UN-Klimakonferenz: Kinderrechtsexpert:innen appellieren an Regierung in Österreich, geltendes Verfassungsrecht umzusetzen
Im Vorfeld der UN-Klimakonferenz (COP28) tagten am 21. November 2023 im vollbesetzten Saal des Wiener Volkskundemuseums rund 150 Expert:innen jeden Alters zum "Kinderrecht auf eine gesunde Umwelt". Empfehlungen wurden vom jüngsten Teilnehmer im Alter von sieben Jahren, über Wissenschaftler:innen, Expert:innen aus mehreren Ministerien und Gästen aus Ländern des Südens ausgesprochen. Alle formulierten Forderungen und Handlungswege sind rechtlich möglich, notwendig und längst überfällig. Die gute Nachricht ist, dass es auch in Österreich viele Menschen an den verschiedensten Stellen in Regierung, Verwaltung und im NGO-Sektor gibt, die bereit sind, daran zu arbeiten:
"Jetzt bitte ich euch, drei Minuten still darüber nachzudenken, was ihr selbst noch für das Klima tun könnt."
Johanna, 15 Jahre
"Es ist unangebracht, den Protest von Kindern zu kriminalisieren. Ich wünsche mir von den Erwachsenen Dialog statt Konfrontation."
Helmut Sax, Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte
"Das neue UN-General Comment 26 zeigt klar: Die UN-Kinderrechtskonvention ist im Lichte der Klimakrise auszulegen. Es geht um das Kindeswohl. Dies gilt wohl auch für das BVG Kinderrechte."
Maria Bertel, Universität Graz
"Klimakontraproduktive Subventionen stehen im Widerspruch zu den Kinderrechten und gehören abgeschafft."
Alexander Rimböck, Universität Wien
"Danke, dass Sie dieses Thema ernst nehmen. Denn unsere Klimaziele und eine nachhaltige Zukunft können wir nur gemeinsam erreichen."
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler
Großes Interesse, geballte Expertise, gemeinsame Anstrengung
Die Grußworte der Ministerinnen Alma Zadic und Leonore Gewessler zu Beginn der Konferenz "Kinderrechte als Chance und Auftrag im Klimaschutz" am 21. November 2023 brachten auf den Punkt, worum es den Gastgeber:innen aus zahlreichen Kinderrechts- und Klimaschutzorganisationen ging: Kinder ernst nehmen, mit ihnen gemeinsam Lösungen suchen, in ihrem Sinn handeln und ihre Zukunft schützen. Das General Comment Nr. 26 "Children´s Rights and the Environment, with a Special Focus on Climate Change" des UN-Kinderrechtsausschusses (kurz: GC 26) stärkt dieses Ziel. Denn diese im Sommer veröffentlichte Erläuterung zur Auslegung der Kinderrechte ist Chance und Auftrag zugleich: Sie liefert konkrete Anleitungen zur Umsetzung von Klimaschutz und führt die Pflichten von Staaten und internationaler Gemeinschaft vor Augen. Bisher wurden Klimaschutz und Kinderrechte nicht konsequent zusammengedacht, wodurch die UN-Kinderrechtskonvention verletzt wurde. Zentrale Bestimmungen daraus finden sich in Österreich im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern. Es geht also auch um einen österreichischen Verfassungsbruch, der jetzt besonders deutlich geworden ist. Verpflichtungen wie zum Beispiel beim Zugang zum Recht, bei der Gestaltung des Steuerrechts oder der Abschätzung der Folgen von Gesetzen, werden derzeit verletzt.
Beim Klimaschutz müssen alle mitmachen
Die sechs Kinder und Jugendlichen, die vom Podium aus ihre Perspektiven darstellten, machten deutlich: Alle können etwas tun - egal ob jung oder alt. Vom klimafreundlichen Reisen und Einkaufen über Informations- und Überzeugungsarbeit bis hin zur Beteiligung an Protesten und der Formulierung von Forderungen. Damit individuelles Handeln Wirkung zeigen kann, braucht es das Handeln der Politik, sei es bei klimafreundlichen Steuern und Subventionen (Stichwort Bahnverkehr), dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs auch außerhalb der Städte, der Errichtung von sicheren und kindgerechten Radwegen oder der Förderung regionaler und ethischer (Stichwort Fleisch) Lebensmittelproduktion.
Kinderrechte sind zwar Rechte der Kinder, aber Erwachsenenpflicht
Immer wieder wurde auf der Konferenz deutlich ausgesprochen: Kinderrechte sind Rechte für Kinder und Erwachsenenpflicht. Und Kinderrechte verlangen, gerade im Bereich des Klimaschutzes, nach mehr Entschlossenheit bei Erwachsenen. Die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in politische Prozesse "bis an den Verhandlungstisch" ist unerlässlich.
Empfehlungen der Expert:innen auf Basis des General Comment 26:
- Juristische Beachtung der ökologischen Kinderrechte
o die Berücksichtigung der Bestimmungen des Art. 1 BVG Kinderrechte im Sinne der ökologischen Kinderrechte o ein Klimaschutzgesetz, das den Schutz der ökologischen Kinderrechte und der Rechte zukünftiger Generationen beinhaltet
- Klimaschutzmaßnahmen verstärken
o Umsetzung der Empfehlungen des Klimarats o schnelle und effektive Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise und zur Abfederung seiner Auswirkungen
o die gesetzliche Verankerung der Emissionsreduktion
o die Abschaffung klimakontraproduktiver Subventionen
o ein auf Dauer (und nicht in Legislaturperioden) ausgerichtetes Planen und Umsetzen von Klimaschutzmaßnahmen
o Kinderrechte in klimapolitische Umsetzungspläne (Klimawandelanpassungspläne etc.) inkludieren
- Stärkung der Kinder & Partizipation
o die Stärkung der Stimmen von Kindern und Jugendlichen und ihrer Selbstvertretung in Entscheidungsgremien und eine breit verankerte Jugendpartizipation sowie eine verbindliche Behandlung der daraus hervorgehenden Ergebnisse
o stärkere Anerkennung junger Klimaaktivist:innen durch politische Akteur:innen und verstärkter Dialog sowie gemeinsame Aktivitäten
o Ausbau von kindgerechten Möglichkeiten für Beratung, Beschwerden und Feedback zum Thema Klimawandel und Umweltschutz (juristisch und psychosozial, inkl. Ausbau Ombudsstellen etc.)
o kindgerechte Gestaltung von umwelt- und klimabezogenen Gerichtsverfahren (z. B. Kinderbeistand in Verwaltungsverfahren, Beweislastumkehr, Reduzierung der Verfahrensdauer)
o Einklagbarkeit von Kinderrechten stärken o die Stärkung der Resilienz von Kindern, mit den Folgen des Klimawandels umgehen zu können, z.B. Erlernen von Green Skills, sowie Stärkung der Resilienz der für Kinder kritischen Infrastruktur (u. a. Schulen, Gesundheitsdienste, Kinderschutzstrukturen)
o besserer Zugang zu Informationen für Kinder und Jugendliche zu Klimawandel, Umweltschutz und ihren Rechten, z. B. Texte in einfacher Sprache
o die Ratifikation des 3. Zusatzprotokolls zur UN-Kinderrechtskonvention (Möglichkeit einer Individualbeschwerde an den UN-Kinderrechteausschuss)
- Überprüfung & Kontrolle stärken
o eine durchgehende, systematische und wissenschaftlich begleitete Überprüfung von kinderrechts- und damit auch klimabezogenen Folgen von Gesetzesentwürfen (wirkungsorientierte Folgenabschätzung in der Dimension Kinder & Jugendliche) o ein unabhängiges, österreichweites Kinderrechtemonitoring, zu dem auch Klimaschutz zählt o ein Child Rights Impact Assessment und ein Child-Budgeting-Instrument
o die stärkere Berücksichtigung von Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs
o die Kontrolle der Wirksamkeit von Klimaschutzmaßnahmen (z. B. Klimarechnungshof)
o Schutz von Kindern vor Green-Washing anhand von klaren gesetzlichen Vorgaben
o Pflicht von Staaten die Aktivitäten von Unternehmen im Ausland in Bezug auf die Einhaltung der Kinderrechte und den Schutz der Umwelt zu regeln.
- Klimagerechtigkeit schaffen
o Klimagerechtigkeit als Generationengerechtigkeit: Gerechtigkeit zwischen den Generationen, da die jungen Menschen von heute und künftige Generationen die Hauptlast der Klimakrise tragen müssen
o Klimagerechtigkeit gegenüber dem globalen Süden, der auch die Hauptlast der Klimakrise trägt; die Stärkung internationaler Verantwortung etwa durch erhöhte Klimafinanzierung, welche die Resilienz von Kindern stärkt, und Kooperation im Sinne ökologischer Kinderrechte; gesetzliche Regelungen zur Entschädigung und Wiedergutmachung
- verantwortungsvolles Wirtschaftshandeln, welches auf die Dimension ökologische Kinderrechte achtet
Die Konferenz wurde mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten und in Kooperation mit dem Volkskundemuseum Wien durchgeführt.
Quelle: Netzwerk Kinderrechte Österreich
"Jetzt bitte ich euch, drei Minuten still darüber nachzudenken, was ihr selbst noch für das Klima tun könnt."
Johanna, 15 Jahre
"Es ist unangebracht, den Protest von Kindern zu kriminalisieren. Ich wünsche mir von den Erwachsenen Dialog statt Konfrontation."
Helmut Sax, Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte
"Das neue UN-General Comment 26 zeigt klar: Die UN-Kinderrechtskonvention ist im Lichte der Klimakrise auszulegen. Es geht um das Kindeswohl. Dies gilt wohl auch für das BVG Kinderrechte."
Maria Bertel, Universität Graz
"Klimakontraproduktive Subventionen stehen im Widerspruch zu den Kinderrechten und gehören abgeschafft."
Alexander Rimböck, Universität Wien
"Danke, dass Sie dieses Thema ernst nehmen. Denn unsere Klimaziele und eine nachhaltige Zukunft können wir nur gemeinsam erreichen."
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler
Großes Interesse, geballte Expertise, gemeinsame Anstrengung
Die Grußworte der Ministerinnen Alma Zadic und Leonore Gewessler zu Beginn der Konferenz "Kinderrechte als Chance und Auftrag im Klimaschutz" am 21. November 2023 brachten auf den Punkt, worum es den Gastgeber:innen aus zahlreichen Kinderrechts- und Klimaschutzorganisationen ging: Kinder ernst nehmen, mit ihnen gemeinsam Lösungen suchen, in ihrem Sinn handeln und ihre Zukunft schützen. Das General Comment Nr. 26 "Children´s Rights and the Environment, with a Special Focus on Climate Change" des UN-Kinderrechtsausschusses (kurz: GC 26) stärkt dieses Ziel. Denn diese im Sommer veröffentlichte Erläuterung zur Auslegung der Kinderrechte ist Chance und Auftrag zugleich: Sie liefert konkrete Anleitungen zur Umsetzung von Klimaschutz und führt die Pflichten von Staaten und internationaler Gemeinschaft vor Augen. Bisher wurden Klimaschutz und Kinderrechte nicht konsequent zusammengedacht, wodurch die UN-Kinderrechtskonvention verletzt wurde. Zentrale Bestimmungen daraus finden sich in Österreich im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern. Es geht also auch um einen österreichischen Verfassungsbruch, der jetzt besonders deutlich geworden ist. Verpflichtungen wie zum Beispiel beim Zugang zum Recht, bei der Gestaltung des Steuerrechts oder der Abschätzung der Folgen von Gesetzen, werden derzeit verletzt.
Beim Klimaschutz müssen alle mitmachen
Die sechs Kinder und Jugendlichen, die vom Podium aus ihre Perspektiven darstellten, machten deutlich: Alle können etwas tun - egal ob jung oder alt. Vom klimafreundlichen Reisen und Einkaufen über Informations- und Überzeugungsarbeit bis hin zur Beteiligung an Protesten und der Formulierung von Forderungen. Damit individuelles Handeln Wirkung zeigen kann, braucht es das Handeln der Politik, sei es bei klimafreundlichen Steuern und Subventionen (Stichwort Bahnverkehr), dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs auch außerhalb der Städte, der Errichtung von sicheren und kindgerechten Radwegen oder der Förderung regionaler und ethischer (Stichwort Fleisch) Lebensmittelproduktion.
Kinderrechte sind zwar Rechte der Kinder, aber Erwachsenenpflicht
Immer wieder wurde auf der Konferenz deutlich ausgesprochen: Kinderrechte sind Rechte für Kinder und Erwachsenenpflicht. Und Kinderrechte verlangen, gerade im Bereich des Klimaschutzes, nach mehr Entschlossenheit bei Erwachsenen. Die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in politische Prozesse "bis an den Verhandlungstisch" ist unerlässlich.
Empfehlungen der Expert:innen auf Basis des General Comment 26:
- Juristische Beachtung der ökologischen Kinderrechte
o die Berücksichtigung der Bestimmungen des Art. 1 BVG Kinderrechte im Sinne der ökologischen Kinderrechte o ein Klimaschutzgesetz, das den Schutz der ökologischen Kinderrechte und der Rechte zukünftiger Generationen beinhaltet
- Klimaschutzmaßnahmen verstärken
o Umsetzung der Empfehlungen des Klimarats o schnelle und effektive Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise und zur Abfederung seiner Auswirkungen
o die gesetzliche Verankerung der Emissionsreduktion
o die Abschaffung klimakontraproduktiver Subventionen
o ein auf Dauer (und nicht in Legislaturperioden) ausgerichtetes Planen und Umsetzen von Klimaschutzmaßnahmen
o Kinderrechte in klimapolitische Umsetzungspläne (Klimawandelanpassungspläne etc.) inkludieren
- Stärkung der Kinder & Partizipation
o die Stärkung der Stimmen von Kindern und Jugendlichen und ihrer Selbstvertretung in Entscheidungsgremien und eine breit verankerte Jugendpartizipation sowie eine verbindliche Behandlung der daraus hervorgehenden Ergebnisse
o stärkere Anerkennung junger Klimaaktivist:innen durch politische Akteur:innen und verstärkter Dialog sowie gemeinsame Aktivitäten
o Ausbau von kindgerechten Möglichkeiten für Beratung, Beschwerden und Feedback zum Thema Klimawandel und Umweltschutz (juristisch und psychosozial, inkl. Ausbau Ombudsstellen etc.)
o kindgerechte Gestaltung von umwelt- und klimabezogenen Gerichtsverfahren (z. B. Kinderbeistand in Verwaltungsverfahren, Beweislastumkehr, Reduzierung der Verfahrensdauer)
o Einklagbarkeit von Kinderrechten stärken o die Stärkung der Resilienz von Kindern, mit den Folgen des Klimawandels umgehen zu können, z.B. Erlernen von Green Skills, sowie Stärkung der Resilienz der für Kinder kritischen Infrastruktur (u. a. Schulen, Gesundheitsdienste, Kinderschutzstrukturen)
o besserer Zugang zu Informationen für Kinder und Jugendliche zu Klimawandel, Umweltschutz und ihren Rechten, z. B. Texte in einfacher Sprache
o die Ratifikation des 3. Zusatzprotokolls zur UN-Kinderrechtskonvention (Möglichkeit einer Individualbeschwerde an den UN-Kinderrechteausschuss)
- Überprüfung & Kontrolle stärken
o eine durchgehende, systematische und wissenschaftlich begleitete Überprüfung von kinderrechts- und damit auch klimabezogenen Folgen von Gesetzesentwürfen (wirkungsorientierte Folgenabschätzung in der Dimension Kinder & Jugendliche) o ein unabhängiges, österreichweites Kinderrechtemonitoring, zu dem auch Klimaschutz zählt o ein Child Rights Impact Assessment und ein Child-Budgeting-Instrument
o die stärkere Berücksichtigung von Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs
o die Kontrolle der Wirksamkeit von Klimaschutzmaßnahmen (z. B. Klimarechnungshof)
o Schutz von Kindern vor Green-Washing anhand von klaren gesetzlichen Vorgaben
o Pflicht von Staaten die Aktivitäten von Unternehmen im Ausland in Bezug auf die Einhaltung der Kinderrechte und den Schutz der Umwelt zu regeln.
- Klimagerechtigkeit schaffen
o Klimagerechtigkeit als Generationengerechtigkeit: Gerechtigkeit zwischen den Generationen, da die jungen Menschen von heute und künftige Generationen die Hauptlast der Klimakrise tragen müssen
o Klimagerechtigkeit gegenüber dem globalen Süden, der auch die Hauptlast der Klimakrise trägt; die Stärkung internationaler Verantwortung etwa durch erhöhte Klimafinanzierung, welche die Resilienz von Kindern stärkt, und Kooperation im Sinne ökologischer Kinderrechte; gesetzliche Regelungen zur Entschädigung und Wiedergutmachung
- verantwortungsvolles Wirtschaftshandeln, welches auf die Dimension ökologische Kinderrechte achtet
Die Konferenz wurde mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten und in Kooperation mit dem Volkskundemuseum Wien durchgeführt.
Quelle: Netzwerk Kinderrechte Österreich