© Anschober
© Anschober

Klimaschutz und die voestalpine

LR Anschober: Vorschläge und Initiativen

Klimaschutz und Standortsicherung für die Voest sind vereinbar, wenn die Klimaschutzziele durch die EU planbar und berechenbar umgesetzt werden

Umwelt-Landesrat Anschober fordert von der EU-Kommission eine rasche Entscheidung über die zukünftigen Klimaschutzregelungen für die Stahlindustrie, die eine Absicherung des voestalpine-Standortes Linz durch ein ambitioniertes Benchmark-System sowie global gültige Kyoto2-Regelungen bzw. absichernde Schutzzollregelungen ermöglicht. Weitere Risken bei den Emissionszertifikaten (Spekulationsrisiko, fehlende Zweckbindung) müssen jetzt schon geklärt und ausgeschlossen werden. Initiativen bei der EU-Kommission und ein Dialog der Umweltbewegung mit der Stahlindustrie sollen folgen.

Die Klimaschutzziele der EU werden von Oberösterreich unterstützt. Vor allem im Bereich Energie und Verkehr sind sehr hohe Potenziale vorhanden, die es rasch zu nützen gilt. Völlig unverständlich sind für Anschober in diesem Zusammenhang die Einsprüche der Bundesregierung gegen das Ziel, bis 2020 einen Anteil von zumindest 34 Prozent Erneuerbare Energieträger am Gesamtenergieverbrauch zu erreichen. Oberösterreich wird dies problemlos erreichen und auch für die Republik Österreich ist es bei ernsthaftem Bemühen kein Problem, dieses Ziel, das eine der prozentuell geringsten Steigerungen der Mitgliedsstaaten (von 25 auf 34 %) vorsieht, zu erreichen.

Anschober: "Österreich macht sich in Brüssel unglaubwürdig, wenn es auch hier protestiert. Auch die Forderungen nach einer vernünftigen Regelung bei der Stahlindustrie hätten mehr Gewicht, wenn endlich in anderen Verursacherbereichen engagiert gehandelt werden würde."

Die Voest steht beim Klimaschutz in einer schwierigen Situation: denn einerseits sind gerade bei der Stahlerzeugung die Reduktionsmöglichkeiten an CO2-Emissionen physikalisch begrenzt, andererseits hat der neue Hochofen A weltweit die geringsten CO2-Emissionen je Tonne Stahl. Wird also Stahl produziert, dann am besten an Standorten wie Linz, die relativ gesehen am klimaverträglichsten produzieren. Die Klimaschutzziele bei der Stahlindustrie müssen daher so umgesetzt werden, dass relativ klimaschonendes Produzieren belohnt und die Technologieentwicklung forciert wird. Eine Verdrängung der Produktion in Standorte mit laschen Klimaschutzregeln wäre arbeitsmarktpolitisch und aus Sicht des Klimaschutzes höchst kontraproduktiv. Weniger Arbeitsplätze, aber mehr globale CO2-Emissionen wären die Folge. Der Lösungsansatz muss daher ein qualitätsorientiertes Benchmark-System sein, das die Anlagen mit den geringsten Emissionen belohnt und damit Handlungsanreize für die Reduktion von klimaschädigenden Emissionen bringt:

Die voestalpine hat in den letzten 16 Jahren (1990-2006) die spezifischen CO2-Emissionen je Tonne produziertem Stahl um 19 % gesenkt. Die Stahlindustrie ist deshalb eine besonders schwierige Branche für den Klimaschutz, weil die Emissionsreduktionen physikalische Grenzen haben. So geht die Stahlindustrie von einem theoretisch zu erreichenden Minimum von 414 kg Kohlenstoff je produzierter Tonne Roheisen aus.

Eine weitere Chance für eine deutliche Reduktion ist der Einsatz alternativer Reduktionsmittel. Wird derzeit vor allem Koks als eben dieses eingesetzt, so wurde nach der Genehmigung durch das Umweltressort vor mittlerweile zehn Monaten nun schrittweise Altkunststoff in Pelletsform verwendet. Das Ziel ist ein Gesamtsubstituierung bis zu einer maximalen Einsatzmenge von 220.000 Tonnen Kunststoff per anno. Dies wird einen weiteren Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen aus dem Industriebereich bedeuten – in diesem Fall eine Reduktion von 500.000 Tonnen CO2.

Während die voestalpine somit ihre CO2-Emissionen je Tonne Stahl deutlich absenkte, wurde die Produktionsmenge deutlich erhöht, wodurch auch die CO2-Gesamtemissionen deutlich gestiegen sind. Für die globale Klimabilanz dennoch besser, als würde an Standorten mit geringerer Qualität und geringeren Standards produziert.

Eine durch verfehlte bzw. verspätete Regelungen (wenn beispielsweise der Industrie seitens der EU keine Sicherheit hinsichtlich der Zertifikatsregelungen in Zukunft gegeben würde) verursachte teilweise Produktionsverlegung in Regionen, in denen dann mehr CO2-Emissionen möglich sind, wäre aus Sicht des Arbeitsmarktes, des Wirtschaftsstandortes, aber auch aus Klimaschutzsicht höchst kontraproduktiv und unsinnig, weil ein weiterer Anstieg der CO2-Emissionen der Welt nicht mehr zumutbar ist.

Anschober: "Aus diesen Gründen erhebe ich folgende Forderungen für die Vereinbarkeit von Klimaschutz und Standortsicherung:

1. Eine Entscheidung von EU-Rat und EU-Kommission über die konkrete Richtlinie (Klimapaket für die Industrie) darf nicht erst 2011 erfolgen, sondern muss zum Erreichen von Planungssicherheit viel rascher – nämlich spätestens im Jahr 2009 - möglich sein.
2. Innerhalb der europäischen Stahlindustrie sollte im Rahmen des Klimaschutzpakets ein Benchmark-System eingeführt werden, das vergleichsweise klimaschonende Stahlproduktionen bevorzugt und vergleichsweise klimaschädigende Produktionen belastet.
3. Es muss das vorrangige Ziel Europas sein, dass die Nachfolgeregelung von Kyoto 2009 global gültig sein muss. Die Chancen dafür stehen relativ gut, da mittlerweile bei beiden Kyoto-Verweigerern - Australien und den USA – ein Umdenken eingesetzt hat: Australien hat nach seinem Regierungswechsel die Kyotoziele bereits unterzeichnet und wird sich an einer Nachfolgeregelung beteiligen und alle drei noch im Rennen befindlichen US-Präsidentschaftskandidaten vertreten eine zu Bush völlig konträre offensive Klimaschutzpolitik mit Einsparungsziele von 60 bis 80 Prozent bis 2050.
4. Gelingt dies nicht, dass durch ein globales Klima-Regime gleiche Bedingungen für alle gelten, muss die EU vor allem in den Bereichen der energieintensiven Industrie mit Schutzzöllen eine Konkurrenzverzerrung zulasten der europäischen Industrie unterbinden.

In der letzten Landtagssitzung hat sich der Oö. Landtag in einer Resolution auch einstimmig für klare Rahmenbedingungen für die Industrie und die Vereinbarkeit von Klimaschutz und einer Standortsicherung für die voestalpine ausgesprochen. OÖ zieht in dieser Frage an einem Strang.

Anschober: "Ich werde mich in den kommenden Wochen auch in Brüssel direkt bei der Kommission für eine rasche Lösung einsetzen. Weitere Aktivitäten sind auch im Europaparlament geplant, denn die Entscheidung hierüber liegt im Endeffekt bei der EU-Kommission. Ein weiteres Ziel ist ein Dialog zwischen der europäischen Umweltbewegung und der Stahlindustrie".

Zweites Risiko beim Zertifikatshandel: Spekulation

Ein weiteres Risiko für die Preise der Emissionszertifikate - und damit für die Kosten - könnte die Spekulation bei der Versteigerung der Zertifikate bringen. Derzeit wird mit Zertifikatspreisen zwischen 20 Euro und 80 Euro je Tonne gerechnet. Würden Spekulanten (Hedgefonds, etc) einsteigen, dann könnten die Preise in die Höhe getrieben werden. Ein derartiges Risiko muss schon jetzt durch eine Beschränkung des Zugangs zur Spekulation ausgeschlossen werden.

"Mein Ziel ist bei der Versteigerung von Emissionszertifikaten – deren Erlöse an die Mitgliedsstaaten gehen – eine Zweckbindung für Energiewende, einen Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung, als auch eine Umstellungsförderung, handelt es sich hierbei doch um Einnahmen zwischen 1 und 3 Milliarden Euro jährlich", so Anschober abschließend. Diese Zweckbindung muss die Finanzierung der Energiewende sicherstellen.



Verwandte Artikel:


Artikel Online geschaltet von: / litschauer /