdoor-Kleidung, in Kosmetika oder etwa Feuerlöschern vor. GLOBAL 2000 und PAN Europe haben kürzlich mit einer Analyse von PFAS-Rückständen auf Obst und Gemüse aufgedeckt, dass PFAS auch als Pestizid-Wirkstoffe zum Einsatz kommen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /