© Gerd Altmann pixabay.com oekonews / Atomkraft  ist nicht wirtschaftlich
© Gerd Altmann pixabay.com oekonews / Atomkraft ist nicht wirtschaftlich

Lobbying der Österreichischen Nationalbank für Atomkraft?

Grazer Start-Up behauptet, neuartigen Reaktor bauen zu können und bekommt große Bühne in Wien

„Bei der Veranstaltung der Österreichischen Nationalbank unter dem Titel , Energiewende: Neue Ansätze in der Kernkraft-Technologie’ stellt sich die Frage, ob diese die verfassungsrechtliche Ablehnung von Atomkraft in Österreich berücksichtigt hat,“ so Martin Litschauer, Anti-Atom-Sprecher der Grünen.  

„Mit der Teilnahme von Mario Müller vom GrazerTech-Start-up Emerald Horizon AG und dem Propagieren von vermeintlich neuen Technologien für die Nutzung von Kernenergie aus Thorium, stellt sich darüber hinaus die Frage, um welchen Zweck es bei dieser Veranstaltung ging. Die Verharmlosung der Technologie aus dem letzten Jahrtausend, bei der angeblich ,kein Katastrophenpotenzial gegeben’ sei, die aber die Problematik der Prolieferation aufwirft, ist unverantwortlich. Österreich, das den Atomwaffenverbotsvertrag ratifiziert und die erste Konferenz organisiert hat, steht hier in der Verantwortung.“ so Litschauer weiter.

Die 2019 gegründete Grazer Firma Emerald Horizon behauptet allen Ernstes, bis 2029 einen neuartigen Atomreaktor bauen zu können. Als einzige Firma bekam sie bei einer Veranstaltung unter dem Titel "Energiewende: Neue Ansätze in der Kernkraft-Technologie", die im Untertitel einen "hochrangigen Expert:innendialog zur Energiewende in der Oesterreichischen Nationalbank" versprach, eine große Bühne. Die Präsentation des wissenschaftlicher Leiters dieses Grazer Unternehmens warf mehr Fragen auf als sie beantwortet. Keineswegs wurde plausibel, wie das Projekt gelingen soll. Schließlich sind an der Aufgabe, einen Salzschmelzreaktor auf Thoriumbasis zu bauen, schon große Forschungsprojekte gescheitert.

Der kurzfristig eingeladene ehemalige Leiter des Instituts für nukleare Sicherheit an der Universität für Bodenkultur Wolfgang Liebert stellte denn auch fest, dass der angekündigte Expert_innendialog gar nicht möglich sei, weil die Grazer Firma keine relevanten Publikationen zum Thema veröffentlicht habe und auch sonst keinerlei transparente Nachvollziehbarkeit dieses Projektes gegeben sei. Die Fachwelt gehe aber angesichts unzähliger, lange bekannter, aber längst nicht gelöster Probleme von Jahrzehnten aus, bis ein solcher Reaktor - wenn überhaupt je - funktionieren könne. Die bekannte Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb - sie saß im Publikum - verwies darauf, dass angesichts dieser Zeiträume von der im Veranstaltungstitel angekündigten "Energiewende" bei solchen Projekten keine Rede sein könne, schließlich müsse die Klimawende in diesem Jahrzehnt erreicht werden.

"Trotzdem gab Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann höchstselbst den Laien-Spielleiter dieses absurden Theaters. Er schaltete sich immer wieder ein und behauptete unter anderem - offenbar ohne nähere Kenntnisse - die Grazer Firma baue im Wesentlichen auf bestehende Technologien auf." ist Herbert Stoiber, Geschäftsführer von atomstopp_atomkraftfrei leben!, schockiert.

"Näher kommt man dieser Firma, wenn man einen Blick auf die Website und ihre hervorragende Öffentlichkeitsarbeit wirft. Dann erfährt man, dass es von diesem Phantasie-AKW seit 2022 einen "digitalen Zwilling" gibt und man nunmehr 250 Millionen Euro einsammeln möchte, um einen "Demonstrator" zu bauen", erläutert Herbert Stoiber weitere Details.

"Wirklich bedenklich ist, dass solche unrealistischen Phantastereien wie nunmehr in der Nationalbank Ende 2022 auf Einladung des Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer schon im Parlament eine Bühne bekamen", staunt Stoiber, was schon alles geht und fragt: "Ist es das, was die FPÖ unter Wissenschaftsdialog versteht oder ist ihr der Anti-Atom-Konsens der Bevölkerung egal?"

"Aus gutem Grund sind Atomkraftwerke in Österreich seit 1978 verboten. Seit 1999 ist dieses Verbot verfassungsrechtlich abgesichert. Daran haben sich staatliche Organe auch in ihrer Einladungspolitik zu orientieren," fordert Stoiber abschließend.

„Wenn die Nationalbank mit Blick auf die ökonomischen Herausforderungen der Klimakrise den Dialog mit renommierten Kernphysiker:innen sucht, um das Potenzial und die Risiken innovativer Technologien zu ergründen, sollten auch unabhängige Expert:innen zu Wort kommen.“ meint Energieexperte und NR Martin Litschauer.  „Vermeintlich neue, zeitnahe Hochrisikotechnologien bringen keine Lösung für die Klimakrise. Gerade das Finanzdesaster rund um das Entwicklungsunternehmen NuScale sollte eigentlich klar gemacht haben, dass den kleinen modularen Reaktoren die wirtschaftliche Basis fehlt. Was es stattdessen braucht, ist der massive Ausbau der Erneuerbaren Energie. Nur diese ermöglichen preiswert die autarke Versorgung mit Strom in Zeiten der Klimakrise. “ 

SMR-Projekte sind absolut nicht wirtschaftlich, wie beispielsweise das an den Kosten gescheiterte weltweit größte Projekt und weitere Projekte zeigen. . Die Strompreise für erneuerbare Energien sind weit günstiger und die Technologie ist vorhanden. Der Anteil von Atomkraft am globalen Strommix bweträgt rund 2% und ist sinkend, 2022 ist sie auf den niedrigsten Stand seit 40 Jahren gesunken - ein Anzeichen dafür, dass sich der Ausbau der Atomkraft wirtschaftlich nicht rechnet, wie u.a. im kürzlich veröffentlichten unabhängigen World Nuclear Industry Status Report 2023 und in einer aktuellen Studie des Ökoinstituts Deutschland aufgezeigt wird.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /