© futuro-Projekt / Petra Bußwald
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Benzin ist zu billig – T-Shirts auch

Nach der futuro-Bewertung verschiedener Apfel- und Orangensäfte wollten wir den futuro-Preis eines weiteren "Alltagsprodukts" errechnen. Mit Bezugsquellen für Naturtextilien

Einerseits motiviert durch das futuro-Plakat, das ein T-Shirt zeigt (siehe Abbildung) und andererseits durch die bekannten Probleme, die der Baumwollanbau mit sich bringt, fiel unsere Wahl auf T-Shirts.

Die Qual der Wahl – welche T-Shirt-Variante wird futuro-Pionier?

Zunächst mussten wir eine konkrete T-Shirt-Variante definieren, deren Herstellung wir recherchieren wollten, um den futuro-Preisaufschlag zu berechnen. Der futuro-Preisaufschlag berücksichtigt die ökologischen und sozialen Kriterien Entlohnung, Sozial-standards, CO2-Emissionen, Flächen-verbrauch, Toxizität und Materialverbrauch, und ist ein fiktiver nachhaltiger Preisaufschlag, der zum €-Marktpreis hinzuaddiert werden müsste. Der futuro-Preisaufschlag eines Produktes ist umso höher, je weniger nachhaltig dieses produziert und gehandelt wurde.
Bei unserer ersten T-Shirt-Variante sollte es sich um eine möglichst gängige Variante handeln: Der Anteil an Baumwolle am weltweiten Verbrauch von Fasern liegt bei etwas mehr als 40% (in den 60er Jahren lag er noch bei 65%, doch inzwischen wurde viel durch synthetische Fasern ersetzt) und damit stellt Baumwolle die bei weitem wichtigste Naturfaser dar. Mit mehr als 20% Anteil an der gesamten Baumwollproduktion liegt China an der Spitze der Baumwollproduzenten und der überwiegende Teil der Baumwolle wird kaum mechanisiert verarbeitet, woraus sich zur Berechnung der "Typ China" im Gegensatz zum hochtechnisierten "Typ USA" ableiten lässt (vgl. Öko-Institut ). Die Weiterverarbeitung der chinesischen Baumwolle findet ausschließlich innerhalb Chinas statt. Fast die gesamte Baumwolle wird konventionell, d.h. in Monokultur und unter Einsatz von großen Mengen an Pestiziden, angebaut. Die Anbaufläche von Biobaumwolle beläuft sich weltweit nur auf etwa 0,1%.
Anhand dieser Daten kristallisierte sich unsere gängigste Variante heraus: Es sollte sich um ein konventionelles Baumwoll-T-Shirt aus China handeln.

Die Recherchen – mit kleinen Schritten ans Ziel

Im nächsten Schritt gingen wir daran, die Daten zum Anbau und zur Weiterverarbeitung zu recherchieren und in den futuro-Algorithmus einzugeben. Entsprechend der futuro-Kriterien sind Daten hinsichtlich Entlohnung, Sozialstandards, CO2-Emissionen, Flächenverbrauch, Toxizität (Schadstoffe) sowie Materialverbrauch erforderlich - dementsprechend umfangreich gestalteten sich die Datenrecherchen. Zuerst war es notwendig, den gesamten Produktionsprozess in einzelne Schritte zu zerlegen, die wir zur besseren Übersicht in einer Produktionsskizze darstellten. Wir begannen ganz im Sinn eines "life-cycle assessments" mit dem Anbau und der Ernte der Baumwolle und recherchierten dann zur Entkörnung, zur Garnherstellung und zur Flächenbildung, bei welcher zwei Verfahren – das Weben und das Stricken – zu unterscheiden sind. T-Shirts werden allerdings ausschließlich aus Gestricken hergestellt. Abschließend erfassten wir die Produktionsschritte Veredelung und Konfektion. Zwischen all diesen Verarbeitungsschritten fallen Transporte an, welche beachtliche CO2-Emissionen verursachen. Die Transportentfernungen innerhalb Chinas basieren auf Schätzungen des Öko-Instituts, für den Transport des fertigen T-Shirts nach Europa und in die Verkaufsläden wurde ein 15.000km weiter Transport mit einem Überseeschiff von Hong Kong nach Hamburg angenommen und von dort ein LKW-Transport über 1.100km nach Wien. Der Transport vom Geschäft nach Hause zum Konsumenten/zur Konsumentin wurde (noch) nicht berücksichtigt.

Das Ergebnis – der futuro-Preis der ersten T-Shirt-Variante

Das Ergebnis der gesamten Berechnung zeigte einen Wert von 9,22 futuro für ein konventionelles Baumwoll-T-Shirt aus China. Das bedeutet, dass wir für jedes derartige T-Shirt etwa € 9,- zu wenig bezahlen.
Eine genauere Aufschlüsselung (siehe Tabelle) des futuro-Ergebnisses zeigt, dass sich mehr als 80% des futuro-Preises aus den Sozialkriterien Entlohnung und Sozialstan-dards ergeben. Das ist auf das geringe Lohnniveau (ausge-drückt im Reallohnverhältnis) und die schlechten Sozialstan-dards (ausgedrückt in der Sozialstandarddifferenz) in China im Vergleich zu den EU-Ländern zurückzuführen. Das nächstbedeutsamste Kriterium sind die CO2-Emissionen, die einerseits durch die Transporte und andererseits durch den Betrieb von Maschinen bei der Verarbeitung entstehen. Der Flächenverbrauch sowie die Toxizität haben bei dieser T-Shirt-Variante nur einen geringen Anteil. Bei der Toxizität ist das Ergebnis allerdings noch unbefriedigend, da im derzeitigen Algorithmus nur landwirtschaftliche Schadstoffe berücksichtigt werden können und nicht auch solche, die während des Verarbeitungsprozesses anfallen (z. B. Stricköle, Bleich- und Färbemittel). Ein weiterer Problempunkt ist der Materialverbrauch. Derzeit finden nur seltene Materialien wie Metalle im Algorithmus Berücksichtigung. Auch hier wäre ein Ausbau des Berechnungsinstruments notwenig, um beispielsweise die Verpackung adäquat einrechnen zu können.
Gerade der Baumwollanbau ist durch einen extrem hohen Wasserbedarf gekennzeichnet. Ein Kilogramm Baumwolle benötigt je nach Standort und Anbaumethode bis zur Ernte etwa 7.000-30.000l Wasser. Aus diesem Grund wäre es gerade für die Bewertung von Baumwolltextilien vorteilhaft, auch den Wasserverbrauch als weiteres Kriterium in den Algorithmus aufzunehmen.

Resümee

Weitere Produktbewertungen liefern uns nicht nur weitere futuro-Preise und damit Einkaufshilfen, sondern zeigen uns auch Verbesserungsmöglichkeiten der Berechnungsmethode auf. Vor allem aber regen sie zum Nachdenken an, welche Auswirkungen der Konsum eines Produkts wie eines einfachen Baumwoll-T-Shirts hat und wie viel Kosten dessen Produktion verursacht, die nicht von uns KonsumentInnen, sondern von Menschen in anderen Erdteilen oder von zukünftigen Generationen ‘bezahlt’ werden.

Naturtextilien-Bezugsquellen:

Briem Natur
1010 Wien, Köllnerhofgasse 1

Bio Textil, Kost & Pflege
1060 Wien, Gumpendorferstraße 106

Popolino
1060 Wien, Barnabitengasse 3
1230 Wien, Schuhfabrikgasse 17

G’wandstub’n
2380 Perchtoldsdorf, Franz-Josefstr. 9

Xiling Seide & Naturtextilien
4020 Linz, Rainerstraße 15

Popolino
5020 Salzburg, Minnesheimstraße 30

Glasnost for Nature
5020 Salzburg, Dreifaltigkeitsgasse 4

Reformhaus Gfrerer
5020 Salzburg, Lasserstraße 18

Vitaquelle
6845 Hohenems, Mauthausstraße 8

Perviva
8010 Graz, Grabenstraße 14

Grün Bunter Laden
8010 Graz, Sparbersbachgasse 56

Popolino
8020 Graz, Annenstraße 32

Versandhandel:

Hess Natur
6961 Wolfurt, Postfach 45
www.hess-natur.at Tel: 05577 / 85111

Lotties Österreich
(Babys & Kleinkinder)
3341 Ybbsitz, Alte Poststraße 22
www.lotties.at Tel: 07443 / 85398


Elisabeth Stücklberger
Lebensfreundliche Produkte
5020 Salzburg, Alpenstraße 48
www.lebensfreundlich.at Tel: 0662 / 626027

Xiling Seide & Naturtextilien
4020 Linz, Rainerstraße 15
www.seidenraupe.at

Waschbär Umweltprodukte
D-79093 Freiburg, Wöhlerstraße 4
www.waschbaer.de


Quelle der Naturtextilien-Bezugsquelle: Lebensart, Magazin für eine Nachhaltige Lebenskultur April 2005 (die Umweltberatung)
Artikel: futuro



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Weitere Infos: SOL-Futuro-Projekt / Petra Bußwald

Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /